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Handelsrepräsentanz Großbritanniens Yacht-Projekt steht unter widersprüchlichen Vorzeichen

Das neue „Flaggschiff“ soll in die Fußstapfen der Royalen Yacht „Britannia" treten. 1997 wurde die „Britannia“ außer Dienst gestellt
Das neue „Flaggschiff“ soll in die Fußstapfen der Royalen Yacht „Britannia" treten. 1997 wurde die „Britannia“ außer Dienst gestellt
© IMAGO / imagebroker
Ein „nationales Flaggschiff“ soll künftig Großbritanniens handelspolitische Interessen vertreten. Die 200-Millionen-Pfund-Yacht soll an eine britische Tradition anknüpfen, das Vorhaben sorgt aber vor allem wegen seiner Widersprüche für Aufmerksamkeit

Der britischen Wirtschaft hatte Boris Johnson im Zuge der Brexit-Kampagne einerseits versprochen, dass sich das Land dem Freihandel öffnen und weltweit neue Märkte erschließen werde. Gleichzeitig versprach der heutige Premierminister auch das Gegenteil: Dass die Regierung, ohne die lästigen Regeln des gemeinsamen Marktes der EU, einheimische Produzenten im Rahmen einer „Buy British“-Politik gegenüber ausländischer Konkurrenz bevorzugen werde.

Den Freihandel stärkte Johnson beispielsweise mit dem (Wieder)-Beitritt zum Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (Government Procurement Agreement, GPA) der Welthandelsorganisation WTO. Dieses Handelsabkommen verpflichtet die teilnehmenden Staaten, die Unternehmen der anderen ohne Diskriminierung bei Regierungsaufträgen zu berücksichtigen.

Verfechter des Freihandels, wie die britische Handelsministerin Liz Truss, sehen das als doppelten Vorteil. Britische Unternehmen eröffne sich ein Markt von staatlichen Beschaffungsvorhaben im Wert von Billionen von Pfund pro Jahr, erklärte die Ministerin zum Beitritt Großbritanniens zum GPA. Gleichzeitig können sich natürlich auch ausländische Unternehmen für britische Regierungsaufträge bewerben, und das bringe „den britischen Steuerzahlern ein besseres Preis-Leistungsverhältnis“.

Dass dieser Freihandelsansatz dem Versprechen widerspricht, heimische Unternehmen bevorzugt zu behandeln, zeigt sich nun beim Projekt des geplanten „neuen nationalen Flaggschiffs“. Diese 200 Mio. Pfund (232 Mio. Euro) teure Regierungs-Superjacht werde „das erste Schiff seiner Art weltweit“ sein und den „blühenden Status des Vereinigten Königreichs als große, unabhängige Seehandelsnation“ widerspiegeln, verkündete Johnson Ende Mai. Es soll demzufolge als eine schwimmende Handelsrepräsentanz für die britische Wirtschaft rund um die Welt dienen.

Vorhaben widerspricht WTO-Verpflichtungen

Gleichzeitig soll das Projekt auch den heimischen Schiffbau unterstützen. Denn die supermoderne, umweltfreundliche Jacht werde „auf jeden Fall“ in Großbritannien gebaut, wie ein Regierungssprecher britischen Medien sagte. Gleichzeitig das Freihandels- und das „Buy-British“-Versprechen zu repräsentieren, ist aber nicht nur ein politischer Widerspruch, sondern auch ein handelsrechtlicher: Wie die „Financial Times“ berichtet, hatte die Regierung wohl übersehen, dass sie sich im Rahmen des GPA verpflichtet hatte, auch zivile Schiffsbau-Aufträge für alle Teilnehmerstaaten zu öffnen.

Im weltweiten Wettbewerb der Jachtwerften dürften die Chancen britischer Unternehmen nicht sehr groß sein. Laut „FT“ stammt nur eine der aktuell 50 größten Motorjachten der Welt aus britischer Produktion, die „El Mahrousa“ aus dem Jahr 1865.

Der Beitrag ist zuerst erschienen auf ntv.de

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