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Fußball Warum die Pläne für eine europäische Super League wieder heiß werden

Fanproteste gegen die Super League: Die ersten Pläne im April 2021 sorgten für massive Krtik
Fanproteste gegen die Super League: Die ersten Pläne im April 2021 sorgten für massive Krtik
© IMAGO/PA Images
Der frühere RTL-Chef Bernd Reichart steht nun an der Spitze der Agentur A22 Sports Management. Die will den totgeglaubten Plänen für eine europäische Super League neues Leben einhauchen

Die Pläne für eine europäische „Super League“ im Profifußball bekommen neuen Schwung: Mit Bernd Reichart wurde am Dienstag ein neuer Chef der dahinterstehenden Agentur A22 Sports Management vorgestellt, der das Projekt nun vorantreiben soll. Der frühere Chef von RTL Deutschland zeigte sich in ersten Stellungnahmen optimistisch – trotz der massiven Widerstände von Vereinen und Verbänden in der Vergangenheit.  

Das Super-League-Projekt wird angetrieben von Real Madrid, dem FC Barcelona sowie Juventus Turin, und war in seiner Ursprungsform im April 2021 gescheitert. Zunächst hatten zwölf Top-Clubs, darunter auch Premier-League-Vereine wie Manchester City oder Tottenham Hotspur, eine Abspaltung von ihren nationalen Verbänden geplant. Doch nach massiven Protesten von Fans und Verbänden zogen sich neun der zwölf Vereine binnen weniger Stunden zurück. Das Projekt wurde von Uefa-Präsident Aleksander Čeferin für „tot“ erklärt. 

Bernd Reichart: Der frühere RTL-Chef soll jetzt die Super League im europäischen Vereinsfußball vorantreiben
Bernd Reichart: Der frühere RTL-Chef soll jetzt die Super League im europäischen Vereinsfußball vorantreiben
© IMAGO/APress

Nun naht die Reinkarnation – auch wegen des erfahrenen Medienmanagers Reichart. Der 48-Jährige verlies im Sommer 2021 die RTL Gruppe, zu der auch Capital gehört. Ein deutscher Kluboffizieller beschreibt die Personalie im „Kicker“ als „smarten Move“ von A22, das seinen Sitz in Madrid hat. Reichart kenne den Markt, er wisse, wie man Geld verdient mit Sport.  

Dass die Super League nie wirklich „tot“ war, haben Experten immer wieder betont. Vor allem bei spanischen und italienischen Klubs ist der Frust groß über Verbände wie die Uefa. Der europäische Fußballverband will sein Top-Produkt, die Champions-League, ab 2024 für zusätzliche Klubs öffnen. Insgesamt würde die Zahl der Spiele somit von 125 auf 189 steigen. Zu viele, meinen die Kritiker. Der Wettbewerb würde an Qualität verlieren, wenn Top-Klubs wie Real Madrid plötzlich gegen unbekanntere Teams spielen müssten. Außerdem gebe es schon jetzt ein gewaltiges Umsatzgefälle zwischen den Spitzenvereinen, das täglich größer wird. So machte der FC Barcelona zuletzt mehr als eine halbe Milliarde Euro Minus, während Geld in Paris keine Rolle spielt. 

Die zwölf Initiatoren schlugen im April 2021 daher eine Reform vor: Mit einer europäischen Super League, in der wöchentlich 20 Top-Teams wie der FC Barcelona, Manchester United oder Juventus Turin aufeinandertreffen, würde der Fußball wieder attraktiver werden. Das erhöhe das Vermarktungspotenzial und reduziere die Unterschiede, versprachen sie. Serienmeister würde es in einer Super League nicht geben. 

„Die Menschen wollen Bayern gegen Dortmund sehen“

Das Ursprungskonzept sah einen Pool von 15 Vereinen vor, die fest in der Super League etabliert sind und nicht absteigen können. Nur fünf Teams können sich pro Saison qualifizieren. Vor allem dieser Punkt wurde von den eigenen Fans zerrissen. Sie warnten vor einem Identitätsverlust, wenn ihre Vereine nur noch auf die Super League schauen. Außerdem hätten nationale Partien eine höhere Strahlkraft, wie der langjährige Sportsgeschäftsführer von Bayer Leverkusen Rudi Völler gegenüber dem „Kicker“ erklärte: „Barca gegen Real, Bayern gegen Dortmund und Liverpool gegen ManCity. Das wollen die Leute sehen. Nicht sechsmal im Jahr Real gegen Juve.“ Zwar sollten die Teams weiter am Ligabetrieb teilnehmen – aber ohne Anreiz, sich für europäische Wettbewerbe zu qualifizieren, da sie ohnehin in der Super League gesetzt wären.  

Die Uefa hatte die Pläne damals umgehend zurückgewiesen. Auch deutsche Vereine wie Bayern München und Borussia Dortmund nahmen sofort Abstand. Dadurch entgingen sie einem gewaltigen Shitstorm, der sich über den anderen Klubs ausbreitete. Selbst der französische Präsident Emmanuel Macron oder der damalige britische Premierminister Boris Johnson missbilligten die Pläne. Keine 48 Stunden nach dem ersten Aufschlag wurde das Vorhaben schon wieder begraben – vorerst. 

Im neuen Vorschlag von A22 und Bernd Reichart wurde jetzt der entscheidende Kritikpunkt entschärft: Demnach erhalten die Clubs keine Teilnahmegarantie mehr. Stattdessen müssen sie sich sportlich qualifizieren. Vorangetrieben wurde das Projekt dabei vom FC Barcelona, Real Madrid und Juventus Turin: „Der erste Vorstoß hatte klare Schwachstellen. Daraus haben die Verantwortlichen gelernt. Auf- und Abstieg müssen Basis jedes sportlichen Wettbewerbs sein, es kann keine garantierten Plätze geben. Mir imponiert, dass Real Madrid, FC Barcelona und Juventus die Diskussion weiterführen wollen, obwohl die Uefa massiven Druck ausgeübt hat. Denn die Situation des europäischen Fußballs hat sich nicht verbessert“, erklärte Reichart gegenüber der „Bild“

Den Optimismus von Reichert teilen nicht viele. In Fan-Foren formiert sich bereits Widerstand, vor allem aber in Deutschland. Borussia Dortmund und Bayern München haben ihre Ablehnung bereits erneuert. Auch die Deutsche Fußball Liga und die Uefa wollen sich mit aller Kraft dagegen wehren. 

Klage vor dem Europäischen Gerichtshof läuft

Vor einem Hintergrund ist der Vorstoß allerdings besonders spannend. Der Europäische Gerichtshof verhandelt derzeit eine Klage gegen die Uefa, die unter anderem von A22 mit initiiert wurde. Die Kläger meinen, dass die Uefa ein wettbewerbswidriges Monopol auf kontinentale Fußball-Wettbewerbe besitzt. Im Juli ließen die Luxemburger Richter durchaus durchblicken, dass sie der A22-Argumentation folgen könnten. Vor allem die Doppelrolle als Ausrichter und Vermarkter störte sie. Andererseits rügten die Richter auch das Verhalten der abtrünnigen Vereine. Es sei unlogisch, wie die Vereine in mehreren Verbänden gleichzeitig spielen wollen. Ein Urteil wird im März erwartet. 

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