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Trotz Sanktionen Flüssiggas: Die EU importiert Rekordmengen aus Russland

LNG-Tanker im Hafen von Marseille
LNG-Tanker im Hafen von Marseille
© IMAGO / ZUMA Wire
Flüssiggas statt Erdgas aus der Pipeline – so wollte die EU sich aus der Abhängigkeit von russischen Erdgaslieferungen befreien. Doch die Sache hat einen Haken: Importeure wie der Energiekonzern Total kaufen große Mengen aus Russland

Während die Einfuhr anderer Energieträger aus Russland nach Europa weitgehend zum Erliegen gekommen ist, kaufen EU-Importeure russisches Flüssiggas (LNG) in Rekordmengen. Einem Bericht der Nichtregierungsorganisation Global Witness zufolge kauften EU-Länder in den ersten sieben Monaten dieses Jahres 22 Millionen Kubikmeter LNG, das per Schiff aus Russlands transportiert wurde. Das sind etwa 40 Prozent mehr als im selben Zeitraum 2021, also vor dem Krieg. Der Wert dieser Einfuhren beläuft sich auf etwa 5,3 Mrd. Euro.

Damit ist die EU insgesamt der mit Abstand größte LNG-Kunde Russlands. Spanien und Belgien, die jeweils 7,5 beziehungsweise rund 7 Millionen Kubikmeter russisches LNG einführten, sind als Einzelstaaten nach China der zweit- und drittgrößte Abnehmer russischen Flüssiggases. Die Analyse von Global Witness beruht auf Zahlen des Rohstoff-Informationsanbieters Kpler.

Nach der russischen Invasion in der Ukraine hatte die EU nach und nach Sanktionen und Beschränkungen für die Einfuhr russischer Rohstoffe - der Haupteinnahmequelle des russischen Staates - erlassen. Für Kohle, Rohöl und Diesel verhängte sie Embargos. Die Lieferung von Gas durch Pipelines, für viele EU-Länder eine der wichtigen Energieträger, beendete Russland im vergangenen Sommer weitgehend selbst. Bis 2027 will die EU gar keine fossilen Energieträger mehr aus Russland beziehen.

Total ist Russlands bester LNG-Kunde

Für russisches LNG allerdings gelten bislang keine Beschränkungen. So haben im Bemühen, das ausbleibende russische Pipeline-Gas zu ersetzen, Unternehmen vor allem aus Spanien, Belgien und Frankreich ihre LNG-Importe aus Russland stark erhöht. Mit 4,1 Millionen Kubikmetern ist der französische Energieriese Total als Unternehmen Russlands bester ausländischer Flüssiggas-Kunde seit Jahresbeginn.

„Während europäische Unternehmen den Krieg verurteilen, füllen sie weiter Putins Kriegskasse“, kritisiert der Energieexperte Jonathan Noronha-Gant von Global Witnes. Der Kauf von russischem Flüssiggas habe denselben Effekt wie der von russischem Öl. Auch europäische Politiker kritisieren die Einfuhr von russischem Flüssiggas. Die spanische Energieministerin Teresa Ribera nannte die Situation „absurd“ und forderte ein Embargo auch für LNG. Allerdings gibt es in der EU Sorgen, ein Einfuhrverbot für russisches LNG könnte zu einem erneuten Preisschock auf dem europäischen Energiemarkt führen. Die Kommission hat einen Plan vorgelegt, demzufolge jeder Mitgliedstaat selbst entscheiden soll, ob er die Einspeisung von Flüssiggas aus Russland in sein Gasnetz zulässt oder nicht. Das Vorhaben ist allerdings noch nicht mit dem EU-Parlament abgestimmt.

Die Folgen eines solchen Importstopps träfen die EU-Mitgliedsländer in sehr unterschiedlichem Ausmaß. Schätzungen des Brüsseler Thinktanks Bruegel zufolge hatte russisches Flüssiggas im vergangenen Winter einen Anteil von gerade einmal vier Prozent der Gasversorgung in Deutschland. In Frankreich stammte dagegen 15 Prozent des Gases und in Spanien sogar 18 Prozent von russischen LNG-Anbietern.

Der Beitrag ist zuerst bei ntv.de erschienen

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