Die Drogeriemarktkette dm gilt eigentlich als Vorbildunternehmen für Nachhaltigkeit. Der Gründer Götz Werner stand für verantwortliches Unternehmertum, engagierte sich gesellschaftspolitisch und war einer der ersten, die Bio-Produkte in ihrem Sortiment aufnahmen. Nun ist ausgerechnet dm das Unternehmen, das als erstes von einer Klimaneutralitäts-Klage der Deutschen Umwelthilfe betroffen ist. Es darf seine Flüssigseife nicht mehr „klimaneutral“ nennen. Und das ist gut so.
Denn, mal ehrlich, was verstehen Sie unter klimaneutral? Was erwarten Sie von einem klimaneutralen Produkt? Wohl doch, dass in der Produktion keine Klimabelastung entsteht. Nur ist das meist überhaupt nicht das, was Unternehmen darunter verstehen. Die meinen nämlich: Ich kann in der Produktion noch so viele Treibhausgase ausstoßen, so lange ich am Ende genug Ausgleichzertifikate kaufe. Ablasshandel könnte man das nennen, oder eben klimaneutral.
Das Landesgericht Karlsruhe schiebt dieser, nunja, Interpretation des Begriffes „Klimaneutralität“ mit seinem Urteil einen Riegel vor. Zumindest zum Teil.
Waldschutz-Zertifikate reichen nicht zur CO2-Kompensation
„Der Claim der Klimaneutralität des Produkts geht prinzipiell über das hinaus, was mittels CO2-Zertifikaten aus Waldschutz erreichbar ist“, argumentiert der Vorsitzende Richter. Die Drogeriekette hatte ihre Emissionen unter anderem mit Zahlungen in ein Waldschutzprojekt in Peru kompensiert. Das Argument des Gerichts: Dieses Projekt geht bis 2040, es ist völlig unklar, ob danach noch CO2 in den Bäumen gebunden wird. Das in der Produktion ausgestoßene CO2 wird aber nicht bis 2040 aus der Atmosphäre sein. Mit den Waldschutz-Zertifikaten kompensiert man nicht mal das CO2, das man ausstößt.
Das Gericht lässt also weiterhin die Möglichkeit zu, diese Art Ablasshandel zu betreiben – unter zwei Bedingungen: Es muss erstens klar kommuniziert werden, dass nicht etwa die Produktion klimaneutral ist, sondern die Emissionen kompensiert werden. Und sie müssen zweitens auch tatsächlich richtig kompensiert werden. Es ist ein guter Schritt zu mehr Ehrlichkeit gegenüber den Verbrauchern, denn die wurden zu lange getäuscht mit dem Wort „Klimaneutralität“.
Es wird in den nächsten Jahren den meisten Unternehmen nicht gelingen, wirklich klimaneutral zu produzieren. Und es ist gut, wenn sie ihre Emissionen angemessen kompensieren. Aber es muss für Verbraucher möglich sein herauszufinden, ob ein Unternehmen wirklich etwas ändert oder nur so tut. Dabei zählt nicht ausschließlich, mit welchen Projekten kompensiert wird, sondern auch, was das Unternehmen tut, um seine negativen Umwelteinflüsse tatsächlich zu verringern. Hat es die Produktion auf erneuerbare Energien umgestellt? Nutzt es recycelte Materialien? Reduziert es seinen Wasserverbrauch?
Viele Unternehmen haben sich auf diesen Weg begeben – auch dm. Nur ist es in einer Welt, in der jedes Unternehmen grün wirken möchte, immer schwieriger zu verstehen, wer es nun wirklich ernst meint. Damit das Kunden wieder gelingt, braucht es bessere, differenziertere Formulierungen. Es kann nicht sein, dass man einfach den Sticker „klimaneutral“ auf sein Produkt pappt, ein bisschen Geld bezahlt und das Problem damit gelöst scheint. Die meisten Unternehmen haben kein Interesse an dieser Transparenz. Umso wichtiger, dass sie von der Zivilgesellschaft und Gerichten dazu gebracht wer