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Western von gestern Die lange Jagd nach den Wiener Devisen des SED-Regimes

Wiener Legende: Rudolfine Steindling alias „die rote Fini“
Wiener Legende: Rudolfine Steindling alias „die rote Fini“
© Illustration: Jindrich Novotny
Als Treuhänderin für zwei Ostberliner Firmen ließ Rudolfine Steindling das Vermögen der SED verschwinden. Das Geld steht der Bundesrepublik, die es sich nun mühsam wiederbeschaffen muss

Im Wien der Nachkriegszeit wurde sie zur Legende: die „rote Fini“. Bürgerlich hieß sie Rudolfine Steindling , seit sie den ungarischen Kommunisten, Holocaust-Überlebenden und Résistance-Kämpfer Dolly Steindling geheiratet hatte. Der stieg hier zum Direktor der Central Wechsel- und Kreditbank auf, bei der auch seine Frau Karriere machte, bevor sie Geldgeschäfte für die Kommunistische Partei Österreichs besorgte – und später auch für die DDR.

Steindling wurde 1973 Treuhänderin der Ostberliner Firmen Novum und Transcarbon, über die das DDR-Regime Devisen nach Wien fließen ließ. Fast eine halbe Mrd. Mark lagerte dort beim Mauerfall. Als die Bundesrepublik die Hand darauf legen wollte, gelang es Steindling, das Geld geschickt beiseitezuschaffen. Zwar bestätigten Gerichte 2002 nach langem Hin und Her, dass die Mittel Berlin zustehen. Aber da war ein Großteil schon weg.

Die aktuelle Capital

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Steindling hatte bereits 1991 rund 240 Mio. D-Mark über zwei Banken nach Zürich transferiert. Die dortigen Konten leerte sie anschließend „wie Getreidespeicher“, notierte ein beteiligter Jurist. Steindling selbst aber behauptete, sie sei leider mittellos. Selbst die repräsentative Villa im Wiener Nobelbezirk Döbling sei an die Tochter überschrieben.

In Wien wie in Israel, wohin sie später umsiedelte, genoss Steindling derweil bis an ihr Lebensende ihr Ansehen als Wohltäterin und Förderin der Künste: Das Volkstheater erhielt Geld, ebenso Tschernobyl-Opfer oder die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vaschem. Dank Steindling konnte 2003 auch die Wiener Elefantendame Michaela in Israel besamt werden. Sieben Jahre vor ihrem Tod bilanzierte die Mäzenatin ihr Tun so: „Ich kenn halt viele Leute. Ich tu ja nur Geld sammeln.“

Berlin indes wollte sich mit dem Verlust nicht abfinden und änderte die Taktik. Man begann, sich an den Banken schadlos zu halten, die die Geldtransfers zugelassen hatten. Mit Erfolg: Die Bank Austria, eine Tochter der Unicredit, sowie die Zürcher Julius Bär mussten zahlen. Einen letzten Rechtsstreit mit Julius Bär um 88 Mio. Euro hofft die Bundesregierung bis Ende 2020 abzuschließen.

Die maroden Spielplätze im Berliner Bezirk Pankow erhalten in den letzten Wochen des Jahres 2019 übrigens endlich neue Kletternetze und Klangelemente. Bezahlt werden sie mit dem Geld, das die Jäger der SED-Millionen gesichert haben.

Hauptperson

Rudolfine Steindling, geb. 1934, Kommerzialrätin und Bankerin sowie Finanzverwalterin der KPÖ, der sie zeitweise angehörte. Ab 1973 führte sie die SED-eigene Novum GmbH. In Wien blieb sie trotz des Streits um die SED-Millionen gut vernetzt, ebenso in Israel, wo sie 2012 starb.

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