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Western von gestern Der Kampf um das Erbe Axel Springers

Friede Springer und mächtige Männer: Kirch (l.) und Servatius
Friede Springer und mächtige Männer: Kirch (l.) und Servatius
© Jindrich Novotny
Drei Jahre nach dem Tod ihres Mannes droht Friede Springer, die Kontrolle über den Verlag zu verlieren. Doch sie gibt nicht auf und gewinnt schließlich den Machtkampf gegen Leo Kirch und Bernhard Servatius

So hatten sie die Witwe des Gründers noch nie erlebt. Drei Jahre nach dem Tod von Axel Springer, im Frühjahr 1988, tagte in Berlin die Führungsspitze des Verlags. Es ging um die Frage, wer im mächtigsten Zeitungsimperium des Landes künftig das Sagen hat: der Münchner Filmmogul Leo Kirch oder die letzte Ehefrau des Patriarchen, Friede Springer. Sie drohte die Kontrolle zu verlieren: „Das werde ich nicht zulassen“, rief Springer in die Runde, wie die Biografin Inge Kloepfer schildert.

Zuvor hatten die Verlegerbrüder Burda die Seiten gewechselt. Sie paktierten nun mit Kirch, der schon lange nach der Mehrheit bei Springer trachtete. Mit den Burdas hätte er sie, denn den Burdas gehörten rund 26 Prozent. Kirchs genauer Anteil war zu diesem Zeitpunkt unklar.

Die neue Capital
Die neue Capital
© Capital

Axel Springer hatte zu Lebzeiten das Verlagsimperium mit „Bild“ und „Welt“ an Burda verkaufen wollen. Aber das Kartellamt lehnte ab, und so blieb es bei dem Minderheitsanteil für die Burda-Familie. Gemeinsam, so war es verabredet, wollte man den Verlag kontrollieren. Zugleich hatte sich der schon kranke Springer von Bankern überreden lassen, im Zuge eines Börsengangs zehn Prozent am Verlag an Kirch zu verkaufen – obwohl Springer den Filmhändler eigentlich als „Kriminellen“ betrachtete. Franz Josef Strauß persönlich habe ihren Mann vor Kirch gewarnt, berichtete Friede später.

Jetzt, drei Jahre danach, schwante ihr, was ihr Mann sich eingehandelt hatte. Sie besorgte sich einen Kredit bei der Deutschen Bank und unterbreitete den Burdas ein attraktives Angebot über 530 Mio. D-Mark. So baute sie ihren Einfluss aus.

Doch Kirch ließ nicht locker. Und im Konzern musste sie sich die Macht weiter mit dem einflussreichen Testamentsvollstrecker und Aufsichtsratschef Bernhard Servatius teilen, den sie erst 1996 entmachten konnte. 2002 folgte schließlich der Befreiungsschlag: CEO Mathias Döpfner zwang Kirch mit einer alten Rückkaufvereinbarung, den Springer-Anteil an Kirchs TV-Gruppe Pro Sieben Sat 1 für knapp 800 Mio. Euro zurückzunehmen – Geld, das der Unternehmer schon nicht mehr hatte. Kirch war pleite, Springer war frei.

Wohl aus dieser Erfahrung regelte Springer Ende 2018 ihr Erbe: Axels Enkel können ihre Anteile nun frei verkaufen. Ein Votum gegen Friede bleibt aber undenkbar. Später soll ihr Anteil einer gemeinnützigen Gesellschaft zufallen. Bald führt sie den Verlag so lange wie ihr Mann.

Hauptperson

Friede Springer, geb. 1942, entstammt einer Gärtnersfamilie auf Föhr. 1965 wird sie Kindermädchen in Springers Hamburger Villa, bald Geliebte des Frauenhelden und 1978 dessen fünfte Ehefrau. Als Springer 1985 stirbt, ist sie Haupterbin und bis heute Aufsichtsrätin des Verlags.

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