Verblasst, aber weithin sichtbar prangt sie noch an den Hochhäusern in Berlin-Hellersdorf: eine Fassadenmalerei, die die DDR-Plattenbauten wie Gründerzeitpaläste aussehen lässt. Sie sollte Kern des „größten Gemäldes der Welt“ werden. So wollte es vor etwas über zehn Jahren der Besitzer der Wohnblocks, die Immobilienholding Level One.
Das Bild passte zum Anspruch, in allem der Größte zu sein: eine Immobiliengruppe „von globaler Bedeutung“; ein weltumspannender Hedgefonds; ein glänzender Börsengang. Doch Monate nach der Fassadenbemalung war Level One pleite. Cevdet Caner und seinen Gefährten war – immerhin dies – „die größte Immobilienpleite seit Jürgen Schneider“ gelungen, wie Insolvenzverwalter Rolf Rattunde sagte.
Fast 30.000 Wohnungen in der Ex-DDR hatte Level One da. Sie haben gemacht, was Experten erst Jahre später zum Modell adelten: Mietskasernen mit stabilem Cashflow in großem Stil als Renditemaschinen. Cevdet Caner, Sohn kurdischer Einwanderer und Gründerwunderkind aus Österreich, griff nach den Sternen. Ohne Kapital, aber vollgepumpt mit Geld der Credit Suisse, kaufte er klammen Städten eine Siedlung nach der anderen ab. Die Bank reichte das Risiko per Verbriefung an ahnungsarme Investoren weiter.
Aus derlei Modellen entstand die Finanzkrise. Als sie kam, platzte der Börsengang von Level One, und die Holding war pleite. Caner war sein Prunkhaus im Londoner Nobelquartier Mayfair los, aber mischte trotz des Dämpfers weiter mit, etwa beim New Yorker Hochhaus One Madison Park oder bis heute im Hintergrund der Frankfurter Adler Real Estate.
Man kann ihn als gefallenen Helden der großen Krise sehen, wie er das wohl selbst tut. („Wenn die Banken die Nerven behalten hätten, wäre es geglückt.“) Oder man betrachtet ihn als ordinären Betrüger, der ein verschachteltes Geflecht aufbaute, um Millionen in „tolle Autos, Villen, Yachten, einen Privatjet“ für sich selbst umzuleiten, wie die Wiener Staatsanwältin Martina Semper nahelegt. Semper klagt Caner seit Mitte November als „Kopf der Organisation, Entscheidungsträger und letzte Instanz“ an, Betrug, betrügerischer Konkurs, Geldwäsche. Das Geschäftsmodell fasst sie mit den Worten „Loch auf, Loch zu“ zusammen: Jeder fällige Kredit wurde mit einem noch größeren ausgelöst. Caner, jetzt 45, bestreitet die Vorwürfe und gibt der Finanzkrise die Schuld.
Hauptperson
Cevdet Caner aus Linz zieht nach einer kurzen Karriere bei den Jusos mit Anfang 20 einen Lieferdienst für Essen auf, bringt 2001 die Callcenterfirma CLC an die Börse, die später pleitegeht. Mit dem Erlös steigt er in Immobilien ein, er wohnt nun in Monaco und London. 2008 ist seine Holding Level One insolvent.
Der Beitrag ist erstmals in der Capital-Printausgabe 01/2019 erschienen.