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Gastkommentar Chinas Renminbi-Offensive

Die Internationalisierung des Renminbi schreitet voran. Fraglich ist, ob er sich zur Weltwährung entwickeln wird. Von Sandra Heep

Frankfurt ist im Renminbi-Fieber. Schon im Herbst soll eine der ersten Clearing-Banken in der Eurozone zur Abwicklung von Handelsgeschäften in Renminbi in Deutschlands Finanzmetropole an den Start gehen. Zudem wurde Deutschland von chinesischer Seite gerade die Genehmigung erteilt, bis zu 80 Mrd. CNY auf Chinas Kapitalmärkten zu investieren.

Diese Entwicklungen versetzen zahlreiche Banker in eine wahre Goldgräberstimmung. Denn hier tun sich völlig neue Geschäftsfelder mit scheinbar grenzenlosem Wachstumspotential auf. Dass die Öffnung der chinesischen Kapitalmärkte und damit auch die Internationalisierung des Renminbi kontinuierlich voranschreiten werden, gilt den meisten deutschen Finanzakteuren dabei als Selbstverständlichkeit.

Sandra Heep leitet das Programm „Finanzsystem“ am Mercator Institute for China Studies (MERICS) in Berlin
Sandra Heep leitet das Programm „Finanzsystem“ am Mercator Institute for China Studies (MERICS) in Berlin
© MERICS

Schaut man sich die Interessenkonstellation in Peking an, stellen sich jedoch Zweifel an dieser vermeintlichen Gewissheit ein. Zwar steht die Liberalisierung des Finanzsystems weit oben auf der Reformagenda der chinesischen Führung. Doch bleibt sie hoch umstritten, da sie insbesondere für Staatsunternehmen hohe Kosten verursachen würde. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Liberalisierung des Zinsregimes, die eine notwendige Voraussetzung für eine risikoarme Öffnung des Kapitalverkehrs darstellt.

Verzögerungen, Rückschläge und Widersprüche

Bislang kontrolliert Chinas Zentralbank die Zinsen auf Spareinlagen durch eine administrativ festgelegte Obergrenze. Inflationsbereinigt liegen diese Zinsen daher häufig im negativen Bereich. Diese Drosselung der Zinsen ermöglicht es den staatseigenen Banken, den Staatssektor durch günstige Kredite zu unterstützen. Würde diese Obergrenze aufgehoben, müssten Staatsunternehmen mit deutlich höheren Finanzierungskosten rechnen. Chinas politisch einflussreiche Staatsunternehmen sind daher natürliche Gegner einer Liberalisierung des Finanzsystems.

Zudem setzt auch die politische Führung unter Xi Jinping trotz der Ankündigung weitreichender Liberalisierungsmaßnahmen im Finanzsystem weiterhin auf einen starken Staatssektor, der wirtschaftliche Stabilität und politische Kontrolle garantieren soll. Dabei bleibt jedoch völlig unklar, wie die Rolle der Staatsunternehmen gesichert werden soll, wenn die Möglichkeit einer Subventionierung über den Umweg des Zinsregimes wegfällt. Angesichts der politischen Brisanz der Finanzliberalisierung sollten wir daher keine linearen Entwicklungen erwarten, sondern uns vielmehr auf Verzögerungen, Rückschläge und Widersprüche einstellen.

Internationalisierung ohne Volatilität

Zudem ist klar, dass Chinas Führung nicht die Absicht hegt, den Liberalisierungsprozess in eine vollständige Abschaffung der Kapitalverkehrskontrollen münden zu lassen. Denn ein solch radikaler Schritt wäre nicht mit dem extrem hohen Wert zu vereinbaren, den die Kommunistische Partei der wirtschaftlichen Stabilität beimisst. China wird daher weiterhin versuchen, dem Renminbi vor allem durch den Ausbau von Offshore-Zentren zu internationaler Geltung zu verhelfen.

Dass dies eine äußerst kluge Strategie ist, steht außer Frage. Denn sie könnte es China erlauben, die Vorzüge einer internationalisierten Währung zu genießen, ohne sich der Volatilität internationaler Kapitalströme auszusetzen. Inwieweit diese Strategie von Erfolg gekrönt sein wird, bleibt allerdings abzuwarten. Zwar mag sie dazu geeignet sein, die Rolle des Renminbi im internationalen Handel zu unterstützen. Doch bleibt es fraglich, ob sich der Renminbi auf dieser Grundlage zu einer führenden Reservewährung entwickeln kann.

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