Um seine Klimaziele zu erreichen, treibt China parallel viele Technologien voran. Dazu gehört auch die Abscheidung und Speicherung von CO₂. Anfang Juni wurde die erste Offshore-Kohlenstoffspeicheranlage des Landes in Betrieb genommen. Sie befindet sich auf der Ölplattform Enping 15-1, rund 200 Kilometer vor der Küste von Shenzhen. Die Anlage fängt das dort freigesetzte Kohlenstoffdioxid auf und presst es in eine geologische Struktur unter dem Meeresboden.
Der Betreiberkonzern China National Offshore Oil Corporation (CNOOC) will auf diese Weise während der Lebensdauer des Projekts bis zu 1,5 Millionen Tonnen CO₂ auffangen. Demnach pumpen die neuen CNOOC-Anlagen das bei der Erdölförderung entstehende CO₂ mit einer Geschwindigkeit von neun Tonnen pro Stunde zurück in eine Salzschicht, die sich drei Kilometer unter der Plattform befinde. Pro Jahr können bei dieser Geschwindigkeit bis zu 78.000 Tonnen CO₂ gespeichert werden.
Projekt in Jiangsu: CO₂ zum Weiterverkauf
Ziel solcher CO₂-Speicher ist es, das klimaschädliche Gas direkt an der Quelle abzufangen, bevor es überhaupt in die Atmosphäre gelangt. China will ab spätestens 2030 seinen CO₂-Ausstoß senken. Bis 2060 will das Land Klimaeutralität erreichen. Beides zusammen ist bekannt als 30/60-Ziel. Dafür ist die Speicherung ein Baustein.
Während die Anlage im Südchinesischen Meer das Gas nur speichert, geht ein Projekt in der Provinz Jiangsu einen Schritt weiter. Auch dort fängt das Kohlekraftwerk Taizhou seit Juni gezielt CO₂ auf. Allerdings hat sich der Betreiber China Energy für eine Anlage entschieden, die das Treibhausgas nicht unterirdisch, sondern in speziellen Tanks speichert. Ziel ist es, 500.000 Tonnen CO₂ einzufangen und weiterzuverkaufen. Kunden aus der Schweißindustrie und der Lebensmittelbranche seien bereits gefunden.
Die größte chinesische CO₂-Speicheranlage steht in der Provinz Shandong. Dort fängt der chinesische Staatskonzern Sinopec in einer seiner Ölraffinerien jährlich eine Million Tonnen Kohlenstoffdioxid ab. Hinzu kommen landesweit zahlreiche kleinere Projekte.
CO₂-Speicherung in Deutschland umstritten
In Deutschland kommt die Entwicklung der CO₂-Speicherung dagegen nur zögerlich voran, was vor allem an den bisherigen gesetzlichen Rahmenbedingungen liegt. Das Kohlenstoffdioxid-Speicherungsgesetz (KSpG) erlaubt seit 2012 lediglich die Erforschung, Erprobung und Demonstration der CO₂-Speicherung in begrenztem Umfang. Kritiker sehen die Technologie als Ablenkungsmanöver, damit ansonsten weiterhin Emissionen in die Atmosphäre geblasen werden können. Umweltschützer lehnen die Technologie zudem wegen ihrer Umweltgefahren ab. Andere Experten gehen wiederum davon aus, dass zur Klimaneutralität sowohl radikale Emissionssenkungen, als auch CO₂-Abscheidung und Speicherung notwendig sind.
Im Dezember 2022 kündigte Wirtschaftsminister Robert Habeck daher an, ein neues Gesetz auf den Weg bringen zu wollen. Sein Ministerium betont, dass es trotz aller Anstrengungen „selbst nach 2045 noch Emissionen geben wird, die nicht durch die bislang verfügbaren oder sich in Entwicklung befindlichen Technologien vermieden werden können“. Um das Ziel der Netto-Treibhausgasneutralität bis dahin zu erreichen, müsse daher auch die CO₂-Speicherung vorangetrieben werden.
CO₂-Speicherung birgt auch Risiken
Der Umweltverband BUND kündigte sofortigen Widerstand gegen Habecks Pläne an. „Anstatt die CO₂-Emissionen zu reduzieren, möchte die Industrie sie einfach unter dem Meer lagern“, kritisierte BUND-Chef Olaf Bandt. „Aber die Meere sind nicht die Müllhalde der Menschheit oder eine Deponie für Klimamüll.“ Das Verpressen von CO₂ dort sei zwar profitabel für die Gasindustrie. Doch diese rechne bereits selbst mit Lecks, die gefährlich für den Lebensraum dort sein könnten.
Während Befürworter also von einer wichtigen Brückentechnologie sprechen, besteht bei Kritikern zudem die Sorge, dass der Fokus auf die CO₂-Speicherung den Übergang zu nachhaltigeren Lösungen, wie erneuerbaren Energien und Energieeffizienz, verzögern könnte. China hat diese Frage für sich entschieden.