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Neuer Bafin-Chef „Branson muss die Dienst-nach-Vorschrift-Mentalität überwinden“

Blick auf den Bafin-Standort in Frankfurt am Main
Blick auf den Bafin-Standort in Frankfurt am Main
© Hannelore Förster / IMAGO
Mark Branson, bisher Chef der Schweizer Finanzaufsicht, wird neuer Präsident der Bafin. Der Linken-Finanzpolitiker Fabio de Masi kann sich mit der Wahl anfreunden – fordert im Interview aber auch einen grundlegenden Kulturwandel

Ein Nachfolger für Felix Hufeld ist gefunden: Der bisherige Direktor der eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma Mark Branson wird neuer Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Hufeld musste wegen der unrühmlichen Rolle seiner Behörde im Wirecard-Skandal Ende Januar zurücktreten.

Mit Branson an der Spitze werde die Finanzaufsicht „mehr Biss“ erhalten, erklärte Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Ist diese Hoffnung berechtigt? Im Capital-Kurzinterview nimmt der Linken-Bundestagsabgeordnete Fabio de Masi Stellung. Im Untersuchungsausschuss zum Wirecard-Skandal treibt der Finanzpolitiker die Aufklärung des Milliardenbetrugs seit Monaten voran.

CAPITAL: Mark Branson wird der neue Bafin-Chef. Was ist davon zu halten?

FABIO DE MASI: Es ist gut, dass jemand mit frischen Blick von außen kommt und bei der Bafin durchlüftet. Branson verdient eine faire Chance. Allerdings wird er keinen Einfluss mehr auf den Personalhaushalt der Bafin und die neuen Aufsichtsgesetze ausüben.

Was sind dann die wichtigsten Aufgaben, die vor Branson liegen?

Er muss die Bafin für die Aufsicht über digitale Geschäftsmodelle befähigen, die Mitarbeiter motivieren, sich mit großen Namen anzulegen, und die Dienst-nach-Vorschrift-Mentalität überwinden. Es braucht umfassende Investitionen, auch in die digitale Infrastruktur und Fähigkeiten des Personals.

Die Defizite bei der Bafin sind inzwischen gut bekannt. Wie viel kann ein Personalwechsel an der Spitze überhaupt ausrichten? Muss nicht ein grundlegender Kulturwandel stattfinden?

Es braucht auch einen grundlegenden Kulturwandel. Das bleibt aber eine Phrase, wenn es niemanden gibt, der dies in der Behörde auch einfordert.

Fehlt es nicht auch an politischer Rückendeckung für eine Finanzaufsicht mit Zähnen? Das kann ein neuer Präsident auch nicht ändern, oder?

Klar. Die Finanzaufsicht muss unabhängiger werden. Sie ist keine Agentur für Standortmarketing, sondern muss eine Art Finanzpolizei sein.

Sie haben schon kritisiert, dass die Finma keine besonders strenge Finanzaufsicht gewesen sei. Fürchten Sie, dass Branson diese Haltung mit zur Bafin nimmt?

Branson selbst gilt in der Branche nicht als lax. Allerdings ist die Schweiz nun auch nicht als Schrecken des Schwarzgeldes bekannt. Insbesondere bei der Ansiedlung der Finanzgeschäfte von Facebook habe ich große Sorgen, ob die Finma nicht versucht, Fintechs aggressiv durch Aufsichtsdumping anzusiedeln.

Durch die günstige Regulierung wurde die Schweiz aber auch zum Blockchain-Mekka. Sollte sich Deutschland daran orientieren?

Deutschland ist die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt. Wir könnten durch einen großen Markt und eine gute digitale Infrastruktur überzeugen, wenn wir hier endlich investieren würden. Aufsichtsdumping aber schadet dem Finanzplatz – das zeigt der Wirecard-Skandal!

Mitarbeit: John Stanley Hunter

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