Die Unternehmensberatung McKinsey hat mit Projekten bei der Bundeswehr in den vergangenen Jahren deutlich mehr Umsatz gemacht als bislang bekannt. Nach Capital-Informationen flossen im Zeitraum zwischen 2015 und 2018 bei drei Rüstungsprojekten, an denen McKinsey und eine Tochterfirma als Unterauftragnehmer des Rüstungsdienstleisters IABG beteiligt waren, insgesamt etwa 7,5 Mio. Euro an die Berater. Diese Summe geht aus einem Schreiben von Verteidigungsstaatssekretär Thomas Silberhorn an den Bundestag aus der vergangenen Woche hervor.
Auf Nachfrage von Abgeordneten hatte die Bundesregierung die direkten Zahlungen des Verteidigungsministeriums an McKinsey zuletzt auf „rund 7,5 Mio. Euro“ beziffert. Bei diesem Betrag waren Unteraufträge jedoch ausdrücklich nicht eingeschlossen. Allein über die Subverträge mit der IABG kommt die Consultingfirma damit auf weitaus höhere Gesamterlöse aus Projekten bei der Bundeswehr.
Bundeswehraufträge an McKinsey galten als politisch sensibel, nachdem Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen Mitte 2014 die McKinsey-Partnerin Katrin Suder als Rüstungsstaatssekretärin ins Wehrressort geholt hatte. Derzeit beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss des Bundestages mit der Vergabepraxis und der Rolle externer Berater in von der Leyens Ministerium.
Auf Nachfrage von Capital hatte McKinsey bereits die Kooperation mit der IABG bestätigt. In dem Schreiben von Staatssekretär Silberhorn werden drei Projekte aufgelistet, bei denen der Hauptauftragnehmer IABG McKinsey oder das McKinsey-Joint-Venture Lumics als Unterauftragnehmer eingeschaltet hat. Dabei handelte es sich um ein Projekt zur geplanten europäischen Drohne, ein Hubschrauberprojekt („Task Force Drehflügler“) sowie ein Projekt zum neuen Marinehubschrauber NH90 NTH Sea Lion.
Auf Anfrage hatte McKinsey allerdings keine Angaben zum Gesamtumsatz mit Aufträgen und Unteraufträgen bei der Bundeswehr machen wollen. Ein Sprecher verwies auf frühere Aussagen des Verteidigungsministeriums, wonach rund fünf Prozent des Beratungsbudgets des Wehrressorts an McKinsey gegangen seien. „Wir zählen nicht zu den führenden Beratern des Ministeriums“, erklärte der Unternehmenssprecher. Zudem sei die Arbeit in Konsortien und Unterbeauftragungsverhältnissen „gerade im öffentlichen Sektor üblich und vom Auftraggeber gewollt“, um die Abhängigkeit von einem Anbieter zu vermeiden und eine breite Expertise sicherzustellen.
Wie Verteidigungsstaatssekretär Silberhorn dem Bundestag nun mitteilte, beläuft sich das gesamte Auftragsvolumen bei den drei genannten Projekten, bei denen das Beschaffungsamt der Bundeswehr die IABG als Hauptauftragnehmer eingeschaltet hat, auf rund 20 Mio. Euro. Von dieser Summe flossen zwischen 2015 und 2018 etwa 7,5 Mio. Euro an die Subauftragnehmer McKinsey und Lumics. An der Spezialberatung Lumics halten McKinsey und Lufthansa Technik je 50 Prozent. Auf Anfrage bestätigte Lumics einen Unterauftrag bei der „Task Force Drehflügler“.
Leistungen am Markt verfügbar
Die Beteiligung der Berater an der Seite des Rüstungsdienstleisters IABG begründete Silberhorn in seinem Schreiben damit, dass in den Projekten auch betriebswirtschaftliche Expertise erforderlich gewesen sei. Diese habe grundsätzlich auch über Unterauftragnehmer erbracht werden können, wobei solche Zuarbeiten am Markt verfügbar seien. Vergeben wurden die Aufträge für diese vom Beschaffungsamt der Bundeswehr als notwendig definierten Leistungen dann aber nicht vom Auftraggeber selbst – sondern vom Hauptauftragnehmer IABG, sodass als Geschäft unter privaten Unternehmen keine öffentliche Ausschreibung fällig wurde.
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums wollte sich unter Verweis auf Betriebsgeheimnisse nicht zu den konkreten Projekten und Auftragsvolumina äußern. Grundsätzlich gelte, dass McKinsey ein „fachkundiges, leistungsfähiges und somit geeignetes Unternehmen für öffentliche Aufträge“ sei. Daher erfolge „weder eine Bevorzugung noch ein pauschaler Ausschluss vom Wettbewerb“, erklärte der Ministeriumssprecher weiter. Die IABG wollte sich zu konkreten Fragen zu ihren Geschäftsbeziehungen mit McKinsey unter Verweis auf Verschwiegenheitspflichten im Bereich Verteidigung nicht äußern.