Herzlichen Glückwunsch, liebe SPD! 150 Jahre als Partei muss man erstmal schaffen. Und mit Deiner sozialistischen Großfamilie hattest Du es ja auch nicht immer leicht.
Dem kapitalen Onkel Marx warst Du von Anfang an nicht revolutionär genug. Und irgend so ein Ex aus dem Saarland, dessen Namen Du vergessen hast, stalkt und nervt Dich bis heute. Aber lassen wir das an diesem Feiertag.
Reden wir lieber darüber, wie das eigentlich mit Dir weitergehen soll. „Mit uns zieht die neue Zeit“ heißt der Refrain Deines alten Lieblingsliedes, das auch jetzt zum Geburtstag wieder angestimmt wird. Aber die Wahrheit - seien wir ehrlich - ist das ja längst nicht mehr: Die „neue Zeit“ hat inzwischen ganz andere Freunde gefunden.
Als Du mit Willy Brandt 1972 die Bundestagswahl gewonnen hast, da machte jeder Zweite der Unter-35-Jährigen sein Kreuzchen bei der SPD. Bei der letzten Bundestagswahl, im September 2009, hast Du aus dieser Altersgruppe nicht einmal jede fünfte – abgegebene - Stimme gekriegt.
„Mit uns zieht die neue Zeit“? Das ist inzwischen lange her.
Ich glaube, liebe SPD, Dir ist irgendwann Dein eigener Zukunftsoptimismus abhanden gekommen. Als Du selber noch jung warst, waren die Chancen des Fortschritts überall sichtbar und Du hast dafür gekämpft, dass tatsächlich alle daran teilhaben. Du wolltest mehr Freiheit, mehr Mündigkeit und bessere Lebensverhältnisse für jeden und jede auf der Welt. Und Du hast konsequent auf die Vernunft gesetzt.
Heute trittst Du meistens auf wie der Bürokratenflügel der Apokalyptischen Internationale. Dein Programm ist nicht mehr die bessere Zukunft, sondern bloß der Kampf gegen dräuende Katastrophen. Halbwegs sozialverträglich soll es halt noch zugehen. Aber dem gemeinen Normalverbraucher traust Du nicht mehr über den Weg.
Angefangen hat das alles mal in den 80er Jahren. Da warst Du ziemlich ausgelaugt und frustriert vom stressigen Regieren mit Brandt und Schmidt. Die jungen Weltveränderer liefen zu den Grünen über, und Du brauchtest die Idee von einem „anderen Fortschritt“, um mit ihnen überhaupt wieder ins Gespräch zu kommen. Aus demokratischen Sozialisten wurden damals Ökosozialisten. Und für die Utopie waren fortan nur noch Weltuntergangsverhinderer zuständig.
Mittlerweile tappst Du denen nur noch hinterher. Und wenn Du Pech hast, dann ergeht es Dir sogar wie in Baden-Württemberg - Du sinkst herab zum bloßen Juniorpartner der Grünen.
„Wissen ist Macht“ war mal Deine Parole - heute vertreibst Du per Regierungsbeschluss gentechnische Forschungsprojekte aus den Schulen. „Zur Sonne, zur Freiheit“ war mal Dein Schlachtruf - heute ist das Dein Umverteilungsprogramm zugunsten des wohlhabenden Solarpanel-Kapitals.
Irgendwie passt es da sogar, dass sich Dein Spitzenmann Sigmar Gabriel kurz vor Deinem Geburtstag ausgerechnet ein Tempolimit auf den deutschen Autobahnen gewünscht hat. Die Debatte darum ist uralt, neue Argumente gibt es nicht – aber es ist halt ein Nischenthema, das den Grünen seit jeher am Herzen liegt.
Liebe SPD: Hast Du so etwas wirklich nötig? Denk doch bitte mal wieder neu über Fortschritt nach.