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Aktien Chaostage bei Linde

Der Linde-Konzern verliert einen Übernahmekampf und zwei Vorstände. Außerdem: Bayer/Monsanto, Deutsche Bank und Deutsche Bahn

Linde: Gescheiterte Übernahme mit Folgen

Linde Group: Der Vorstandschef tritt zurück, der Finanzchef wird rausgeworfen
Linde Group: Der Vorstandschef tritt zurück, der Finanzchef wird rausgeworfen
© Linde Group

Der Industriegasekonzern Linde produziert eher selten Schlagzeilen. Doch in dieser Woche ging es rund bei dem Dax-Konzern. Aber der Reihe nach:

+ Am Montag teilte das Unternehmen mit, dass die Gespräche über einen Zusammenschluss mit dem US-Konkurrenten Praxair abgebrochen werden. Linde wollte mit dem Deal zum Weltmarktführer aufsteigen und den französischen Konkurrenten Air Liquide hinter sich lassen. Deutsche und Amerikaner konnten sich in wichtigen Fragen nicht einigen. Das betraf etwa den Sitz des gemeinsamen Konzerns und die Besetzung der Führungspositionen.

+ Am Dienstag wurde dann bekannt gegeben, dass Finanzvorstand Georg Denoke aus dem Vorstand ausscheidet. Seine Nachfolge übernimmt kommissarisch Sven Schneider, bisher Leiter Group Treasury.

+ Der nächste Paukenschlag folgte noch am gleichen Tag: Vorstandschef Wolfgang Büchele kündigte seinen Rückzug an. Er werde seinen im April 2017 auslaufenden Vertrag nicht verlängern, teilte Büchele dem Aufsichtsrat mit. „Da ich mich in meinem Berufsleben stets daran gemessen habe, die von mir gesetzten Ansprüche auch zu erfüllen, war ich persönlich sehr enttäuscht, dass ich mein Ziel, die Nummer 1 im globalen Industriegasebereich zu bilden, nicht erreichen konnte“, sagte der Linde-Chef zur Begründung.

Das Verhältnis zwischen Büchele und Denoke soll zuletzt angespannt gewesen sein, weil der Finanzvorstand gegen den Praxair-Zusammenschluss gearbeitet habe. Für Denoke gab es zum Abschied auch keine Dankesworte. Seine Demission wurde als Rausschmiss interpretiert.

Nun steht der Dax-Konzern ohne starke Führungsspitze da. Mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Wolfgang Reitzle behält das Unternehmen aber seinen starken Mann, der nun rasch für personelle Klarheit sorgen muss. Reitzle war erst zu Jahresbeginn als Chefkontrolleur zu Linde zurückgekehrt. Vorstands- und Aufsichtsratschef seien „sich erkennbar nicht grün“ gewesen, schreiben die Analysten von Liberum. Büchele soll versucht haben, eigene Akzente zu setzen und die mittelfristigen Ziele aus Reitzles Zeit als Linde-Chef zu kassieren, heißt es in der FAZ. Das sei „Majestätsbeleidigung“ gewesen.

Die Suche nach einem Nachfolger dürfte in dieser Konstellation nicht einfach werden. Wer will schon Vorstandschef unter einem Chefkontrolleur werden, der sich selbst für die Idealbesetzung an der Konzernspitze sieht? Für einen Dax-Konzern und seine Aktionäre sind das keine beruhigenden Aussichten.

Bayer: Deal mit Unsicherheiten

Lächeln fürs Foto: Bayer-Chef Werner Baumann und Monsanto-CEO Hugh Grant
Lächeln fürs Foto: Bayer-Chef Werner Baumann und Monsanto-CEO Hugh Grant
© Bayer AG

Der Deal ist perfekt: Für 66 Mrd. Dollar übernimmt der deutsche Chemiekonzern Bayer den US-Saatguthersteller Monsanto. Die Ehe sei im Himmel geschlossen worden, schwärmte Monsanto-CEO Hugh Grant, der freilich monatelang um den Preis gefeilscht hatte. Mehrmals musste Bayer sein Angebot nachbessern, bevor die Braut dem Buhlen nachgab.

Die Verbindung der beiden Konzerne sei perfekt, sagte Grant. Monsanto stelle Saatgut her, während Bayer Pflanzenschutzmittel produziere. Auch ergäben sich durch den Zusammenschluss völlig neue Möglichkeiten bei Forschung und Entwicklung. „Jetzt beginnt eine neue Zeit in der Landwirtschaft – eine Zeit mit bedeutenden Herausforderungen, die neue nachhaltige Lösungen und Technologien verlangt, damit Landwirte bei weniger Einsatzmitteln mehr produzieren können“, sagte Grant.

Dass die Herausforderungen gewaltig sind, wird wohl niemand bestreiten. Die Weltbevölkerung soll laut den Prognosen bis 2050 um drei Milliarden Menschen wachsen. Da stellt sich die Frage, wie all diese Menschen ernährt werden sollen? Bayer und Monsanto könnte dabei eine Schlüsselrolle zukommen, was wiederum die Kritiker auf den Plan ruft. Denn was für die Bayer-Aktionäre gut ist, muss nicht für Landwirte und Verbraucher gut sein.

Die Kartellbehörden werden sich den Zusammenschluss kritisch ansehen, auch weil der Markt insgesamt in Bewegung ist. Neben dem Bayer-Deal steht die Übernahme des Schweizer Saatgutherstellers Syngenta durch den chinesischen Konzern ChemChina auf dem Programm. Und in den USA wollen sich Dow Chemical und Dupont zusammentun. Wenn die Zahl der Anbieter schrumpft, könnte das für die Landwirte höhere Preise bedeuten.

Einige Analysten halten es für denkbar, dass die Wettbewerbshüter in Europa und Amerika die Übernahme noch torpedieren könnten. Für diesen Fall hat Bayer Monsanto eine Zahlung von 2 Mrd. Dollar zugesagt. „Beide Unternehmen werden eng mit den Regulierungsbehörden zusammenarbeiten, um einen erfolgreichen Abschluss zu erzielen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Ein Selbstläufer wird das nicht. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hat im August ein Verfahren zur Begutachtung des Dow Cemical-Dupont-Zusammenschlusses eingeleitet. Eine Reihe von Zugeständnissen, mit der die beiden Konzerne das Verfahren abkürzen wollten, wies sie zurück.

Wegen der regulatorischen Unsicherheiten fielen die Reaktionen an den Börsen auch zurückhaltend aus. Monsanto verteuerten sich nur leicht und für Bayer ging es sogar abwärts.

Infografik: Das Ende des Bayer-Monsanto-Pokers | Statista


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Deutsche Bank: hohe Strafforderung aus den USA

Die Deutsche Bank steht vor massiven Einschnitten
Deutsche Bank: Der Hypothekenstreit könnte teurer werden als erwartet
© Getty Images

Die Deutsche Bank hat ihre Anleger schon wieder mit einer Hiobsbotschaft überrascht. 14 Mrd. Dollar verlange das US-Justizministerium zur Beilegung zivilrechtlicher Ansprüche im Zusammenhang mit den Tricksereien des Geldhauses auf dem US-Immobilienmarkt, teilte das Kreditinstitut mit. Zahlen will die Bank diese Summe aber nicht. „Die Deutsche Bank beabsichtigt auf keinen Fall, diese möglichen zivilrechtlichen Ansprüche in einer Höhe zu vergleichen, die auch nur annähernd der genannten Zahl entspricht“, hieß es in einer Erklärung. Stattdessen erwarte die Deutsche Bank ein Verhandlungsergebnis, „das im Bereich ihrer Wettbewerber liegt, die sich mit dem US-Justizministerium bereits auf deutlich niedrigere Beträge geeinigt haben“.

Die amerikanischen Forderungen würden den Rahmen sprengen, den sich die Bank für die Beilegung einer Reihe von Skandalen gesetzt hat. 5,5 Mrd. Dollar hat sie zurückgelegt – und mehr sollen es nicht werden. Bis zu 3 Mrd. Dollar sind für den Hypothekenstreit vorgesehen. Wie andere Banken auch hatte die Deutsche Bank Immobilienkredite an finanzschwache Familien vergeben. Die Risiken wurden in hochkomplexe Anleihen verpackt und an Investoren verkauft. Als die Immobilienblase platzte, erwiesen sich die Produkte als wertlos. Viele Investoren klagten erfolgreich gegen die Finanzinstitute, die nun zahlen müssen.

Die Anleger reagierten entsetzt auf die Nachrichten aus Frankfurt: Die Deutsche-Bank-Aktie verlor mehr als sieben Prozent.

Deutsche Bahn: Zug statt Bus

Die Marke Berlinlinienbus soll Ende des Jahres ihren Betrieb einstellen
Die Marke Berlinlinienbus soll Ende des Jahres ihren Betrieb einstellen
© Deutsche Bahn

Die Konzentration im Fernbusgeschäft nimmt weiter zu. Nach dem im August die Deutsche Post ihre Bussparte an den Marktführer Flixbus verkauft hatte, zieht sich nun auch die Deutsche Bahn fast vollständig aus dem Markt zurück. Ende 2016 stellt der zur Bahn gehörende Anbieter Berlinlinienbus den Betrieb ein, teilte der Konzern mit. Einige der 40 Verbindungen sollen in das Netz der IC-Busse integriert werden. Ein Rest-Busverkehr bleibt also.

Trotzdem wird Flixbus künftig 90 Prozent des Marktes beherrschen. Höhere Preise könnten die Folge dieser Quasi-Monopolstellung sein. Die sind wohl auch nötig, um das Geschäft profitabel betreiben zu können. „Wir fahren mit Dumpingpreisen Minusbeträge ein“, hatte Bahnchef Rüdiger Grube bereits im Juli gesagt. Der jetzige Schritt kommt daher nicht überraschend.

Statt im Busgeschäft will die Bahn auf der Schiene wachsen. Und dabei soll der neue ICE-4 eine wichtige Rolle spielen. „Bis 2030 werden wir unser Fernverkehrsangebot um 25 Prozent ausbauen und mehr Städte und Regionen miteinander verbinden“, sagte Grube. Als Buskonkurrent bleibt der Staatskonzern Flixbus ohnehin erhalten. Denn die Bahn muss attraktiv sein, wenn sie verhindern will, dass Reisende statt des Zugs den Bus wählen.

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