Lange galt ja als ausgemacht, dass Europa ein langweiliger Kontinent geworden ist. Überall anders schien mehr los zu sein: In Asien, in den USA, in Südamerika – mehr Bewegung, mehr Dynamik, mehr Action. Und damit auch mehr Chancen.
Doch spätestens seit Finanzkrise und der neu aufflammende Konflikt mit Moskau Unsicherheit mit sich brachten, kann diese Sicht als überholt gelten. In Europa geht wieder richtig die Post ab.
Ein paar Beispiele allein aus der nun zu Ende gehenden Woche: Die Zahl der russischen Kampfjets im westeuropäischen Luftraum ist bereits jetzt dreimal so hoch wie im gesamten vergangenen Jahr. Ungarns Regierungschef Viktor Orban setzt eine absurde Internet-Steuer in die Welt und treibt damit Zehntausende Demonstranten auf die Straße (woraufhin die Regierung das Projekt flugs wieder zurückzieht). Der britische Premier David Cameron weigert sich in bester "I want my money back"-Tradition, eine Nachzahlung zum EU-Budget zu leisten, die fällig wird, weil die Wirtschaft seines Landes stärker gewachsen ist als bis dato angenommen.
Ruhe in den USA
Fast noch turbulenter geht es in der Wirtschaft zu. Die Europäische Zentralbank stellt in einem Stresstest fest, dass 25 Banken der Eurozone nicht über eine ausreichende Kapitaldecke verfügen. Der russische Rubel fällt und fällt und fällt und treibt damit den Kreml in die Enge, der es gleichzeitig auch noch mit stetig sinkenden Preisen für seinen wichtigsten Devisenbringer Erdöl zu tun bekommt. Die Deutsche Bank wiederum kommt zwar operativ gut klar, muss aber so umfangreiche Rückstellungen bilden, dass sie schon wieder einen Quartalsverlust ausweisen muss.
In den USA hingegen herrscht im Vergleich dazu fast schon heimelige Ruhe. Die US-Zentralbank beendet planmäßig ihre die Konjunktur stützenden Anleihekäufe. Der Ölpreis interessiert drüben ohnehin schon kaum jemanden mehr, da man kaum noch auf Einfuhren angewiesen ist. Und das Vorzeige-Unternehmen Facebook kann einen satten Anstieg beim Quartalsergebnis verbuchen.
Trubel an den Börsen
Bemerkenswert ist, dass der Wirbel in Europa an den Börsen durchaus für Leben sorgt – und das gar nicht nur im schlechten Sinn. Anleger mögen ja bekanntlich keine Unsicherheit, aber zumindest stimmt es, dass ein solcher Zustand für Bewegung sorgt. Wer gerne zockt, der hatte an den europäischen Finanzmärkten in den vergangenen Wochen seine helle Freude. Der Eurostoxx 50 bewegt sich nach einem tiefen Tauchgang wieder steil nach oben. Ähnliches gilt zum Wochenausgang für den Dax, so dass die Analysten schon wieder jubeln.
In einer solchen Stimmung lässt sich eigentlich nur eines mit absoluter Sicherheit sagen: Langweilig wird es zum Ende dieses ereignisreichen Jahres 2014 niemandem werden.