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Geldanlage Achterbahn an der Börse

An den Finanzmärkten steigt die Volatilität. Privatanleger können ihre Portfolios mit einfachen Mitteln gegen Marktschwankungen absichern

Den ganzen Sommer über sah es so aus, als hätten Investoren Valium genommen. Russland und die Ukraine verstrickten sich in Kämpfe. Egal! Islamistische Terroristen übernahmen Teile von Syrien. Unwichtig! Die stimulierenden Maßnahmen der Europäischen Zentralbank verpufften wirkungslos. Gähn! Trotz der Krisen auf der ganzen Welt schwankten die Finanzmärkte im Sommer im Vergleich zu vergangenen Jahren nur sehr wenig. Analysten wunderten sich und prophezeiten, dass sich die Lage früher oder später rapide ändern werde.

Nun ist es soweit: Der Volatilitätsindex VDax schoss im Oktober in die Höhe. Er misst die sogenannte implizite Volatilität, gibt also an, mit welchen Schwankungen im Dax Anleger in der kommenden Zeit rechnen. Auch auf anderen Märkten erwarten Investoren mittlerweile schwere See. Schuld daran seien fallende Aktienkurse und wachsende Renditeunterschiede zwischen einzelnen Anleihegattungen, erklärt Chris Iggo, Rentenspezialist beim Fondsanbieter Axa Investment Managers. Die Finanzmärkte seien Mitte Oktober so volatil gewesen wie zuletzt im Mai 2012, als die US-Notenbank zur Bestürzung der Investoren ankündigte, ihre Anleihekäufe zu drosseln. „Viele Anleger werden deshalb zum Ende des Jahres ihr Risiko reduzieren“, ist Iggo überzeugt.

Trügerische Sicherheit im Sommer

Die Volatilität ist eines der geläufigsten Risikomaße in der Geldanlage. Man entscheidet zwischen impliziter und historischer Volatilität. Erstere ist ein kurzfristiges Maß, das aus dem Preis für Optionen hergeleitet wird und die Volatilitätserwartungen der Marktteilnehmer für die kommenden 30 bis 45 Tage illustriert. Letztere zeigt die Standardabweichung eines Werts – zum Beispiel einer Aktie oder eines Fonds – in den vergangenen Jahren an. Eine hohe historische Volatilität gilt als Warnsignal. Denn je stärker ein Investment in der Vergangenheit geschwankt hat, desto größer ist die Gefahr, dass Anleger, die auf steigende Kurse setzen, in Zukunft Verluste erleiden werden.

Investoren, die zwischenzeitliche Kursstürze nicht aussitzen können oder wollen, haben es in einem stark schwankenden Markt schwer. Die niedrige Volatilität im Sommer habe Anleger in trügerischer Sicherheit gewogen, urteilt Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege beim Fondsanbieter J.P. Morgan Asset Management. Nun kehrten die Finanzmärkte zu einem normalen Schwankungsniveau zurück. „Marktteilnehmer scheinen darauf nicht vorbereitet zu sein“, sagt Galler.

ETFs als Alternative

Dabei ist es gar nicht so schwierig, ein Portfolio gegen Schwankungen zu wappnen. Man kann schon beim Aktienkauf damit beginnen: Vorsichtige Anleger sind mit Titeln aus defensiven Branchen gut bedient. Die Aktienkurse von Stromanbietern und Nahrungsmittelherstellern etwa schwanken vergleichsweise wenig. Der Geschäftserfolg dieser Unternehmen hängt nämlich nicht so stark von der Konjunktur ab wie der von Autobauern oder IT-Firmen. Fonds, die auf defensive Branchen setzen, zeigen dementsprechend meist eine besonders stabile Wertentwicklung.

In den vergangenen Jahren haben mehrere Anbieter börsengehandelter Indexfonds (Exchange Traded Funds, ETFs) Produkte auf den Markt gebracht, die die Volatilität eines Portfolios senken sollen, darunter die französischen Häuser Lyxor und Ossiam. Die ETFs sind so zusammengesetzt, dass sie eine besonders geringe Schwankungsbreite aufweisen. Sogenannte Low-Vola-ETFs investieren nur in Aktien mit niedriger Volatilität und sollen dadurch das Portfolio stabilisieren. Minimum-Varianz-ETFs funktionieren ähnlich. Bei den Produkten sollen eine breite Streuung, eine hohe Liquidität und eine geringe Korrelation der ausgewählten Titel die Wertschwankungen des Portfolios dämpfen.

Geduld kann sich auszahlen

Wer Marktschwankungen fürchtet, sollte allerdings eins nicht vergessen: In der Geldanlage wird nur derjenige mit hohen Renditen belohnt, der bereit ist, Risiken einzugehen. Defensive, schwankungsarme Investments werfen langfristig oft nicht so hohe Erträge ab wie risikoreichere Anlagen. Für Anleger mit Geduld kann es sich deshalb auszahlen, Zeiten mit hoher Marktvolatilität einfach auszusitzen. Börsenguru André Kostolany riet Investoren, Aktien zu kaufen, Schlaftabletten zu nehmen und die Papiere jahrelang nicht mehr anzuschauen. Wer also im Sommer dieses Jahres Valium genommen hatte, tut möglicherweise gut daran, die Volatilitätsprognosen zu ignorieren und noch einmal ein paar Tabletten nachzulegen.

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