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Corona-Krise Das sind nun die wichtigsten Fragen für Anleger

Die Aktienmärkte stehen weltweit wegen der Unsicherheit über die Auswirkungen der Coronavirus-Epidemie unter Druck.
Die Aktienmärkte stehen weltweit wegen der Unsicherheit über die Auswirkungen der Coronavirus-Epidemie unter Druck.
© Gerd Altmann / Pixabay
Der Absturz an den Märkten geht weiter. Nun will auch die EZB gegensteuern, doch wie weit sie das kann, ist ungewiss. Wichtig ist jetzt, dass die Anleger die Nerven behalten. Zum Beispiel, indem sie sich jetzt diese Fragen stellen...

Wenn es so etwas wie einen Krisenindikator gibt, der jedem von uns täglich zeigt, wo das Land in Sachen Corona-Angst gerade steht, dann sind es die Regale der Drogerie- und Supermärkte. Bis zum vergangenen Wochenende lief eigentlich alles noch normal, nur das Handwaschmittel wurde an manchen Stellen knapp. Das konnte man als gute Nachricht deuten: Die Menschen halten sich also offenbar an die Ratschläge der obersten Gesundheitsschützer und Politiker und entdecken als Krisenbekämpfungsmittel das Händewaschen.

Doch seit dieser Woche rüstet man sich offenbar auch in meiner Stadt für einen längeren Aufenthalt zuhause: Küchentücher und Klopapier sind neuerdings restlos ausverkauft. Der Indikator steht also auf Gelb. Nudeln und andere Dauerlebensmittel gibt es immerhin noch genug. Sobald sie knapp würden, würde ich sagen: Das ist Alarmstufe Rot. Dagegen greife ich erst einmal beherzt in ein anderes Regal – in das mit dem Beruhigungstee. Und das würde ich auch jedem Anleger derzeit raten: Trinken Sie zuerst einen Baldrian- oder Lavendeltee und schauen Sie sich dann erst Ihren Depotstand an. Wenn es denn sein muss.

Man könnte in diesen Tagen auch ganz auf den Check des Depots verzichten. Vielleicht wäre das ja das Gesündeste. Dann allerdings dürfte man in einer konzertierten Aktion auch keine Nachrichten mehr hören und keine Kurswebseiten mehr lesen. Spätestens dort nämlich kommt man an Informationen wie „größter Tagesverlust des DAX seit 2008“ gar nicht vorbei, „Handel an der Wall Street wegen Kursstürzen ausgesetzt“ oder liest vom „spektakulären Ölpreisabsturz “, vom „neuen Rekordtief bei den Anleihenrenditen“ oder die Warnung, schon „jedes zweite Unternehmen spürt die Auswirkungen der Corona-Krise“. Angesichts all der Krisenmeldungen fragt man sich unweigerlich: Wie steht eigentlich mein Depot in diesem Marktcrash da? Und was kann ich tun?

Zuerst ein in diesen Tagen seltsam klingender, aber sehr ernstgemeinter Rat: Bleiben Sie ruhig und beantworten Sie erst einmal einige Fragen, bevor Sie beginnen zu handeln. Denn nichts ist in diesen Tagen so schädlich für die Finanzen wie das „Overacting“, also das beherzte „in die Hand nehmen“ des Depots. Das glauben Sie nicht? Dann sehen Sie sich diese Zahlen an: Seit dem 19. Februar, jenem Tag, an dem die Weltgesundheitsorganisation die Erkenntnisse zu Corona in Zahlen zusammenfasste, bis zum Montag dieser Woche verlor ein 50:50-Portfolio – das also zur Hälfte aus einem weltweiten Aktienindexfonds bestand und zur Hälfte aus dem Anleihenindex Barclays Euro Aggregate – rund 10,8 Prozent an Wert. Das ist zwar bemerkenswert, aber wiederum auch noch nicht allzu viel. Was denken Sie, wie sich dagegen die vielgerühmten Robo Advisor schlugen? Also jene automatisierten Geldverwalter, die ja durch das Ausschalten von Emotionen besser handeln sollten, als der Mensch?

Viele von ihnen schichteten tatsächlich größere Depotanteile um und änderten die Aktienquote – auch schon in den Wochen vor dem jetzigen Marktsturz. Was sie dabei herausholten? Sechs von 19 Robos, also gerade mal ein Drittel, waren damit bis Montag besser als die beiden Indizes, also als der Markt. Sie verloren also nur 6,8 bis 9,9 Prozent. Vier von ihnen waren (mit Handeln) genauso gut wie der Markt (ohne). Und neun Robos – fast die Hälfte also – schnitten durch ihre Umschichtungen schlechter ab als das statische Portfolio und fuhren Verluste von 11 bis 18 Prozent ein. Hat sich das Handeln also gelohnt? Das ist eine rhetorische Frage, ebenso wie: Hätte der Mensch es wohl besser gemacht, also die meisten von uns? Vor allem: Hätten wir rechtzeitig gehandelt? Denn gerade in diesen Börsentagen kommt man ja gar nicht mehr hinterher: Am Donnerstag dem 12. März etwa stand der Dax lange bei 9700 Punkten und sackte dann binnen einer Stunde auf 9100 ab. Welcher Anleger reagiert da noch rechtzeitig?

Nun fragen sich einige dennoch: Sollte man nicht in diesen Zeiten trotzdem noch schnell das Depot umstrukturieren und noch diejenigen Gewinne mitnehmen, die man in den letzten guten Jahren gemacht hat? Oder wäre nicht jetzt genau der richtige Augenblick, um sich für Nachkäufe zu rüsten und bei den tiefen Kursen noch ein bisschen Geld nachzuschießen? Grundsätzlich ist der Anfang eines Abschwungs ein guter Moment für die Gewinnmitnahme, ja. Auch wenn natürlich der Höchststand zwischen Januar und Mitte Februar ein ungleich besserer Zeitraum gewesen wäre. Und ein Tiefstand ist auch eine gute Gelegenheit zum Nachkaufen, auch richtig. Die Frage ist nur: Ist der Markt nicht schon zu tief gestürzt, um noch Gewinne zu realisieren? Und ist er wirklich schon weit genug gefallen, um davon ausgehen zu können, dass er bald wieder ins Positive dreht? Momentan, so lautet eine verbreitete Einschätzung von Analysten, ist es für Ersteres zu spät und für Letzteres zu früh.

Denn gerade im Verlauf dieser Woche ist der Dax noch weiter abgestürzt, der amerikanische Dow Jones und der Weltindex MSCI World ebenso. Inzwischen hat der Deutsche Leitindex auf Monatssicht knapp 24 Prozent eingebüßt. Aktuell steht er bei rund 9100 Punkten, das ist das Niveau, das er zuletzt im Februar 2016 gehabt hat. Im Klartext: Anleger haben die Gewinne der vergangenen vier Jahre verloren. Wer im Anfang 2016 in den Markt eingestiegen ist, der hat also, wenn er heute verkauft, die letzten vier Jahre umsonst investiert. Im Grunde kann man sogar noch weiter zurückgehen, denn auch im November 2013 hatte der Dax erstmals bereits die Marke von 9100 Punkten erklommen, bevor er darüber hinausschoss und später wieder bis zu dieser Marke abtauchte. So gesehen wäre die Rendite von sieben Jahren dahin. Bei den Indizes Dow Jones und MSCI World fiele die Wertvernichtung zwar etwas geringer aus, doch auch sie befinden sich jetzt wieder auf dem Stand von 2017 oder 2018.

Die berechtigte Frage ist also: Für wen lohnt sich der Ausstieg zum jetzigen Zeitpunkt wirklich noch? Wer nämlich bereits seit sechs oder sieben Jahren mit einem breiten Aktienfondsinvestment dabei ist, der sollte an diesem Punkt lieber auf künftige Gewinne hoffen (und beim nächsten Aufschwung vorzeitig verkaufen, so lange er noch Gewinne mitnehmen kann), als nach all den Jahren seine Anteile ohne Ertrag zu versilbern und dann auch noch Transaktionskosten dafür zu bezahlen. Das sagt sich so leicht, ich weiß. Aber ich gebe Ihnen später auch noch einen guten Grund dafür, genau jetzt weiterzumachen.

Was ist aber mit jenen, die jetzt bereits auf eine Einstiegsgelegenheit lauern? Auch ihnen sei zur Geduld geraten, denn die jetzigen 24 Prozent Minus werden sicher noch nicht das letzte Wort gewesen sein. Solange das Coronavirus in Europa wütet und so lange in vielen Ländern nicht abzusehen ist, ob sie wohl dem Beispiel von Italien folgen müssen und das öffentliche Leben zum Großteil lahmlegen – um wenigstens das Gesundheitssystem zu schützen, auch wenn es Gift fürs Wirtschaftssystem ist – solange lässt sich auch schwer beziffern, wie groß die Folgen für die Unternehmen letztlich sein werden. Dementsprechend könnten sich auch die Aktienkurse mit neuen Hiobsbotschaften weiter nach unten anpassen. Und in Amerika hat die Corona-Krise ja gerade erst begonnen. Bisher wähnten sich die USA noch halbwegs sicher vor der Krankheitswelle und tatsächlich gaben die Kurse dort auch weniger nach. Der S&P etwas verlor „nur“ 18 Prozent auf Monatssicht. Doch gerade in den vergangenen Tagen ist klar geworden, dass sich die Krankheit auch dort nicht aufhalten lässt und dass vermutlich eher die Fallzahlen bisher zu niedrig angegeben sind. Zumal Amerika viele potenziell Infizierte gar nicht testet und daher kaum weiß, wer das Virus bereits in sich trägt. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass die Börsen dort noch nicht das gesamte mögliche Ausmaß der Krankheitswelle eingepreist haben. Der jetzige Einstieg wäre also verfrüht.

Lieber sollten sich alle Anleger, die ein halbwegs langfristiges Interesse an einer Aktienfondsanlage haben, folgende strategischen Fragen stellen:

Wie ausgewogen war zuletzt mein Portfolio?

Wer sein Depot also aus Gründen der Sicherheit und Stabilität mit einem Mix aus Aktien und Anleihen bestückt hat, wie es die klassische Portfolio-Theorie empfiehlt, der sollte einmal nachrechnen: Lag das Verhältnis von Aktien zu Anleihen im Februar (also noch vor dem Marktabsturz) bei jenem 60:40- oder 50:50-Anteil, der als Grundstrategie angepeilt war? Denkbar ist nämlich, so mahnen Analysten wie Ali Masarwah von der Ratingagentur Morningstar, dass dieses Verhältnis zuletzt gerade durch den stürmischen Marktaufschwung zugunsten der Aktien ein deutliches Übergewicht bekommen hat. Sind die Aktien im Depot also sehr gut gelaufen, so haben sie die Balance im Depot kippen lassen. Damit waren die Anleihen im Gegenzug womöglich stark unterrepräsentiert. Und schon ergibt sich, was demnächst zu tun wäre. Und eines gleich vorweg: Jetzt einige der verbliebenen Aktien zu verkaufen, um alles wieder ins Lot zu rücken und das Risiko vermeintlich zu minimieren, wäre nicht die passende Idee.

Dadurch nämlich würde man eher Verluste realisieren. Vielmehr sollte man abwarten, bis sich der Markt wieder einigermaßen beruhigt hat – und dann Anleihen nachkaufen. Dann nämlich befände sich das Depot bei einem erneuten Wiederaufstieg der Aktien wieder im Gleichgewicht – zumindest wenn die Kurse wieder in ähnliche Höhen klettern, wie sie es zuvor getan haben. Und das hat ja bisher nach jedem Markteinbruch wieder geklappt.

Hatte das Depot hingegen zuvor ein starkes Rentenübergewicht (etwa weil man beschlossen hat, mehr Rentenfonds zu kaufen, die stark von Kursgewinnen bei den Staatsanleihen profitierten), dann hieße de Lektion: Aktien nachkaufen und zwar bald. Aber eben auch erst wieder, wenn absehbar ist, dass der Markt den Tiefpunkt bereits gesehen hat. Bisher gibt es noch kein klares Kaufsignal, da sind sich die allermeisten Analysten und Ökonomen einig. Es wird auch noch einige Wochen dauern. Eine deutliche Erholung in China könnte ein erster Indikator dafür sein, sie wird derzeit ungefähr ab Juni erwartet. In Europa dürfte die Lage also noch eine ganze Weile unsicher bleiben. Wer selbst zuletzt ein ausgewogenes Depot hatte, so wie er es sich ursprünglich vorgestellt hatte, der tut am besten ... nichts. Und wartet ebenfalls bis zur Erholung ab.

Was ist, wenn ich auf 100 Prozent Aktien setze?

Viele Privatanleger gehen auch voll ins Risiko und besitzen lediglich Aktienfonds und Indexfonds. Und gar keine Anleihen oder Rentenfonds. Das ist zwar riskanter, doch aus Sicht der Portfolio-Theorie dennoch vertretbar, wenn Sie Ihr Geld auch über andere Analageformen streuen: Denn sehr viele Bundesbürger sparen mit kapitalbildenden Lebens- und Rentenversicherungen fürs Alter (in denen ja auch zu 80 Prozent Anleihen stecken), sie haben betriebliche Altersvorsorgeverträge (für de das ebenfalls grob gilt) und knapp die Hälfte besitzt Immobilien, die ebenfalls als ausgleichendes Element fungieren, das nicht mit den Börsenkursen schwankt. Und nicht zuletzt – das vergessen auch viele – gibt es noch die gesetzliche Rentenversicherung, die uns im Alter Einkünfte verschafft, die unabhängig vom Auf und Ab der Kapitalmärkte sind. Auch das gilt also im Sinne der Portfolio-Theorie als Anlagenstreuung. Von daher: Wenn Sie selbst Ihr Depot zu 100 Prozent mit Aktienfonds bestücken, werden Sie bitte trotzdem nicht panisch und ändern Sie Ihre Strategie jetzt nicht.

Jedenfalls dann nicht, wenn Sie davon ausgehen, dass der Kapitalmarkt in seiner jetzigen Form und die deutsche oder internationale Wirtschaft insgesamt nach der Rezession wieder gute Jahre vor sich haben werden und dann wieder wachsen. Derzeit bemühen sich die Notenbanken bereits darum, zumindest das Ausmaß des Abschwungs in Grenzen zu halten. Indem sie ankündigen, die Märkte erneut mit Geld zu fluten. Zwar wurde vor allem das Eingreifen der EZB am Donnerstag von vielen Marktbeteiligten als Enttäuschung gewertet: Den Zinssatz ließ die EZB zwar auf derselben Höhe wie zuvor – das heißt: Sie senkte ihn nicht weiter ins Negative ab. Dafür verkündete sie, demnächst wieder in großem Maße Anleihen aufzukaufen – um so notleidende Staaten und Firmen zu stützen. Dafür will sie demnächst wieder die sechsfache Summe dessen ausgeben, was sie zurzeit in die Hand nimmt. Den Aktienanlegern genügte das aber offenbar nicht, sie schickten die Kurse auf Talfahrt. Da muss die europäische Zentralbank noch nachlegen.

Aus der Erfahrung gerade der vergangenen Krise muss man aber auch sagen: 2008 rappelte es zwar die Märkte sehr gewaltig nach unten, um 46 Prozent gaben die Kurse damals auf breiter Front nach. Und nicht wenige dachten damals, das System werde zumindest einen größeren Schaden davontragen, wenn es überhaupt überleben würde. Nach gut einem Jahr war der Absturz aber auch wieder überstanden – was damals nur noch niemand glaubte. All das ist natürlich keine Gewähr dafür, dass es diesmal wieder so kommt. Das Verdauen des Dotcom-Crashs dauert auch immerhin drei Jahre. Daher kommt nun die letzte und entscheidende Frage für Anleger:

Auf welche Zeit ist mein Aktieninvestment angelegt?

Wer heute um die 30 Jahre alt ist, der kann sich ohnehin zurücklehnen. Er wird einerseits noch keine allzu großen Summen angehäuft haben – und hat überdies noch viel Zeit, diese Krise auszusitzen. Wer bereits 40 ist, sollte ebenfalls locker bleiben und weitermachen. Denn 20 Jahre bis zur Rente bleiben auch ihm noch. Für diese Sparer lautet die Parole jetzt: Selbst ein Absturz von 50 Prozent sollte sie nicht nervös machen. Im Gegenteil, das wäre sogar eine glänzende Einstiegsgelegenheit. Wieder mit dem wichtigen Zusatz: Sobald sich die Märkte wieder etwas gefangen haben.

Jeder Jüngere, der mit einem Sparplan spart, der kann sich die sinkenden Kurse schon jetzt zunutze machen: Er kann darüber nachdenken, seine Monatsrate zu verdoppeln. Denn schon jetzt kauft er Fondsanteile sozusagen mit 24 Prozent Preisreduzierung ein. Vielleicht im kommenden Monat noch viel günstiger. Schichtet er also jetzt mehr Geld in den Sparplan, dann macht er sich die kleinen Einkaufkurse zunutze. Später, wenn die Kurse steigen und die Anteile teurer werden, kann er den Betrag ja wieder aufs Normalmaß zurückfahren.
Spannend wird die Frage allerdings für all jene, die nur rund zehn Jahre als Haltezeit ihrer Aktien angepeilt hatten oder noch rund zehn Jahre bis zur Rente haben. Was also gilt für sie? Haben sie eine Chance, die jetzigen Verluste wieder aufzuholen? Haben sie, mit etwas Glück, so sagen es die Zahlen des Deutschen Aktieninstituts: Seit 1970 hätten Anleger, die eine Einmalanlage auf den Dax wagten nur in zwei Zehnjahreszeiträumen nicht mindestens ihren Einsatz herausbekommen. Spätestens nach 13 Jahren aber war dies immer der Fall. Für Sparplananleger gilt nahezu das Gleiche: Auch sie hätten nur zweimal nicht das Ersparte erhalten und sie lagen sogar schon bei 12 Jahren immer auf Plusminus Null oder im positiven Bereich.

Also gilt auch für sie: An den Aktien festhalten, sofern sie im Depot liegen. Vor allem dann, wenn man gerade erst – also beispielsweise im Februar – einen großen Einmalbetrag in den Markt hineingeschichtet hat. Und auch dann, wenn man schon länger Fondssparer war und den rechtzeitigen Ausstieg nun verpasst hat. Was aber ist mit denen, die nun eine größere Summe auf dem Konto haben und zuletzt überlegten, ob sie ihn noch in Aktien investieren? Sollen die dann in ein paar Wochen das Geld auf einmal in den Markt wuppen, wenn sie denken, dass die Zeit gekommen ist? Oder lieber scheibchenweise investieren, um das Risiko zu streuen?
Hier ist eine Statistik von amerikanischen Forschern um Paul Kaplan besonders interessant, sie fragt: Womit fuhren Anleger insgesamt besser, wenn sie das Geld auf einmal in den Markt schichteten? Also auf die Gefahr hin, dabei einen Börsenhöchststand zu erwischen wie zuletzt im Februar 2020. Oder wenn sie es in Tranchen über einen Sparplan anlegten? Wobei ja allgemein gesagt wird, dass sie dann über den Cost-Average-Effekt von Abschwüngen profitieren, weil sie dann billiger Anteile zukaufen. Genau diese Frage nämlich entscheidet sich am Zehnjahreszeitraum:

Die Ökonomen verfolgten die amerikanischen Kurse von 1926 bis heute zurück. Dabei errechneten sie für jeden Zeitraum, wie sich ein Aktieinvestment geschlagen hätte, wenn der Sparer es jeweils nur für kürzere Zeit gehalten hätte (in diesem Fall rechneten sie alle erdenklichen Zeiträume für die Haltedauer von zwei Monaten und bis zu zehn Jahren durch). Das Ergebnis war verblüffend: In 72 Prozent aller Fälle fuhren die Einmalanleger im Schnitt besser. dabei galt: Je länger sie ihre Papiere hielten, desto stärker schlug die Statistik zugunsten der Einmalanlage aus, bei einem Zehnjahreszeitraum erwies sie sich immerhin schon in 90 Prozent der Fälle als die bessere Idee. Nur in zehn Prozent aller Fälle liefen also die Sparpläne besser.

Das lag vor allem daran, so begründen die Ökonomen, dass die Märkte zwischen 1926 und heute so sehr im Aufwärtsdrall waren. Nun muss man aber auch sagen: Gerade in den jüngsten Jahren kam es ja häufiger zu großen Krisen oder Kurseinbrüchen: 2001 der Dotcom-Crash, 2008 die Finanzkrise, auch zwischen 2015 und 2016 sackten die Kurse ja beinahe ein Jahr lang ab. Gilt diese Statistik also wirklich heute noch, wo Krisen immer kurzfristiger aufeinander folgen?

Macht man die „Einmalanlage versus Sparplan“-Rechnung für die jüngsten Jahre auf, dann zeigt sich deutlich das Muster: Wer es schafft, nur in guten Aktienjahren anzulegen, der fährt mit der Einmalanlage besser. Denn der Sparplan bedeutet dann für ihn: Jeden Monat enteilen ihm die Kurse noch ein Stückchen weiter. Und jeden Monat, den er nicht investiert ist, vermehrt sich ein großer Brocken des Kapitals, der noch zurückgehalten wird, eben nicht. Wenn man es also nach dem Absturz schaffen würde, rechtzeitig einzusteigen – und dann für die nächsten Jahre keine weitere Krise käme, hätte man gewonnen.

Denn: Sobald der Anleger ein bis zwei Krisen in dieser Zeit erwischt, schlägt das Pendel zugunsten der Sparplananlage aus. Nun ist sie die bessere Idee, weil er in Krisen günstig zukauft. Und sich gerade diese günstig erworbenen Anteile später stark im Wert vermehren. Das heißt: Jeder, der sich nicht ganz sicher ist, wann der Tiefststand der Kurse gekommen ist oder wie lange der nächste Aufschwung hält – aber trotzdem investieren will, der sollte beherzt einen Sparplan anlegen. Und diesen dann einfach durchziehen. Egal welche Krise da komme. Die Wahrscheinlichkeit, dass er damit nach zehn Jahren im Plus liegt, ist wie gesagt immens groß, nach spätestens zwölf Jahren war es bisher in jedem Fall. Und wenn er noch mehr Zeit hat, gilt ohnehin: Auf lange Sicht gleichen sich die Renditen von Einmalanlegern und Sparplansparern ohnehin an.

Das Gebot der Stunde also lautet: Lehnen Sie sich in Finanzdingen zurück und nehmen Sie den Finger von den Ordertasten. Wenn Sie jetzt unbedingt tätig werden wollen, dann kümmern Sie sich lieber um Ihre Gesundheit: Gehen Sie zum Arzt und lassen sich impfen. Treiben Sie Sport und ernähren Sie sich gut. und kaufen Sie unbedingt mal einen Baldriantee, damit sie es auch wirklich durchhalten.

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