Anzeige

Peter Seppelfricke Die Generation Z – der Bremsklotz für die Konjunktur

Gefährdet die Generation Z unseren Wohlstand?
Gefährdet die Generation Z unseren Wohlstand?
© IMAGO / imagebroker
Die jüngeren Generationen legen die Priorität auf Freizeit und Familie. Die Tragweite dieser gesellschaftlichen Disruption für die wirtschaftliche Entwicklung wird unterschätzt

Reisen bildet – auch ökonomisch. In meinen Studienjahren in den 80er- und 90er-Jahren bereiste ich viele Länder und Kontinente. Man lernt viel über verschiedene Menschen und Kulturen, besonders eindrücklich wird einem vermittelt, dass es sehr viele unterschiedliche Möglichkeiten gibt, nach Wohlstand und Glück zu streben. Mir wurde auch klar, dass in vielen volkswirtschaftlichen Modellen ein wichtiger Faktor stiefmütterlich betrachtet wird: der Faktor Mensch.

Bei ausgedehnten Reisen durch China wurde schnell deutlich, dass dieses Land vor einem beeindruckenden wirtschaftlichen Aufschwung steht. Die Bevölkerung machte einen fleißigen und wissbegierigen Eindruck und sie strebte ehrgeizig nach materiellem Wohlstand. In den Einkaufsstraßen von Schanghai und Peking gab es die ersten Luxusläden und man konnte gut beobachten, dass die Chinesen ein konsumfreudiges Volk sind und ihren wirtschaftlichen Erfolg auch gerne nach außen zeigen.

Wirtschaft wird auch durch Kulturen und Werte beeinflusst

Es war klar, dass sich eine große wirtschaftliche Dynamik entwickeln wird, wenn man die Motivation und Energie dieser Menschen in marktwirtschaftliche Bahnen lenken würde. Dabei hat das Land zudem den großen Vorteil, dass es in großen Teilen sehr fruchtbar ist. Man konnte schon damals ahnen, dass mittelfristig im Primärsektor kaum mehr Arbeitskräfte benötigt sein werden, um ausreichend Nahrungsmittel zu produzieren. Oder im Umkehrschluss: Ein Großteil der Bevölkerung sollte über kurz oder lang in die Städte ziehen, im Industrie- und Dienstleistungssektor arbeiten und die Wirtschaft ankurbeln.

Ganz anders meine Eindrücke in vielen Ländern Afrikas. Weite Landstriche im nördlichen und südlichem Afrika sind sehr unfruchtbar und ein großer Teil der Bevölkerung muss hart arbeiten, um dem Land genügend Nahrung abzuringen. Besonders erstaunlich war aber die Beobachtung, dass diese karge Lebensweise dem Glück der Menschen kaum abträglich schien. Viele Afrikaner verbrachten viel Zeit mit Familie und Freunden und man sah sehr viele spielende und lächelnde Kinder. Konsumsorgen waren diese Menschen nicht wichtig.

Mentalität der Generation Z hat Einfluss auf Wirtschaft

Die Generation Z, zu der die nach 1997 Geborenen gezählt werden, erinnert mich eher an diese Afrikaner. Der berufliche Einsatz und Erfolg stehen bei dieser Generation an zweiter Stelle. Sinnerfüllung und Selbstverwirklichung bestimmen das Denken. Viele von ihnen wollen weniger arbeiten und suchen eher die Geborgenheit im vertrauten Familien- und Freundeskreis. Im Zweifelsfalle wird dem Klimaschutz mehr Gewicht eingeräumt als dem wirtschaftlichen Wohlstand.

Die Konsequenzen dieser massiven soziologischen Disruption für die wirtschaftliche Entwicklung wird unterschätzt. Viele Ökonomen haben bei ihren Konjunkturprognosen häufig die Nachfrage nach Gütern vor Augen. Wahlweise wird betont, dass man über die Stimulation des privaten Konsums (Steuersenkungen, Subventionen) oder des staatlichen Konsums (Ausbau der Staatsschulden), die Anfeuerung der Exporte oder Anreizen für verstärkte Investitionen (im Industrie- und/ oder Bausektor) die Konjunktur ankurbeln kann.

Bei derartigen Argumentationen wird jedoch häufig (unausgesprochen) unterstellt, dass in verschiedenen Bereichen genügen Produktionskapazitäten vorhanden sind, die man nur besser auslasten müsste. Oder einfacher formuliert: Die Angebotsseite für die Gütererstellung wird regelmäßig ausgeblendet.

Die Fokussierung auf die Nachfrageseite führt häufig dazu, dass man die langfristigen Potenziale einer Volkswirtschaft aus den Augen verliert. Die langfristigen Bahnen oder säkularen Trends werden eher von den Produktionspotenzialen vorgegeben. Schon einfachste Analysen der Angebotsseite liefern sehr aufschlussreiche Erkenntnisse. So ergibt sich das Bruttoinlandsprodukt (in konstanten Preisen) auf der Angebotsseite aus der Multiplikation des Arbeitsvolumens mit der Arbeitsproduktivität (siehe Abbildung).

Peter Seppelfricke: Die Generation Z – der Bremsklotz für die Konjunktur

Gen Z läutet lang anhaltende Stagnation ein

Mit dieser simplen Arithmetik lässt sich aufzeigen, dass mit der Generation Z eine nachhaltige/säkulare Stagnation in Deutschland eingeläutet wird.

  1. Schrumpfende Zahl an Beschäftigten: Gemäß Erwerbspersonenvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes wird sich der Zahl der Erwerbspersonen (ohne Einwanderung) von heute ca. 45,7 Millionen auf etwa 27 Million im Jahr 2060 vermindern! Das entspricht einem jährlichen Rückgang von etwa zwei Prozent per annum. Bei einem optimistischen Einwanderungsszenario beträgt der Rückgang etwa ein Prozent p.a..
  2. Stagnierende Frauenerwerbsquote: Die stetig steigende Frauenerwerbstätigkeit hat in den vergangenen Jahren Jahrzehnten enorm das Wirtschaftswachstum beflügelt. Die Frauenerwerbsquote hat jedoch gerade den Zenit überschritten und wird in den kommenden Jahren wohl etwas stagnieren.
  3. Geringere Arbeitsneigung: Schon heute wird in Deutschland deutlich weniger gearbeitet als in vielen anderen Ländern. Im Jahr 2021 kam die Bundesrepublik auf eine durchschnittliche Jahresarbeitszeit von gerade einmal 1.349 Stunden je Erwerbstätigen – der OECD-Schnitt lag bei 1.716 Stunden (Quelle: OECD). Angesichts von angeregten Diskussionen über eine 4-Tage-Woche scheinen weitere Reduzierungen realistisch.

In Deutschland kann in den kommenden Jahrzehnten deshalb bestenfalls eine wirtschaftliche Stagnation erwartet werden. Das schrumpfende Arbeitsvolumen kann durch die steigende Produktivität in etwa kompensiert werden. Das gilt aber auch nur, wenn die zahlreichen strukturellen Probleme in Deutschland (hohe Energiepreise, Fachkräftemangel, überbordende Bürokratie etc.) gelöst werden.

Die Übergangsphase wird unangenehm

Nach Abschluss dieser einschneidenden gesellschaftlichen Transformation (sarkastisch: wenn die Babyboomer ausgestorben sind) wird Deutschland möglicherweise eine zufriedenere Bevölkerung aufweisen. Die Übergangsphase wird aber sehr garstig werden: Heftige Generationenkonflikte und zunehmende Spaltungen in der Gesellschaft scheinen unausweichlich.

Man darf sehr skeptisch sein, ob die „chillige“ und kleine Bevölkerungsgruppe der Generation Z die zahlreichen Menschen im Renten- und Pensionsalter zur allgemeinen Zufriedenheit durchfüttern wird. Laut Prognosen des IW Köln werden im Jahre 2030 einem Rentner nur noch 1,5 Beitragszahler gegenüberstehen. Mit Argumenten für den Klimaschutz hat man die passende Rechtfertigung für die Verminderung von Transferzahlungen auch schon parat.

Folge: Umfassende Wohlfahrtsverluste der älteren Generation

Die älteren Generationen sollten sich folglich in den kommenden Jahren auf herbe Wohlfahrtsverluste gefasst machen. Sie dürften kaum mehr ausreichend durch die arbeitende Bevölkerung alimentiert werden. Darüber hinaus wird die anhaltende Inflation an den schwindenden Renten und Pensionen zerren. Das geringere Angebot (aufgrund des sinkenden Arbeitsvolumens) dürfte bei satter Nachfrage (die nicht arbeitende Bevölkerung wird trotzdem konsumieren) den Preisdruck weiter befeuern. Zudem verfügt die Generation Z über ausgezeichnete Verhandlungspositionen bei Gehaltsverhandlungen – eine Verstetigung der Lohn-Preis-Spirale wird die Folge sein.

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel