Vor zwei Jahren rutschten die Anleihenmärkte in den Keller. Die Illusion vieler Anleger durch das stetige Einkommen ihrer Anleihen kehrte sich brutal um, die Skepsis in diese Anlageform stieg. So beschreibt Christian Kopf, Head of Fixed Income bei Union Investment, die Situation der Rentenmärkte im Jahr 2022 auf dem Vermögensaufbau-Gipfel von Capital. Doch im gegenwärtigen Umfeld spreche wieder viel für Renten, sagt er. Die negative Korrelation zwischen Aktien und Renten, die 2022 so schmerzlich vermisst wurde, sei nun zurück.
2022 verzeichneten die Rentenmärkte die höchsten Verluste seit dem Zweiten Weltkrieg. Bei genauerem Hinsehen sei das nicht so unerwartet gekommen, wie viele meinen, erklärt Kopf. Der Grund: Rendite und Kurs bewegten sich bei Anleihen gegenläufig. Durch das Anheben des Leitzins durch die EZB seien die Renditen für Anleihen gestiegen, die laufende Verzinsung sei aber immer weiter gefallen. „Man hat nicht gemerkt, dass die Anleihen so wenig abwerfen, weil es immer noch Kursgewinne gab, die die niedrige Verzinsung übertüncht haben“, sagt Kopf. „Sie haben uns die Illusion gegeben, wir hätten eine schöne Anlage – hatten wir aber nicht.“
Denn neue Anleihen mussten mit höheren Coupons ausgegeben werden – frustrierend für alle mit Altanleihen, deren Kurs fiel. Anders als bei Aktien sei aber zumindest nicht viel verloren, weil Anleihen am Ende ihrer Laufzeit wieder beim Nennwert tilgen. „Das Schöne an Anleihen ist, dass wir genau berechnen können, was wir am Ende für einen Ertrag haben werden“, sagt Kopf. Festverzinsliche Wertpapiere seien berechenbar. „Sie gehen am Ende wieder hoch auf Pari.“
Anleihen müssen „rein mathematisch“ Gewinne abwerfen
Nun könnten viele seiner Kunden es kaum erwarten, wieder aus ihren Anleihen auszusteigen. Kopf hält das jedoch für den falschen Ansatz. 2024 sei ein gutes Jahr für die Anleihemärkte, da die laufende Verzinsung wieder höher ist als die Renditen. Bis Mitte nächsten Jahres erwartet die Union Investment eine Senkung des Einlagezins der EZB auf 2,25 Prozent. Daher stünden Anlegern nun „rein mathematisch“ Kursgewinne bevor. Jetzt, wo die Zinswende im vollen Gange sei, sollten sie die Laufzeit ihrer Rentenpapiere im Portfolio verlängern.
Durch die rückläufigen Renditen auf europäische Unternehmensanleihen hätten Anleihen in den vergangenen zwölf Monaten bereits einen Gewinn von 9,6 Prozent abgeworfen. „Gerade wenn man bei hohen Renditen einkauft, gibt es einen nahezu garantierten Gewinn“, sagt Kopf. In dieser Phase fallender Zinsen empfiehlt er außerdem auf länger laufende Anleihen zu setzen und etwa den bisherigen Bar-Anteil im Portfolio nun dafür zu investieren – aber ohne zu spekulieren.
Lieber solle man auf die soliden, bonitätsstarken Unternehmen setzen, die man aber jetzt für ein Vielfaches der vorherigen Renditen kaufen könne.