Es sind düstere Aussichten, die Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Mittwoch in Berlin präsentierte: Statt dem erhofften Wachstum von 0,3 Prozent wird die deutsche Wirtschaft ihren Schrumpfkurs wohl fortsetzten, insgesamt soll das Bruttoinlandsprodukt dieses Jahr um 0,2 Prozent zurückgehen.
Faktisch tritt die deutsche Wirtschaft damit seit fünf Jahren auf der Stelle; die Politik steht unter Handlungsdruck. Aber wie könnten mögliche Strategien gegen den Stillstand aussehen? Darüber diskutierten die beiden Ökonomen Lars Feld und Sebastian Dullien am Donnerstag auf dem Capital-Vermögensaufbaugipfel in Frankfurt.
„Toxisches Gemisch aus überhöhten Kosten“
Nach Einschätzung von Lars Feld, Direktor des Walter-Eucken-Instituts in Freiburg und Berater von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), bestünden viele der aktuellen Probleme schon seit der Finanzkrise 2008/2009.
„Die deutsche Wirtschaft sieht sich einem toxischen Gemisch aus überhöhten Kosten gegenüber“, sagte Feld. Etwa bei Löhnen, Energie, Bürokratie und der Steuerbelastung. Das Land habe ein „kräftiges Standortproblem“. Der Staat müsse jetzt gegensteuern, indem er attraktivere Rahmenbedingungen für Investitionen schaffe.
Reform der Schuldenbremse?
Dieser Analyse widersprach sein Kollege Sebastian Dullien, Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). Die hohen Kosten allein würden die derzeitige Lage nicht erklären. Vielmehr seien die Gründe für den Abschwung vor allem „in den massiven geopolitischen Verschiebungen“ seit der Corona-Krise zu suchen, etwa als Folge des „brutalen Energiepreisschock“.
Ein weiteres Problem sei die Schuldenbremse: „Wir brauchen dringend mehr Investitionen, um das Wachstum anzukurbeln", forderte Dullien. Als Lösungsansatz schlug er ein groß angelegtes, öffentliches Investitionsprogramm in Höhe von 600 Mrd. Euro über die nächsten zehn Jahre vor.

Ökonom Lars Feld: „Wir haben schlechte Rahmenbedingungen“
Ökonom Lars Feld hielt dagegen: „Die Vorstellung, die Probleme einfach nur mit einer expansiven Fiskalpolitik und Konjunkturimpulsen zuzuschütten, ist meines Erachtens verfehlt.“ Staatliche Subventionen, die bestimmten Unternehmen oder Branchen zugutekommen, halte er für gefährlich. „Es ist nicht die Aufgabe des Staates, die richtigen Technologien auszuwählen“, so Feld. Stattdessen forderte er langfristige Strukturreformen, die die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stärken sollen.
Einig waren sich beide Ökonomen, dass Deutschland vor immensen geopolitischen Herausforderungen stehe, die das Geschäftsmodell der Exportnation unter Druck setzen. Zudem stimmten sie in dem Punkt überein, dass Deutschland im internationalen Wettbewerb zurückfalle – und Maßnahmen dringend notwendig seien.