Die gesetzliche Unfallversicherung deckt Schäden während der Arbeitszeit und auf dem direkten Weg dorthin – nicht aber in der Freizeit. Dabei passiert ein Großteil der Unfälle genau dann: 63 Prozent der Unfälle bei erwachsenen Männern und 82 Prozent der Unfälle bei Frauen finden außerhalb der Arbeitszeit statt, hat das Robert-Koch-Institut ermittelt. Für diese Fälle gibt es private Unfallversicherungen. Sie decken akute und langfristige medizinische Folgen eines Unfalls ab und beinhalten je nach Leistungsumfang Bergungskosten, Krankenhaustagegeld und eine Unfallrente. Der monatliche Beitrag richtet sich nach diesem Leistungsumfang, Alter, Grundsumme im Schadensfall und der sogenannten „Progression“ – also um wie viel sich der Auszahlungsbetrag erhöht, wenn der Versicherte schwere Schäden zurückbehält.
Viele Versicherungen bieten zudem den Zusatzbaustein Beitragsrückgewähr an und werben mit einer „garantierten Beitragsrückzahlung“ oder einer „Geld-zurück-Garantie“. Die Idee dahinter klingt verlockend: Kunden sind gegen Unfallschäden versichert und sparen zeitgleich Geld für die Zukunft an. Außerdem wird mit dem Begriff „Beitragsrückgewähr“ nahegelegt, dass man die eigenen Beiträge wieder zurückbekommt. Hier lohnt es sich, genauer hinzusehen.
Bei einer Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr kombinieren Kunden ihre Unfallversicherung mit einer kapitalbindenden Sparanlage. Das heißt: Ein Teil der eingezahlten Beiträge dient dem Versicherungsschutz, den anderen legt der Versicherer am Kapitalmarkt an und garantiert einen bestimmten Zinssatz. Wirft das angesparte Kapital einen Gewinn ab, spricht man von einer Überschussbeteiligung. Diese fällt aufgrund der risikoarmen Anlageformen in der Regel jedoch sehr gering aus. Der vielleicht wichtigste Punkt: Anders als der Name „Beitragsrückgewähr“ vermuten lässt, erhalten die Versicherten nicht ihre vollständig gezahlten Beiträge zurück, sondern lediglich den Netto-Sparanteil – also Beitragssatz minus Kosten für die Versicherung. Laut Online-Vergleichsportal Check24 verlangen die Versicherer dafür Beiträge, die vier- bis fünfmal höher sind als jene einer herkömmlichen Unfallversicherung.
Das Geld besser selbst anlegen
Hier eine Beispielrechnung der R+V Versicherung: Ein 30-Jähriger schließt eine Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr und einer Laufzeit von 25 Jahren ab. Die monatlichen Beiträge belaufen sich auf 75 Euro. Der Unfallschutz umfasst eine Grundsumme von 62.800 Euro, eine Progression von 400 Prozent und eine monatliche, lebenslange Rente in Höhe von 500 Euro. Nach Ablauf der Vertragszeit erhält der Versicherte garantiert 17.639 Euro. Die mögliche Kapitalleistung inklusive Überschussbeteiligung beträgt 23.825 Euro.
Für eine Unfallversicherung ohne Beitragsrückgewähr, aber mit dem gleichen Versicherungsschutz werden bei der R+V Versicherung monatlich 15 Euro fällig. Die herkömmliche Unfallversicherung kostet also lediglich ein Fünftel des Tarifs mit Beitragsrückgewähr. Der Versicherte spart 60 Euro pro Monat. Dieses Geld könnte er nun ganz einfach selbst anlegen – beispielsweise auf ein kostengünstigeres Festgeldkonto oder gewinnbringend in den MSCI World investieren. Der ETF-Klassiker kam in den vergangenen 20 Jahren auf eine jährliche Rendite von 6,52 Prozent. Ein Sparplan mit einem monatlichen Beitrag von 60 Euro und einer Laufzeit von 25 Jahren verspricht eine Sparleistung inklusive Rendite von insgesamt 43.776 Euro. Zieht man jetzt noch die Versicherungskosten ab, das sind die monatlich 15 Euro beziehungsweise insgesamt 4542 Euro, ergibt das ein Endkapital von 39.234 Euro. Sparer kommen so auf ein Plus von mehr als 15.000 Euro.
Hinzu kommt ein weiterer Nachteil bei der Geldanlage über eine Versicherung: Sie ist unflexibel. Versicherte sind oft jahrelang an das Versicherungsprodukt gebunden. Wollen sie früher an ihr angespartes Geld, müssen Versicherungsnehmer je nach Vertrag einen deutlichen Aufschlag zahlen. Sie können auch nicht zwischendurch einfach den Versicherer wechseln, wenn ihnen die Leistungen nicht mehr genügen sollten. Auch ein wichtiger Punkt: Einzelne Versicherungsverträge sehen vor, dass der Anspruch auf die Kapitalanlage erlischt, sollte der Versicherte sich verletzen und die Versicherung in Anspruch nehmen. Dann geht das gesparte Geld auf die Versicherung über. Jeder Vertrag muss also individuell geprüft werden.
Für Versicherte kann es daher Sinn machen, selbst tätig zu werden und Sparen und Risikovorsorge zu trennen. Viele Banken bieten monatliche ETF-Sparraten bereits ab Beträgen von 25 Euro an. Dafür verlangen sie keine oder nur sehr geringe Gebühren. Ist in einem Monat mal kein Geld da, können Sparer die Zahlung aussetzen oder einen Teil ihrer Geldanlage verkaufen. Sie können zwischendrin Einmalzahlungen leisten und jederzeit den monatlichen Beitrag erhöhen.