Capital: Herr Krautzberger, was bedeutet die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten für den Anleihemarkt?
MICHAEL KRAUTZBERGER: Trump ist ganz klar ein Strukturbruch am Anleihemarkt. Der Markt hat bereits vor der Wahl im November angefangen dies einzupreisen und hat den Abverkauf somit vorweggenommen, mit der Folge steigender Renditen insbesondere bei längeren Laufzeiten.
Was meinen sie mit Strukturbruch?
Bis zur Wahl gab es für Investoren einen klaren Pfad der Zentralbank in Richtung Zinssenkungen. Die Federal Reserve war in einer Entspannungsphase nach den Notzinserhöhungen zum Bekämpfen der erhöhten Inflation. Zu diesem Zeitpunkt war der Abstand des Leitzinses zum neutralen Zins, bei dem die Geldpolitik weder expansiv noch kontrahierend wirkt, recht groß und alle haben Zinssenkungen erwartet.
Und dann kam Trump.
Genau, Trump hat quasi Nebelkerzen geworfen, der Pfad der Wirtschaft ist angesichts seiner drastischen Politikankündigungen und Politik nicht mehr klar. Die Fed muss jetzt wie ein Schiff im Nebel deutlich langsamer fahren und das Tempo ihrer Zinssenkungen deutlich reduzieren und dabei im nächsten Halbjahr einige Pausen einlegen. Wir rechnen für dieses Jahr mit zwei weiteren Zinssenkungen auf vier Prozent.
Die langsameren Zinssenkungen klingen nicht gut für Anleiheinvestoren, fallende Zinsen bringen schließlich Kursgewinne bei Bonds mit sich.
Sie haben Recht, die Stimmung am Markt ist noch schlecht, aber nach den Kursverlusten im Spätherbst sind die Anleihemärkte gut bewertet. 2025 dürfte ein gutes Jahr für Bonds-Investoren werden.
Wie sollte man investieren?
Die langen Laufzeiten sind jetzt sehr günstig zu haben. Man sollte überlegen, seine kurzen in längere Laufzeiten zu überführen, um sich die Cashflows der Bonds zu sichern. Am kurzen Ende werden die Renditen mit fallenden Zinsen sinken. Alles in allem sind Anleiheprodukte wieder viel attraktiver als noch vor wenigen Jahren.
Also eine Normalisierung der Kurve mit niedrigen kurzen und hohen langen Renditen?
Begrifflich ist das richtig. Aber am kurzen Ende waren die Zinsen zwischenzeitlich so hoch wegen der Leitzinsanhebungen der Notenbanken im Kampf gegen die Inflation. Am langen Ende wirkten die hohen Leitzinsen nicht so stark.
Was erwarten Sie von der Europäischen Zentralbank?
Die EZB wird wahrscheinlich ein bisschen stärker senken als die Fed. Hier bei uns in Europa ist eher das schwache Wachstum ein Problem als die Inflation. Solange die EZB weiterhin überzeugt ist, dass sie auf mittlere Sicht, also etwa zwei Jahre, ihr Inflationsziel von zwei Prozent erreicht, wird sie weiter senken. Für dieses Jahr rechnen wir mit Zinssenkungen in der Eurozone auf etwa zwei Prozent.
Zuletzt haben sich viele Investoren sorgen um die Bonität Frankreichs gemacht, wie wirkt sich das aus?
Die Bedenken rühren nicht so sehr von der hohen Verschuldung Frankreichs her. In Europa sollte man sich über die Höhe der Verschuldung eher Gedanken über Italien machen. In Frankreich fürchten Investoren vielmehr eine Phase mit extrem schwachen Regierungen, die nicht willens oder in der Lage sind, notwendige Reformen anzupacken. Das äußert sich in einer politischen Risikoprämie für französische Staatsanleihen, weshalb sich deren Rendite in die Nähe italienischer Niveaus entwickelt hat.