Rezessionsängste setzen den Papieren vieler Autobauer zu. Anleger sorgen sich, die zyklischen Werte könnten in den Wintermonaten unter die Räder kommen. Doch ein prüfender Blick in die Quartalsberichte der Branche zeigt: Überbordender Pessimismus ist unbegründet. Trotz steigender Energiekosten und des anhaltenden Chipmangels fahren viele von ihnen hohe Gewinne ein. Insbesondere in der Luxussparte schaffen es die Premium-Marken, erfolgreich höhere Preise durchzusetzen. Die gut betuchte Käuferschicht scheint mehr Geld für Luxus-Sportwagen auszugeben als je zuvor. Paradebeispiele: Porsche.
Die Volkswagen-Ertragsperle erwirtschaftete in den ersten neun Monaten dieses Jahres ein Umsatzplus von fast 16 Prozent auf 26,7 Mrd. Euro. Der operative Gewinn sprang gar um rund 40 Prozent auf mehr als 5 Mrd. Euro, der Nettogewinn pro verkauftem Fahrzeug legte dementsprechend von 12.434 Euro auf 16.664 Euro zu. VW hat Porsche erst Ende September an die Börse gebracht. Schon jetzt zählt der Sportwagenproduzent als heißer Dax-Anwärter. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis der erwarteten Gewinne beträgt schon recht hohe 18,5.
Die Porsche-Notierung könnte VW nun als Blaupause dienen: Seit dem deutschen Mega-IPO brodelt die Gerüchteküche um weitere potenzielle Börse-Kandidaten aus den Reihen der Wolfsburger Muttergesellschaft. Die Gerüchte haben einen wahren Kern: VW hat schon Ende Oktober einige seiner Tochtermarken dazu aufgefordert, eine virtuelle Equity Story zu erarbeiten. Das ist eine Aufschlüsselung der wichtigsten Finanzkennziffern und Unternehmensstrategien. Ein solches Kapitalmarkt-Konzept richtet sich typischerweise an Investoren, Analysten und Kreditinstitute. Die Ergebnisse will Europas größter Autokonzern bei einem Kapitalmarkttag im nächsten Jahr präsentieren.
Börsenkandidat Lamborghini
Im Gespräch sind etwa die beiden Luxus-Marken Bentley und Lamborghini. Insbesondere Lamborghini gilt als verheißungsvoller Kandidat. Der Sportwagenbauer erzielte in den ersten neun Monaten des Jahres Umsätze in Höhe von 1,9 Mrd. Euro – ein Plus von 30 Prozent, verglichen mit dem Vorjahr. Der Betriebsgewinn kletterte um beinahe 70 Prozent auf 570 Mio. Euro. „Alle Zahlen sind Rekordzahlen“, sagte Lamborghini-CEO Stephan Winkelmann stolz bei der Präsentation der Zwischenbilanz Anfang November.
Ob die Tochterfirmen im aktuell schwierigen Umfeld schnell den Weg an die Börse finden, gilt als recht unwahrscheinlich. Anleger sollten das VW-Markenportfolio aber nicht außer Acht lassen. Das US-Analysehaus Bernstein Research hat die Einstufung für Volkswagen am 6. November auf „Market-Perform“ mit einem Kursziel von 160 Euro belassen. Die Nische der Luxusautos biete attraktive Renditen und interessante Chancen, schreibt Analyst Daniel Roeska in seiner Studie.
Beim Thema Premium-Fahrzeuge darf eine Luxus-Ikone nicht fehlen: Ferrari. Auch bei den Italienern läuft es rund: Ferrari produziert deutlich weniger Autos als Porsche, erzielt allerdings nochmal höhere Margen: Die Traditionsmarke aus Maranello kommt auf einen Nettogewinn je Auto von überragenden 72.569 Euro. Ferrari hat seine Prognose für das Gesamtjahr angehoben und rechnet aktuell mit einem Umsatz von 5 Mrd. Euro. Das sind nicht nur 17 Prozent mehr als 2021, sondern auch fast ein Drittel mehr als vor der Pandemie. Mit einem erwarteten KGV von 40 ist Ferrari ebenfalls schon sehr teuer.
Einer der größten Wettbewerber von Ferrari ist die zu BMW gehörende Luxusauto-Marke Rolls Royce. Die US-Investmentbank Goldman Sachs hat die Einstufung für BMW nach einer Investorenveranstaltung auf „Buy“ mit einem Kursziel von 80 Euro belassen. Die Karossen seien so etwas wie die Krone unter den Luxusfahrzeugen, schrieb Analyst George Galliers. Der mittlere Verkaufspreis je Fahrzeug sei unübertroffen, selbst Ferrari und Bentley lägen darunter. Allerdings gibt es vonseiten BMW keine offiziellen Angaben dazu, ob ein Börsengang der Luxus-Marke geplant ist. Das Mutterhaus BMW kommt übrigens derzeit auf ein Schnäppchen-KGV von 3 (2022e).
Abzuwarten bleibt, wie sich die etablierten Konzerne langfristig im Kampf gegen Tesla und andere junge Elektro-Autobauer bewähren werden, die ebenfalls ins Luxussegment drängen. Daniel Roeska von Bernstein Research zeigt sich zuversichtlich: Breit aufgestellte Hersteller wie Rolls-Royce unter dem Dach von BMW, Porsche, Lamborghini und Bentley bei VW oder auch Mercedes-AMG hätten reichlich finanziellen Spielraum, um die benötigten F&E-Aufwendungen im Bereich der Elektrifizierung zu stemmen. Und günstiger als Tesla sind die Aktien der etablierten Marken allemal.