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Aktien Party ohne Gäste beim 30. Dax-Geburtstag

Runder Geburtstag: Törtchen mit kleinen Fähnchen und Aufschrift „30 Jahre Dax“ werden auf dem Parkett der Frankfurter Börse angeboten
Runder Geburtstag: Törtchen mit kleinen Fähnchen und Aufschrift „30 Jahre Dax“ werden auf dem Parkett der Frankfurter Börse angeboten
© dpa
Der Dax wird 30 Jahre alt. Und wie es bei runden Geburtstagen immer so ist, zieht der Jubilar Bilanz. Er hat eine Zeit der Höhen und Tiefen erlebt, ist aber im Grunde ein sehr beständiger Zeitgenosse. Über eines aber wundert er sich dann aber doch...

Stell Dir vor, jemand feiert eine Party zu seinem 30. Geburtstag und niemand geht hin. Das wäre nicht nur eine traurige Veranstaltung, sondern es würde auch heißen, dass der Jubilar demnächst wohl ziemlich lang davon zehren kann, all die Verpflegung, die er für die Gäste gekauft hat, selber zu vernichten. Oder er muss sie irgendwie anderweitig verschenken. So ähnlich geht es dem deutschen Leitindex Dax. Er feierte Anfang Juli genau diesen 30. Geburtstag. Seit dem 1. Juli 1988 gibt es ihn nun schon und genauso lange können Anleger – groß wie klein – in diesen Index investieren. Allein, es tun nur sehr wenige und nur die allerwenigsten Privatsparer haben es laut Eigenaussagen demnächst vor. In den nächsten drei bis vier Monaten jedenfalls planen es nur vier Prozent der Befragten, wie eine aktuelle Emnid-Umfrage zeigt.

Sie fragte breit, also sowohl nach der Absicht neues Geld in Aktien anzulegen als auch in Fonds. So gesehen ist es extrem wenig, denn es hieße, dass höchstens vier von 100 deutschen Privatanlegern einen Fondssparplan hätten. Außerdem ist von der Gesamtzahl der Dax-Aktien bekannt, dass sie ebenfalls nicht gerade in der Hand hiesiger Anleger sind. Nicht einmal die Hälfte aller Dax-Papiere ist aktuell in deutscher Hand, und davon wiederum wird nur ein sehr kleiner Teil von Kleinanlegern gehalten. Ausländische Großinvestoren und Gesellschaften sind diejenigen, die diese Papiere unter sich aufteilen.

Nun kann man die Zurückhaltung der Kleinsparer einerseits verstehen. Schließlich stand der Leitindex vor ein paar Monaten so hoch wie noch nie, dümpelte dann etwas unentschlossen seitwärts herum und legte zuletzt den Rückwärtsgang ein. Die Angst vor einem größeren Abwärtstrend ist groß. Und angesichts neuer Konjunkturzahlen und weltpolitischer Unsicherheiten auch nicht unberechtigt. An dieser Stelle kommt jedoch das große „Aber“.

Geschichte eines langen Aufstiegs

Sie haben Angst vor der Börse und dem Aktienmarkt, weil beides so stark schwankt? Dann sehen Sie sich die Kurve des Dax einmal an – und zwar genau über diese 30 Jahre, die er mittlerweile besteht. Dann wird nämlich klar: Richtig viele Schwankungen hat es seit 1988 gar nicht gegeben. Und größere Abschwünge auch nur zwei, nämlich beim Platzen der Dotcom-Blase 2000/2001 und bei der Finanzkrise von 2008. Und, zugegeben, wenn man sich den Chart augenblicklich ansieht, weiß man wirklich nicht, ob der jüngste Drall nach unten eher eine längere Angelegenheit wird oder eine kürzere. Im Grunde ist die Geschichte des Dax aber über weite – sehr weite – Strecken die Geschichte eines langen Aufstiegs.

Was das in Zahlen bedeutet? 8,3 Prozent, so viel Wertentwicklung war in den vergangenen 30 Jahren drin. Und zwar nicht maximal, sondern jedes Jahr – Jahr für Jahr. Jedenfalls wenn man den Durchschnittswert aller 30 Dax-Jahre ermittelt. Das ist eine beachtliche Leistung und liegt auch noch über den Durchschnittswerten, mit denen viele Finazberater beim Verkauf von Aktiensparplänen und ETF-Entwicklungen rechnen. Dort nennt man üblicherweise sechs bis sieben Prozent als mögliche Rendite. Bei 8,3 Prozent kann man nun wirklich nicht mehr sagen, dass sich für Anleger heutzutage keine Rendite mehr erzielen ließe.

Ok, dieser Wert bezieht sich auf sämtliche Jahre seit Beginn, wie sah es also jüngst aus – angesichts der beiden großen Abstürze des Dax seit der Jahrtausendwende? Da ergibt sich ein zweigeteiltes Bild: Wer das Pech hatte, im Crashjahr 2000 einzusteigen, als der Dax bei 6400 Punkten stand, der hat tatsächlich eine aufregende Berg-und-Tal-Fahrt hinter sich. Für den dauerte es bis 2012, bis sein Portfolio aus Dax-Aktien wieder jenen Stand erreichte – und dann nachhaltig über den Einstiegspunktestand hinaus preschte. Heute steht der Index bei immerhin rund 12.500 Punkten. Also fast doppelt so hoch wie damals. Wer erst etwas später den Aktienmarkt für sich entdeckte und sich eben von jenem Absturz nicht abschrecken ließ, wer also erst 2003 einstieg, der kann sich heute sogar über eine jährliche Rendite von über zehn Prozent freuen.

Ein langer Atem ist gefragt

Nun sind zwölf Jahre der Seitwärtsbewegung eine lange Zeit. Und niemand hofft, dass sich solche Phasen öfter wiederholen. Umgekehrt lautet die Bilanz des deutschen Aktienindex aber auch: Kein Anleger, der über einen Zeitraum von 15 Jahren sein Geld in diesen Index steckte, hat einen Verlust eingefahren. Und hier ist wirklich die breite Indexanlage gemeint, also mit einem Dax-Fonds oder noch besser, mit einem Dax-Indexfonds, also einem ETF, der tatsächlich den Dax-Stand eins zu eins nachbildet.

Vielleicht muss man es auch einmal in diesen Zahlen ausdrücken: Wer seit Juli 1988 jeden Monat den Betrag von 50 Euro in den Leitindex investierte, der hat insgesamt einen Betrag von 18.000 Euro eingezahlt, aber er besitzt heute Papiere im Wert von 65.000 Euro. Er hat also 47.000 Euro hinzugewonnne, ohne sehr viel dafür getan zu haben. Hätte er das Geld gesammelt als Einmalanlage eingezahlt, wäre sein Vermögen sogar noch erheblich größer – durch den enormen Zinseszinseffekt wären dann rund 169.000 Euro zusammengekommen. Kumuliert 943 Prozent Wertzuwachs. Wäre das nicht ein Anreiz, die Sache mit der Aktienzurückhaltung zu überdenken und sich auf jene Hälfte der Anleger zu schlagen, die auf den Dax vertrauen?

Natürlich weiß niemand, welche Rendite in 30 Jahren tatsächlich herausspringen wird. Aber ist es wahrscheinlich, dass sich solche Zahlen völlig verschieben oder gar komplett zerlegen? Wohl nicht. Schließlich ist der Deutsche Aktienindex so etwas wie ein „Best of“ der deutschen Wirtschaft und bildet genau die Börsenbewertungen jener Firmen nach, die unsere heimische Wirtschaft treiben. Es sind zurzeit 30 Unternehmensschwergewichte, die dort vertreten sind. Und ihre Zusammensetzung ändert sich, je nachdem wie gut die Geschäfte der Firmen langfristig laufen. Früher zum Beispiel waren mehr Unternehmen der Schwerindustrie im Dax. Inzwischen sind an ihrer Stelle mehr Technologieunternehmen vertreten, zum Beispiel SAP und Infineon.

Drei Regeln für Dax-Anleger

Derzeit denken viele darüber nach, den Index breiter aufzustellen und insgesamt 40 Unternehmen aufzunehmen. Das wäre sogar von Vorteil, finden viele Branchenanalysten. Es hieße nämlich, dass noch mehr Technologiewerte darin vertreten wären, ebenso wie Immobilienfirmen. Also auch mehr innovative Firmen. Sie würden auch das Übergewicht der Automobilindustrie abmildern, das zurzeit im Index herrscht. Dadurch wäre die Basis des Index noch breiter, was ihm einen guten Vortrieb verleihen würde, wenn die Börsen gut laufen. Denn dann sorgen die Innovationsfirmen für kräftigen Schub. Was aber auch den Abschwung einzelner Branchen weniger durchschlagen lassen würde. Dann könnten die Autoaktien den Dax insgesamt weniger stark in die Tiefe ziehen als derzeit.

Was ist also nun die Lehre, die Analysten aus 30 Jahren Dax ziehen? Langfristig gesehen wäre für Anleger ein einfaches Dax-Investment eine der einfachsten Angelegenheiten, um auf die Zukunft zu setzen und auf Rendite zu hoffen. Man muss also auch gar nicht groß in die Ferne schweifen oder sich durch die Bestenlisten von Fonds scrollen. Sofern sie Folgendes beherzigen:

  • Erstens: Man kann zwar versuchen, durch richtiges Markttiming auf einen Schlag jene 18.000 Euro am Markt zu platzieren. Clever ist es aber nicht. Denn raucht der Markt morgen, nächste Woche oder in einem Jahr wieder ab, so wartet man unter Umständen wieder zwölf Jahre darauf, dass das Depot wieder den Ursprungswert erreicht hat. Schichtet man dagegen in Tranchen sein Geld in den Markt, so nutzt man auch jene Zeiten, in denen die Aktienkurse abschmieren. Weil man dann nämlich mehr Anteile für sein Geld bekommt. Abgesehen davon haben ja auch de wenigsten Anleger einen fünfstelligen Betrag zur Hand. Von daher: Immer schön regelmäßig investieren. Einmal im Jahr geht auch.
  • Zweitens: Wer sich einen Fonds zur Langfristanlage anschafft, der sollte unbedingt einen thesaurierenden nehmen. Also einen, der die anfallenden Dividenden sofort wieder für den neuen Anteilskauf verwendet und anlegt. Das nämlich bringt den wohl größten Effekt. Beispiel gefällig? Der Kurs der BASF-Aktie ging in den vergangenen drei Jahren drei Prozent zurück. Dennoch können sich Anleger über eine Wertentwicklung von plus acht Prozent freuen, allein durch die Dividenden, haben Analysten errechnet. Auf die langen Dax-Jahre gesehen läge der reine Kurs des Leitindex heute gar nicht mal so hoch, sondern nur bei 5700 Punkten. Gestartet ist er bei 1000. Doch rechnet man die Dividenden mit hinein, was der Dax-Performanceindex, also der Referenzindex tut, so summiert sich der Stand auf aktuell 12.450 Punkte. Rund 40 Prozent der Wertentwicklung sind also allein den Dividenden geschuldet. Und fließen die sofort in die Wiederanlage, so ergibt sich ein hübscher Zinseszinseffekt. Bisher fließen sie größtenteils in die Kassen ausländischer Investoren.
  • Drittens – und das ist das Wichtigste: Dabeibleiben ist alles! Mindestens 15 Jahre sollten es schon sein, die man dem Index treu bleibt. Erst dann revanchiert er sich mit allergrößter Wahrscheinlichkeit mit einer stolzen Rendite. Er schmeißt also für seine Anleger eine Party. Und es wäre doch zu dumm, man wäre nächstes Mal wieder nicht dabei, oder?

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