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Kolumne In Öl investieren will gelernt sein

Die Öllager sind voll, die Nachfrage gering
Die Öllager sind voll, die Nachfrage gering
© IMAGO / Xinhua
Erstmals in der Geschichte notierte Öl Ende April im negativen Bereich. Ein Phänomen. Viele Investoren wollen nun Öl kaufen, doch man muss wissen wie

Der Corona-Crash am Aktienmarkt wurde begleitet mit einem Ausverkauf am Ölmarkt, der seinesgleichen suchte. Neben dem kurzfristigen Nachfrageschock durch am Boden bleibende Flugzeuge, leere Autobahnen, weniger Handel auf den Weltmeeren und runtergefahrener Produktion, schafften es die Erdöl exportierenden Staaten nicht, das Angebot merklich zu reduzieren. Der Preis der Sorte WTI kollabierte von über 60 Euro im Januar auf rund 20 Dollar im März.

Von diesem Niveau setzte in der vergangenen Woche der nächste Crash ein , der den Ölpreis auf minus 40 Dollar beförderte. Die Erklärung dafür ist finanzmarkttechnischer Natur und zeigt auch, warum Privatanleger beim Investieren in Öl ganz genau hinsehen müssen.

Denn es gibt nicht „den Kurs“ einer Öl-Sorte wie WTI oder Brent, wie bei einer Aktie an den Börsen in Frankfurt oder München, sondern nur Futures mit verschiedenen Laufzeiten. Als aktuellen Kurs wird in der Regel der Kurs des nächstauslaufenden Futures angegeben. Diese Future-Kontrakte erlauben monatlich die physische Lieferung eines Öl-Faß. Man kann sich also aktuell das Recht auf eine Lieferung im April 2021 sichern.

Hoffen auf höhere Preise

Von Monat zu Monat gibt es Preisunterschiede, die in der Vergangenheit oft nur wenige Dollar betrugen. In der Regel zeigen die Futures einen steigenden Ölpreis an, was man auch Contango nennt. Aufgrund der derzeitigen Lage ist der Preisunterschied zwischen den kurzlaufenden Futures und den langfristigen Kontrakten Richtung Jahresende enorm. Investoren kalkulieren eine rasche Erholung der Weltwirtschaft mit einhergehender Öl-Nachfrage ein.

So kam es, dass kurzfristig niemand noch mehr Öl geliefert haben wollte. Auf den Meeren sind zahlreiche Supertanker unterwegs, mit deren Lagerkapazitäten Investmentgesellschaften auf einen steigenden Ölpreis spekulieren. Selbst mit diesen Geschäften ließ sich die mangelnde Nachfrage durch den Corona-Schock nicht ausgleichen. Somit mussten Investoren ihren Mai-Future verkaufen und fanden keinerlei Käufer, was den Preis auf das absurde Niveau von Minus 40 Dollar beförderte. Damit zahlten die Besitzer des Mai-Futures kurzfristig drauf, um einer Lieferung zu entgehen und mit diesem Geschäft abzuschließen.

Private Investoren rennen ihren Brokern gerade sprichwörtlich die Bude ein. Beim Zertifikatehaus BNP Paribas erfreut sich ein sogenanntes rolloptimiertes Zertifikat auf Rohöl größter Beliebtheit. Der Broker Etoro verzeichnet höchste Aktivitäten bei Brent und WTI-Öl.

Doch hier muss man genau hinsehen. Da der aktuelle Future auf den Ölpreis monatlich ausläuft, sind Zertifikate und ETF-Anbieter gezwungen, in den nächsten Future zu „rollen“. Dabei entstehen derzeit hohe Verluste, denn wie oben beschrieben, ist an den Terminmärkten schon eine deutliche Erholung am Ölmarkt eingepreist. Wer also über Monate oder Jahre in Öl investieren möchte, muss mit seinem Investment die eingepreiste Steigerung an den Terminmärkten übertreffen, um Rendite zu erzielen. Ansonsten fressen die „Rollverluste“ jeden Monat die Gewinne auf.

Öl kaufen, aber wie?

Auch unsere Leser bei Feingold Research verlangen täglich nach Ideen, wie man bei Öl investieren kann. Denn ein negativer Preis – da kann es doch nur aufwärts gehen, so denkt mancher. So einfach ist es natürlich nicht. Für das Verständnis eines Öl-Investments sind drei Dinge entscheidend. Man muss die Terminkurve verstehen, so genannte Rollverluste einkalkulieren und wissen, auf welchen Future sich das eigene Investment bezieht. Erst dann ist man fit für ein Investment in Öl.

Das Angebot ist vielfältig, auch der Umweg über Ölaktien ist eine Variante. Jene haben ihre Tiefs aus dem März allerdings schon weit hinter sich gelassen, ungeachtet eines negativen WTI-Preises im Mai-Future, der mit Lagerkapazitäten und physischer Lieferung zu tun hat. Nach dem Druck auf den Mai-Future kam der Juni-Future unter Druck. Denn solange kaum Flugzeuge fliegen und die Nachfrage minimal ist, möchte niemand physisch Öl geliefert haben und wird den nächsten fälligen Future am Markt verkaufen. Dagegen stehen Förderkürzungen der großen Spieler am Markt und eine Aufstockung der US-Reserven durch US-Präsident Donald Trump. Und obendrein ist immer wichtig, wie viele Kontrakte überhaupt gehandelt werden, das heißt, wie hoch der Umsatz in diesem „negativen Preis“ überhaupt war.

Sie merken – Öl braucht viel Hintergrundwissen und Verständnis. Wer Lust auf mehr hat, kann uns unter info@feingold-research.com gerne mailen und unseren Börsendienst testen.

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