Welchen Rekord hätten Sie als Anleger denn gern? Den Bitcoin auf Allzeithoch, den Technologieindex Nasdaq auf Rekordniveau oder doch lieber den S&P 500 als breites US-Leitbarometer? Seit Monaten liest man, wie sich die Aktienmärkte – trotz Zollsorgen, Zinsängsten und wachsender US-Staatsverschuldung – Schritt für Schritt aus der Krise im Frühjahr herausarbeiten.
Von „Herausarbeiten“ kann man allerdings kaum mehr sprechen, wenn fast jeder Index neue Bestmarken liefert. Auch in Deutschland zieht der Dax mit, und selbst die Nebenwerte im SDax feiern 2025 eine einzige Party. An den Anlegern geht diese Rekordlaune nicht spurlos vorbei.
Donald Trump pusht die Märkte
Die Stimmung der Investoren ist so gut wie seit über einem Jahr nicht mehr. Auch die Lieblingsindikatoren des US-Präsidenten stehen auf Grün. So verwunderte es kaum, dass Donald Trump am 10. Juli per Tweet noch einmal auf Nvidia, Nasdaq und Bitcoin verwies – verbunden mit dem Hinweis auf seinen vermeintlichen Anteil an der Euphorie und der obligatorischen Forderung nach Zinssenkungen.
Diese Euphorie schlägt voll auf die Märkte durch. „Die Stimmung wird in den USA zum Beispiel über den Fear & Greed Index gemessen. Dieser erreichte am 4. Juli, dem Nationalfeiertag, den höchsten Stand seit über einem Jahr“, erklärt Thomas Soltau vom Online-Broker Smartbroker. Anders gesagt: Die Börsianer sind so optimistisch wie zuletzt zu Trumps Amtsantritt.
Es gibt Gründe zur Besorgnis
Dabei gäbe es durchaus Gründe, sich Sorgen zu machen: geopolitische Spannungen, neue Zölle wie zuletzt die 25-Prozent-Abgabe der USA auf Importe aus Japan und Südkorea, geldpolitische Unsicherheiten und eine abkühlende Konjunktur. Doch die großen Indizes trotzen all dem.
„Weltweit notieren nahezu alle Leitindizes oberhalb ihrer 200-Tage-Linie – oft mit weiter steigender Tendenz“, sagt Vanyo Walter von Robomarkets. Eine Ausgangslage, die zumindest mittelfristig weiteres Potenzial eröffnet. Doch wie so oft an der Börse: Ein Gleichlauf sieht anders aus. Schon in den ersten Monaten des Jahres zeigte sich eine deutliche Schieflage.
So legten Europas Aktienmärkte einen Frühstart hin. Viele Indizes stiegen zweistellig, während in den USA zunächst rote Vorzeichen dominierten. Seit Juni hat sich das Blatt gewendet. „In Europa haben wir beim Dax eine Konsolidierung auf hohem Niveau gesehen“, so Soltau.
Anfang Juli reichte es noch einmal für ein neues Rekordhoch oberhalb von 24.000 Punkten, wenn auch mit angezogener Handbremse. „In Deutschland glänzt derzeit vor allem die zweite und dritte Reihe. Der SDax übertrifft mit seiner Trendstärke aktuell den MDax und ist 2025 das beste deutsche Börsenbarometer“, sagen die Experten vom Lynx-Broker.
Die Dollar-Schwäche bleibt ein Makel
Ganz anders das Bild in den USA: S&P 500 und Nasdaq 100 haben zuletzt spürbar einen Gang höher geschaltet. Gestützt von stabilen Kapitalzuflüssen, der Hoffnung auf Zinssenkungen und klaren technischen Signalen beschleunigt sich der Aufwärtstrend.
„Die lange bestehende Performancelücke zwischen US- und Europa-Indizes hat sich zuletzt verkleinert – und zum Sommerstart sogar ins Gegenteil verkehrt“, sagt Vanyo Walter. Auch saisonale Muster sprechen für die Bullen: US-Aktien tendierten im zweiten Halbjahr oft besonders stark, wenn sie – wie 2025 – bereits im Mai und Juni zugelegt hatten.
„In neun von zehn vergleichbaren Jahren entwickelten sich die Folgemonate bis Jahresende überdurchschnittlich positiv“, so Walter. Der Juli ist dabei statistisch besonders stark: Laut Daten der Börse München notierte der Nasdaq 100 in 16 der letzten 17 Jahre im Plus, mit einer durchschnittlichen Monatsrendite von über vier Prozent. Rücksetzer blieben meist moderat, Verluste von mehr als zwei Prozent waren selten. Dass ausgerechnet 2024 der einzige Ausreißer war, macht das Muster eher noch interessanter.
Ein Makel bleibt allerdings – und der liegt nicht im Chart, sondern im Wechselkurs. „Der Euro hat gegenüber dem Dollar seit Februar rund 15 Prozent zugelegt. Der Greenback ist so schwach wie seit den 70er-Jahren nicht mehr. Das schmälert für europäische Anleger die scheinbar starken US-Gewinne deutlich“, rechnet Smartbroker-Chef Soltau vor. So bleibt die Dollar-Schwäche – auch dank Trump – für Anleger aus Europa derzeit ein Wermutstropfen inmitten der Rekordlaune.