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Daniel Saurenz Gold glänzt mal wieder – doch wie nachhaltig ist der Boom?

Gold gilt als Krisenanker. Doch jetzt steigen die Preise ohne offensichtliche neue Krise
Gold gilt als Krisenanker. Doch jetzt steigen die Preise ohne offensichtliche neue Krise
© Sven Simon / IMAGO
Geldanlage im Dezember 2023 könnte kaum schöner sein. Wer bei Aktien oder Gold investiert ist, kann sich beidseitig über Rekorde freuen. Wie lange noch?

Lehrbücher sind mitunter ein recht spaßiges Unterfangen. Wer nachschlagen würde unter den Aspekten Zinsen und Aktien sowie Gold, der würde recht schnell zur These finden, dass hohe Zinsen Gift für Gold oder Aktien sind. 2023 dagegen liefert kurz vor Weihnachten einen Rekord im DAX und ein Zweijahreshoch beim S&P 500 garniert mit einem Rekordpreis beim Edelmetall.

Zugegeben, der Freudensprung beim Goldpreis fiel erstmal nur kurz aus. Denn als der Goldpreis Anfang Dezember ein neues Rekordhoch markierte, waren wohl nur wenige Anleger in Europa live dabei. Die Gewinne im asiatischen Handel verpufften schnell, am Ende des Tages stand sogar ein sattes Minus von 1,8 Prozent zu Buche. Die Handelsspanne war mit gut sechs Prozent sogar die drittgrößte der letzten sieben Jahre. „Für viele technische Analysten markierte dies einen klassischen Fehlausbruch, für den einige viel Lehrgeld bezahlen mussten“, findet Vanyo Walter als Experte vom Broker RoboMarkets. 

Gold unberechenbar auf kurzer Sicht

Die Achterbahnfahrt an der Rekordmarke könnte auch einen Vorgeschmack darauf geben, was uns 2024 erwartet. In den Jahresanalysen der Analysten überwiegt die Zuversicht, schließlich wird für das kommende Jahr fest mit einer geldpolitischen Wende der amerikanischen und europäischen Notenbank gerechnet. Ende 2022 waren die Prognosen für Gold übrigens eher gegenteilig – hohe Zinsen sollten da eben nach Lehrbuch dämpfend wirken. „Denn da Gold wie die anderen Edelmetalle Silber, Platin und Palladium keine regelmäßigen Erträge wie Zinsen abwirft, profitiert die Feinunze von sinkenden Renditen“, so Experte Walter. 

Genau diese sinkenden Zinsen werden 2024 erwartet und schon eingepreist. Entscheidend für die Preisbewertung ist der Realzins, also die Differenz zwischen Nominalzins und Inflationsrate. „Je niedriger die Realverzinsung, desto attraktiver ist Gold im Vergleich zu Anleihen“, findet Salah Eddine-Bouhmidi vom Broker IG. Ende Oktober sprang der Realzins mit drei Prozent kurzzeitig auf den höchsten Stand seit 2009, während Gold sein Jahrestief um 1800 Dollar ansteuerte. Seitdem ist die Realverzinsung wieder gefallen und die Feinunze hat sich um rund 15 Prozent verteuert. Der Wirkungsmechanismus bei Gold ist zuletzt sehr gut aufgegangen, daran besteht kein Zweifel. Alles in Butter also für ein goldenes Jahr 2024?

2024 wird es tricky

Noch schneller als die Inflationsprognosen fallen derzeit die Zinserwartungen für 2024. An den Terminmärkten wird bereits im März mit einer ersten Leitzinssenkung in den USA gerechnet, bis zum Jahresende ist eine Kaskade weiterer Lockerungen fest eingeplant. In zwölf Monaten soll der Leitzins bei vier bis 4,25 Prozent liegen, aktuell werden 5,25 Prozent verlangt. Leider ist die Trefferquote der Zinserwartungen des Marktes sehr schlecht. In der Praxis hat sich die Fed nur selten an die Vorgaben gehalten, die aggressiven Zinssenkungshoffnungen für 2024 dürften daher zu optimistisch sein. Erst wenn sich die Konjunktur deutlich abkühlt, dürften die Währungshüter als Retter in der Not folgen. Der anstehende Realitätscheck könnte Gold also in schwierigeres Fahrwasser bringen, schließlich sind bereits mehrere Zinssenkungen eingepreist. Trotzdem hat Gold seinen grundsätzlichen Joker immer bei der Hand. Denn „der Goldpreis schwankt, weil Gold ein Krisenmetall ist. Es ist die Versicherung, dass im allerschlimmsten Fall zumindest Gold seinen Wert behält und immer und überall akzeptiert werden wird“, so Önder Ciftci vom Edelmetallhändler Ophirum. Er argumentiert darüber hinaus, dass „für Goldanleger die Chance auf die vorhersehbare Rendite ohnehin nicht im Vordergrund stehen sollte. Gold dient vor allem dem Vermögensschutz“. 

Doch schauen wir nochmals auf das Zinsargument: Der jüngste Rückgang der zehnjährigen US-Staatsanleihen auf Monatssicht, der größte seit Dezember 2008, sollte daher nicht einfach fortgeschrieben werden. „Im kommenden Jahr muss Washington rund 3,5-mal so viele Schulden refinanzieren wie 2023. Bereits in diesem Jahr war mehrfach ein stark nachlassendes Interesse an den Auktionen zu beobachten“, gibt RoboMarkets-Experte Walter zu bedenken. Steigt das Angebot an Anleihen, verlangen Investoren höhere Zinsen. Anders als in den vergangenen Jahren kauft auch die Fed nicht mehr massiv Schuldtitel und fällt als Nachfrager aus. Hinzu kommt, dass China seine Wertpapierbestände abbaut und auch die schwelenden Ängste vor einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA wenig hilfreich sind.

US-Wahljahre sind speziell

„Gold könnte 2024 also eine Entwicklung nehmen, wie sie in Wahljahren häufig zu beobachten ist“, ergänzt Franz-Georg Wenner vom Börsenportal IndexRadar die technische Seite. Neue Rekorde sind durchaus möglich, aber vor allem Trader dürften sich über das Edelmetall freuen. Setzt sich das Muster fort, sind starke Phasen im Januar und Februar sowie zwischen Mai und Juli zu erwarten. Gerade in der zweiten Jahreshälfte könnte sich das Edelmetall hingegen nicht als sicherer Hafen erweisen. 

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