Einmal im Monat wertet die US-Bank State Street die Umschichtungen in den Portfolios institutioneller Investoren aus. Die Ergebnisse liegen Capital exklusiv vor: Im Juni reduzierten die Anlageprofis ihre Aktienbestände und hielten stattdessen vermehrt Cash, also Bankguthaben und kurzlaufende Anleihen. Im Mai hatte die Aktienquote in den institutionellen Depots noch den höchsten Stand seit September 2008 und somit seit dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers erreicht.
Die Ergebnisse werden aus institutionellen Anlagegeldern von 44 Billionen Dollar abgeleitet, die State Street verwahrt. Nicht berücksichtigt werden die von dem Unternehmen selbst gehaltenen Vermögenswerten von Investoren. Die Indikatoren messen das Vertrauen und die Risikobereitschaft der Anleger quantitativ, indem sie das tatsächliche Kauf- und Verkaufsverhalten institutioneller Anleger analysieren.
Aus Aktien ins Bargeld
„Die Aktienmärkte mögen zwar auf neue Höchststände geklettert sein, aber die langfristigen Anleger werden dennoch vorsichtiger“, sagte Michael Metcalfe, Leiter Makro-Strategie bei State Street Global Markets. „Nach der zuletzt leichten Zunahme der Risikobereitschaft im zweiten Quartal drängten institutionelle Anleger im Juni wieder zurück in Barmittel, da die zuvor positive Grundstimmung wegen einer Kombination aus Positionierungen, politischen Risiken und Konjunktursorgen sowohl an den Aktien- als auch an den Rentenmärkten infrage gestellt wurde.“
Deutlich war dies bei französischen Aktien zu erkennen, für welche die Nachfrage der institutionellen Investoren auf den niedrigsten Stand seit der Pandemie sank. Metcalfe führte dies auf „wachsende politische Unsicherheit“ zurück. Auch wenn die zweite Runde der Parlamentswahlen zu undeutlichen Machtverhältnissen im Parlament geführt habe, bleibe ungewiss, inwieweit die Nachfrage im Juli und August zurückkehre. „Im Moment ist das Anlegervertrauen eindeutig erschüttert“, so Metcalfe. Auch die USA stünden im zweiten Halbjahr vor politischer Unsicherheit.
Risikoindex dreht ins Minus
Laut der Untersuchung betrug der Aktienanteil in den Portfolios der institutionellen Investoren im Mai 53,2 Prozent, das waren 42 Basispunkte weniger als im Vormonat. In ähnlichem Umfang sank die Allokation in Rentenpapiere, in die 27,5 Prozent der Mittel investiert waren. Zugleich stiegen die Cash-Bestände um 88 Basispunkte auf 19,3 Prozent – so viel wie seit August 2023 nicht mehr.
Die sinkende Risikobereitschaft der Investoren zeigte sich in dem von State Street berechneten Risikoindex. Er notierte mit minus 0,09 wieder im negativen Bereich, nachdem er im Vormonat noch Optimismus und im April eine neutrale Positionierung signalisiert hatte.
Der Risk Appetite Index (Index für Risikobereitschaft) ergibt sich aus der Messung der Anlegerströme in 22 verschiedenen Risikodimensionen in den Anlageklassen Aktien, Währungen, festverzinsliche Wertpapiere, rohstoffgebundene Anlagen und Asset Allocation Trends. Der Index erfasst den Anteil der zweiundzwanzig Risikoelemente, bei denen entweder risikofreudiges oder risikominderndes Verhalten festgestellt wurde. Ein positiver Wert bedeutet, dass die Anleger ihr Risiko insgesamt erhöhen, während ein negativer Wert einen Risikoabbau anzeigt.