Gerade erst hat das Bundeskabinett die Aktivrente beschlossen, doch der große Wurf ist das für Rentenexperten nicht. Natürlich sei es richtig, dass die Menschen in Deutschland länger arbeiten sollen, sagte Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln, beim Vermögensaufbaugipfel von Capital und ntv. Doch die steuerfreien 2000 Euro pro Monat für weiterarbeitende Rentner seien nur eine Subvention für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Pensionierte Beamte und Selbstständige profitierten nicht von der Aktivrente, kritisierte Hüther.
Zwar könne auch die Frühstartrente ein wichtiges Element im von Kanzler Friedrich Merz (CDU) ausgerufenen „Herbst der Reformen“ sein, sagte Henriette Peucker, Geschäftsführende Vorständin des Deutschen Aktieninstituts. Aber sie sei keineswegs ausreichend als Antwort auf die Schieflage im Rentensystem. Die Frühstartrente sieht vor, dass der Staat jedem Kind ab sechs Jahren monatlich 10 Euro zahlt, die dann am Kapitalmarkt angelegt werden. Die Frühstartrente sei „nur Türöffner“ und ein „Tropfen auf den heißen Stein“ bei der Reform der privaten Altersvorsorge, so Peucker.
Riester-Rente und Rürup: schlechte Renditen
Bislang hat es keine Regierung in Deutschland geschafft, eine geförderte private Altersvorsorge zu etablieren, die nennenswerte Erträge für die Vorsorgenden abwirft: Die Renditen der Riester- und Rürup-Rente fallen in aller Regel so klein aus, dass viele Menschen ihre Verträge mittlerweile nicht mehr besparen, sondern inzwischen beitragsfrei gestellt haben. Die kleinen Renditen liegen auch darin begründet, dass die Verträge hohe Garantieverpflichtungen erfüllen müssen, sagte Hüther: „Klar, dass da Rendite verloren geht.“ Das ist umso problematischer, weil auch das gesetzliche Rentensystem bereits in wenigen Jahren an seine Grenzen stoßen und keine umfassende Absicherung mehr bieten wird.
Das geplante Rentenpaket der Bundesregierung ändert daran nach Meinung von Experten wenig. Zuletzt hatten deshalb auch die jungen Abgeordneten der Unionsfraktion im Bundestag rebelliert. Es werde Änderungen geben müssen, sagte der Vorsitzende der Gruppe, Pascal Reddig (CDU), den „Tagesthemen“ in der ARD. „Die erwarten wir auch, sonst können wir dem nicht zustimmen.“ Die Kritik der Abgeordneten richtet sich vor allem gegen die avisierten milliardenschweren Folgekosten, die durch eine Stabilisierung des Rentenniveaus nach 2031 entstehen würden und vor allem von den jüngeren, noch lange berufstätigen Arbeitnehmern aufgebracht werden müssten. „Wir brauchen richtig große Reformen“, sagte Reddig und plädierte für ein Gesamtpaket für die sozialen Sicherungssysteme, inklusive der Rente.
Die Jungen haben recht, sagte Hüther mit Blick auf die Kritik der jungen Unionsabgeordneten. Wenn die Anzahl der Einzahler ab- und die Anzahl der Bezieher zunehme, müssten sie den finanziellen Großteil stemmen. Die Haltelinie zur Stabilisierung des Rentenniveaus müsse weg. Auch die „vermaledeite Mütterrente“ helfe keinem und sei keine Lösung für das Problem der Jüngeren, sagte Hüther. Sie stelle keine Gerechtigkeitslücke dar, „das behauptet der Söder immer nur“.
Aktien für die Rente
Ein persönlicher Weg für mehr Geld im Alter wäre, es frühzeitig in Aktien zu investieren. Doch stattdessen liegt das Vermögen vieler Deutscher auf dem Bankkonto. Peucker spricht vom „Girokonten-Phänomen“. Viele Deutsche hätten kein Vertrauen in den Markt. „Wir haben keine Aktienkultur, wir haben eine Anleihenkultur“, sagte auch Hüther.
Was also tun? Die Menschen müssten das Vertrauen in die Mathematik bekommen und das Konzept von Renditedreieck und Zinseszins verstehen, sagte Peucker. „Das ist die kulturelle Herausforderung.“ Sie sieht aber auch beim Staat eine große Verantwortung: Er dürfe die private Altersvorsorge nicht als Konkurrenz zum gesetzlichen Umlagesystem sehen. Es brauche beides.
Beim Investieren ist ein guter Mix über Anlageklassen und Regionen wichtig. Bei Einzelaktien sollten Privatanleger vorsichtig sein, sagt selbst DAI-Chefin Peuckert. Stattdessen sollten Anlegerinnen und Anleger ein „gesundes, langfristiges und ein bisschen langweiliges Anlegen“ praktizieren.