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Rohstoffe Der Corona-Ausbruch schickt den Ölpreis auf Talfahrt

Ölförderung in Saudi-Arabien
Ölförderung in Saudi-Arabien
© dpa
Das Coronavirus und die aufziehende Wirtschaftskrise prügeln vor allem den Ölpreis in die Tiefe. Davon aber können mutige Anleger jetzt profitieren

Wenn es noch eines Beweises dafür bedurft hätte, dass das Coronavirus schon größere Spuren in der Weltwirtschaft hinterlassen hat, dann gilt er seit dieser Woche als erbracht: Die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) kündigte an, die Ölförderung zu kürzen. Das tut sie immer dann, wenn sich das weltwirtschaftliche Klima eintrübt und die Industrie nicht mehr so richtig läuft. Denn dann schwächelt die Nachfrage nach dem Schmier- und Treibstoff.

Das heißt, dass die Fabriken und Transporteure weniger Öl abnehmen als die Förderstaaten täglich aus der Erde holen – und deshalb Millionen Liter Öl täglich zum Lagerbestand werden. Und je praller die Lager gefüllt sind, desto mehr schwindet der Preis dahin. Also gibt es weniger Anreiz, noch in derselben Menge neues Öl zu fördern. In solchen Momenten also kappt die Opec gern ihre Produktion. Das soll die Preise stützen. Ob ihr das allerdings momentan gelingen wird, darf man stark bezweifeln. Der Ölpreis ist im freien Fall.

Ende Februar stand der Ölpreis der Nordseesorte Brent noch bei 59 Dollar je Barrel (1 Barrel gleich 159 Liter), mittlerweile hat es ihn auf 48 Dollar zerlegt. Auch der Preis fürs WTI-Öl ist von 49 auf 43 Dollar abgestürzt. Auf Dreimonatssicht sind beide um 22 Prozent eingeknickt. Gerade beim Öl also zeigen sich derzeit sehr deutlich die Bremsspuren der Weltwirtschaft. Kein Wunder, wenn seit Wochen Produktionsanlagen in Asien stillstehen, immer mehr Container in Häfen liegen aber nicht mehr transportiert, Flüge gestrichen und Dienstreisen storniert werden.

Brent Crude Rohöl ICE Rolling Rohstoff

Brent Crude Rohöl ICE Rolling Rohstoff ChartPreis je Barrel in Dollar

Corona-Ausbruch lässt Ölpreis einknicken

Die Frachtraten rund um den Globus brechen ein. Bereits im Februar hatten Analysten deshalb geraten, die Opec tue gut daran, die Fördermenge zu kürzen. Im Dezember hatte sie es zuletzt getan. Nun schien es erneut angebracht. Und einige Marktbeobachter hatten daraufhin freudig verkündet, der Öl-Markt werde sich bald wieder im Erholungsmodus befinden, wenn es soweit käme.

Warum? Weil viele Analysten noch im Februar dachten, mit einer weiteren Drosselung könne die Opec die Preise stützen. Das versucht sie zwar nun schon seit insgesamt drei Jahren, doch zum Jahresende 2019 hin sah es tatsächlich so aus, als sei das allmählich wirklich gelungen. Nach einem eher durchwachsenen Jahr 2019 legte der WTI-Kurs wieder auf 62 Dollar zu. So hoch stand er zuletzt im April. Zudem zeigte sich die Wirtschaft zum Jahresbeginn 2020 allgemein in guter Form und viele Ökonomen gingen davon aus, dass es im laufenden Jahr nun doch nicht zum großen Abschwung kommen werde. Der allgemeine Tenor war: Es kann zwar ruppiger werden an den Märkten, aber der Aufschwung bleibt intakt, weil die Fundamentaldaten stimmen. Das Wachstum sollte also weitergehen. Bis vor knapp zwei Wochen dachten das noch viele. Dann erwischte das Coronavirus Italien.

Und seitdem stürzten nicht nur die Börsen zweistellig ab , sondern auch der Ölpreis hat wieder einen Tiefpunkt erreicht – er ist auf das Niveau von 2017 abgesackt. Deshalb scheint eine weitere Drosselung nun erst recht unausweichlich. Doch es stellen sich zwei spannende Fragen:

  1. Wird es überhaupt dazu kommen? Schließlich hat Russland sich bereits klar dagegen ausgesprochen, eine neue Fördermengenbegrenzung mitzumachen. Die Kürzung vom Dezember fand dort noch Anklang, doch eine weitere Absenkung mache man nicht mit, hieß es bereits.
  2. Wird die erneute Absenkung überhaupt viel bringen? Die Amerikaner fördern zurzeit weiter Öl wie verrückt über das Fracking. Allerdings wird diese Explorationsmethode bei den jetzigen Preisen zunehmend unrentabel, weil sie enorm teuer ist. Schon bei einem Preis von rund 80 Dollar je Barrel lohnt sich diese Förderart im Grunde nicht mehr, sagen Experten.
  3. Unabhängig vom Profit ist aber ebenfalls die Frage: Reicht die neue Drosselung um rund zwei Millionen Barrel täglich aus, damit die Fasslager abschmelzen? Oder wird die Wirtschaft noch länger angeschlagen sein und daher auf absehbare Zeit noch weniger Öl verbrauchen als im Augenblick schon? Dann würde die Förderbegrenzung nur ein noch weiteres Absinken des Ölpreises aufhalten, aber ihn nicht wieder in die Höhe heben.

Ölaktien schwächeln

Ob sich der Kurs des Rohöls in den kommenden Monaten stabilisieren wird, hängt also erst einmal stark davon ab, wie schnell die Welt und die Wirtschaft auch vom Virusfieber wieder genesen werden. Zumindest das zweite Quartal wird da wohl noch ins Land gehen, bevor die große Besserung spürbar wird. Und selbst wenn die Wirtschaft danach wieder besser läuft, so darf man dennoch skeptisch fragen, ob das nun wirklich dem Öl den großen Preisschub verpasst: Sieht man sich den WTI-Preis nämlich längerfristig an, so haben schon die zehn vergangenen Jahre des Wirtschaftsbooms auch nicht gerade dazu geführt, dass es mit dem schwarzen Treibstoff aufwärts gegangen wäre. Im Gegenteil: Auch 2014/2015 erlebte das Öl einen großen Preisabsturz von 100 auf 50 Dollar, seitdem dümpelt es zwischen 50 und 70 Dollar dahin. Wenn wir ehrlich sind: Mit dem großen Anstieg auf alte Höhen rechnen viele Marktbeobachter ohnehin schon lange nicht mehr.

In dieser Zeit daher auf einen erneuten Preisanstieg zu setzen, erscheint einigermaßen absurd. Was aber lohnt, ist ein Blick auf die großen Ölkonzerne und deren Aktien. Denn deren Kursbewegungen waren in den letzten zehn Jahren genauso unterschiedlich wie spannend: Seit Jahresbeginn haben die vier Großen, nämlich BP, Total, Shell und Exxon 20 bis 30 Prozent an Wert verloren. Auf Jahressicht waren es 23 bis 37 Prozent. Das ist enorm. BP und Total am wenigsten, Exxon am meisten. Auf Zehnjahressicht notieren sie alle im roten Bereich. Aber hier trennt sich nun deutlich die Spreu vom Weizen: Mit „nur“ minus sechs Prozent hielt sich Shell am besten, Total und Exxon verbuchten minus acht Prozent. BP dagegen büßte auch auf die lange Sicht satte 32 Prozent ein.

Weitet man den Blick noch mehr, nämlich auf rund 20 Jahre, dann ist Total der einzige Konzern, der hier überhaupt nennenswert seinen Kurs steigern konnte, von 22 Euro im Jahr 1998 auf heute rund 37,50. Das ist immerhin ein Plus von 70 Prozent. Zu Jahresbeginn waren die Aktien übrigens noch 50 Euro wert. Exxon kletterte gerade einmal von 39 auf 47 Euro, also um 20 Prozent in gut 20 Jahren, nicht einmal ein Prozent pro Jahr. BP dagegen stand 1998 bereits bei 472 Euro und notiert heute nur bei knapp 400. Und Shell war 1999 nur 18 Euro teuer – und heute auch wieder. Man kann es also auch so ausdrücken: Die Wirtschaft wächst und wächst – und verbraucht zwar jährlich mehr Öl, doch die Kurse der Ölaktien laufen deshalb nicht eben wie geschmiert.

Im Gegenteil sie sehen aus der Ferne aus wie im irren Zickzacklauf. Im Grunde kommen sie seit Jahren nicht mehr wirklich vom Fleck, schwanken dabei aber um 30 bis 50 Prozent. Und genau das kann man sich zunutze machen.

Hohe Dividenden

Man muss es nur so sehen: Ölaktien eignen sich entweder für Spekulanten, die an solchen Tiefpunkten eine ideale Einstiegsgelegenheit sehen – und die Aktien dann aber eben nicht kaufen und im Depot liegenlassen. Sondern sie wieder versilbern, sobald sich die Kurse das nächste Mal wieder eine Weile in die Gegenrichtung aufgeschwungen haben. Und selbst wenn man dafür gelegentlich drei oder vier Jahre abwarten muss – bei Shell zum Beispiel dauerte es vom jüngsten Tiefpunkt 2015 bis zum Herbst 2018, bis sie sich wieder richtig aufgerappelt hatte. In dieser Zeit aber stieg sie dann auch von 330 Euro auf 589 Euro.

Und selbst wenn es mal wieder länger dauert, so lockt bei Öl-Aktien eine gehörige Entschädigung: Die Dividende nämlich. Es gibt nur wenige Unternehmen, die ihnen auf diesem Feld das Wasser reichen können. Beispiele gefällig? Exxon 7,1 Prozent, Total 7,3 Prozent – und das sind noch die kleinsten. BP liegt 2021 zum jetzigen Stand bei 7,6 Prozent, Shell sogar bei 8,3.

Beide Konzerne wären auch diejenigen, die Analysten den Aktienkäufern zurzeit am meisten ans Herz legen. Bei ihnen sagen sie mit großer Mehrheit: Kaufen! Bei Total sind die Experten dagegen weitaus zurückhaltender und die Exxon-Aktie steht bei ihnen nur auf „Halten“. Im Folgejahr, also 2022 sollen die Dividenden übrigens noch höher ausfallen. Aber das muss man angesichts der jetzigen Lage vielleicht erst einmal abwarten. Es sprudelt aber zumindest eine recht gute Entschädigung, wenn Anleger gerade in diesen Zeiten ausgerechnet auf das Treibmittel der Weltwirtschaft setzen wollen.

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