Die Waffenruhe zwischen Israel und Iran hat offenbar nur wenige Stunden gehalten. Das passiert an einem Tag, an dem der Ölpreis (WTI) wieder auf den Stand vom 12. Juni fiel, dem Tag, bevor Israel den Iran angriff. Und es passiert an einem Tag, an dem der deutsche Aktienindex Dax 2,4 Prozent gut machte, die asiatischen Börsen sich erholten und sich auch die Vorzeichen für den US-Aktienmarkt verbesserten. Ein Tag lang konnte sich US-Präsident Donald Trump als diplomatischer Held feiern lassen. Nach Ablauf der Feuerpause solle der Krieg vorbei sein, das hatte er angekündigt. Stattdessen meldete Israel zwei Stunden danach erneut einen Raketenangriff und kündigte Vergeltung an: „Teheran wird beben“, schrieb der israelische Finanzminister auf der Plattform X.
Das bremst die Euphorie der Anleger aus, die Lage zwischen Israel, den USA und dem Iran bleibt fragil – und die Drohung des Irans, die für den weltweiten Ölhandel so wichtige Straße von Hormus zu schließen, hängt wie ein Damoklesschwert über den Märkten. Durch das Nadelöhr zwischen dem Persischen Golf und dem offenen Meer werden täglich rund 20 Millionen Barrel Rohöl transportiert, was 20 Prozent des globalen Verbrauchs und rund einem Drittel des Welthandels entspricht.
Würde die Passage über Monate gesperrt, würde dies laut Einschätzung der Experten der Privatbank Berenberg zu einem „Abverkauf an den Aktienmärkten und zu Stagflationsrisiken führen.“ Das heißt: Das globale Wirtschaftswachstum wäre auf breiter Basis gefährdet, an den Aktienmärkten würden Investoren zunächst aus Öl- und Gaswerten aussteigen und dann aus allen konjunkturempfindlichen Unternehmen.
Hürden für Schock sind hoch
Bislang ist eine Massenpanik an den Märkten jedoch ausgeblieben. „Ein Lichtblick ist vielleicht, dass die Hürde für einen anhaltenden makroökonomischen Schock aufgrund höherer Ölpreise nach wie vor recht hoch ist“, sagt Benoit Anne, Anleiheexperte bei MFS Investment Management. „Unserer Einschätzung nach müsste der Ölpreis auf über 100 US-Dollar steigen und dort lange Zeit verharren, um den Verbrauchern weltweit erheblichen makroökonomischen Schaden zuzufügen.“
Eine Sperrung der Straße von Hormus ist für den Iran jedoch problematisch. China, das über eine strategische Partnerschaft mit Teheran verbunden ist und 90 Prozent des iranischen Öls abnimmt, dürfte verärgert auf eine Sperrung reagieren. Peking sei auf die Energieimporte angewiesen, schreiben die Berenberg-Experten. Zudem würden die USA und Saudi-Arabien einen solchen Versuch mit militärischen Mitteln bekämpfen. Es ist unwahrscheinlich, dass der Iran in Anbetracht der bereits geschwächten Verteidigungskapazitäten diesem Druck lange standhalten kann.
Doch ein Restrisiko besteht. Und so lange kein nachhaltiger Frieden in Sicht ist, müssen Anleger womöglich weitere Börsenturbulenzen erdulden. Bei Dax und Co. dürfte die Rallye nun zunächst pausieren – aber eine rapide Abwärtsbewegung ist trotz des Bruchs der Waffenruhe erst mal nicht zu erwarten.