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Gastkommentar Willkommen in der verkehrten Welt!

Geht das gut? Griechenland, Chinas Abschwung und das Scheinhoch der Eurozone bedrohen Finanzmärkte und Wirtschaft. Von Markus Koch
Markus Koch
Markus Koch

Markus Koch ist ein deutscher Fernsehjournalist. Er ist vor allem für seine Berichterstattung und Kommentierung des Marktgeschehens von der Wall Street beim Nachrichtensender N-TV bekannt.

Griechenland geht das Geld, die Ideen, die Zeit und die Geduld aus. Das systemische Risiko eines Schuldenausfalls wird von der Wall Street ignoriert, obwohl Kreditausfallversicherungen ein Ausfallrisiko von 85 Prozent signalisieren. No Big Deal, meinen einige - was ich an der Wall Street schon oft gehört habe:

Subprime-Hypotheken machten lediglich 20 Prozent aller Hypotheken aus, hieß es 2007. Die Spekulationsblase basiert nur auf den Hightechs, hieß es 2000. Griechenland macht nur zwei Prozent der europäischen Wirtschaft aus, wird heute betont. Es sind die kleinen Dinge, die einen großen Effekt haben können.

Griechenland ist am Ende, das muss Berlin akzeptieren. Dass BIP ist gerade mal so groß wie die Wirtschaftsleistung von Detroit. 21 Mrd. Euro an Schulden plagen die bankrotte Stadt. Griechenland ist mit 350 Mrd. Euro nahezu 17-mal so hoch verschuldet. Dass die dortige Konjunktur schrumpft, erschwert die Lage. Jeder der auch nur halbwegs rechnen kann, muss zwangsläufig zu einem Ergebnis kommen: Das Land braucht einen Schuldenschnitt!

China schwächelt - und die USA bald auch

Aber schauen wir nun von David auf Goliath. Trotz des aggressiven Vorgehens der globalen Zentralbanken, hat die Weltwirtschaft im ersten Quartal an Schwung verloren. Mit aller Macht und viel Geld versucht China die Konjunktur anzufachen. Das Resultat der Geldschwemme ist ein boomender Aktienmarkt, und ein Ausbau der Überkapazitäten der Industrie. Die verbucht im April den bislang größten Einbruch des Jahres. Was machen die Unternehmen mit dem Zeug das niemand braucht? Es wird auf dem Weltmarkt verschleudert, was in Folge Deflation anfacht.

Dass die amerikanische Wirtschaft im ersten Quartal an Schwung verloren hat, zwitschern die Vögel auch schon von den Dächern der Wall Street. Ein wahrscheinlich nur temporäres Ereignis, vermute ich. Doch was, wenn ich mich irre? Die Gewinne der Konzerne im S&P 500 sollen im ersten Quartal um 4,2 Prozent sinken, gefolgt von 2,5 Prozent im zweiten Quartal. Eine Ertragsrezession. Mit Umsatzwachstum rechnen Analysten erst wieder ab dem vierten Quartal. Alles kein Problem, wäre die Bewertung des Aktienmarktes nicht so hoch.

Dann wäre da noch Europa. Wirtschaft und Aktienmarkt florieren, nicht etwa weil in Frankreich und Italien endlich Strukturreformen umgesetzt wurden, sondern weil der Euro durch die EZB abgewertet wird. Die ganze Welt versucht anscheinend durch die Währung Wachstum zu schaffen, was historisch betrachtet aber ins Auge gehen kann.

An dieser Stelle sei ein Hinweis erlaubt: Der Nullzins facht die Konsumfreude der Haushalte nur kurze Zeit an. Langfristig verpufft der Effekt, und der Nebeneffekt tritt in den Vordergrund: Das Volk gibt weniger Geld aus, weil man so ganz ohne Zinseinnahmen für die Altersvorsorge mehr sparen muss!

Willkommen in der verkehrten Welt!

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