Anzeige

Gastbeitrag Wie Menschen und Roboter miteinander umgehen können

Qualitätskontrolle per Roboterarm. Die Digitalisierung wälzt die Produktion um
Qualitätskontrolle per Roboterarm. Die Digitalisierung wälzt die Produktion um
© Getty Images
Das Verhältnis zwischen Mensch und Roboter hat sich im Zuge der Digitalisierung dramatisch verändert. Letztlich gilt: Die Technik muss immer dem Menschen dienen. Susanne Kunschert über Robotertechnik und Ethik

Kennen Sie die drei Robotergesetze? Sie lauten

  1. Ein Roboter darf keinen Menschen verletzen,
  2. Ein Roboter muss gehorchen,
  3. Ein Roboter muss die eigene Existenz schützen (außer wenn dies in Widerspruch zu Gesetz 1 oder 2 steht).

Sie stammen aus der Feder des russisch-amerikanischen Wissenschaftlers und Science-Fiction-Schriftstellers Isaac Asimov. Niedergeschrieben hat er „die Grundregeln des Roboterdienstes" bereits 1942, lange bevor Roboter in die Welt des Menschen eintraten: Industrieroboter sind eine Erfindung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In den 50er-Jahren läutete der Amerikaner George Devol mit seinem Patententwurf für „eine programmierte Übergabe von Artikeln“ diese Ära ein. 1961 kam mit dem „Unimate“ erstmals ein Roboter bei General Motors zum Einsatz.

Zur Einhaltung des ersten Gesetzes, also um den Schutz des Werkers zu gewährleisten, setzte man damals auf eine strikte Trennung von Mensch und Maschine. Der Roboter sollte die menschliche Arbeitskraft ersetzen und blieb für die Erfüllung seiner Aufgaben in einer Zelle eingehaust. Also getrennte Arbeitsräume und keine unmittelbare Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Dieses Prinzip sollte für über 50 Jahre unverändert bleiben.

Auch hat sich das Credo der Industrialisierung überholt, den Menschen in den Fabriken komplett zu ersetzen. Mit zunehmender Komplexität wird deutlich, dass der Mensch für eine intelligente Produktion unerlässlich ist, da er im Gegensatz zu Maschinen eigenständig Situationen bewerten und beispielsweise autark abwägen und Entscheidungen treffen kann.

Kontakt zwischen Mensch und Maschine ist erwünscht

Wenn der Mensch in der Produktion bleiben soll, müssen Arbeitsplätze an das Alter und die Qualifikation der einzelnen Arbeitskraft angepasst werden. Soll heißen, Roboter übernehmen in enger Zusammenarbeit mit dem Mitarbeiter körperlich anstrengende oder besonders monotone Aufgaben, während der Mensch höherwertige Aufgaben ausführt.

Heute sind statt räumlicher Trennung „Körperkontakt“ zwischen Mensch und Maschine nicht nur geduldet, sondern ausdrücklich erwünscht. Die Kollaboration steht im Mittelpunkt des industriellen Lernens. Um das erste Robotergesetz einhalten zu können, setzt man teils auf bewährte und teils auch auf neuartige Sensor-Technologien, die im Umfeld des Roboters und am Roboter selbst den Schutz übernehmen: Während kapazitive (also berührungslos wirkende) Sensoren Kollisionen im Vorhinein erkennen, können taktile Sensoren eine Berührung registrieren. Diese taktile Sensorik unterstützt bei Visualisierung und Ortsbestimmung von Personen und ist ein vielversprechender Weg zu mehr Dynamik bei der so genannten Mensch-Roboter-Kollaboration. Diese Sensor-Technologie lässt sich dahingehend weiter entwickeln, dass Bewegungsrichtungen von Objekten beziehungsweise Menschen dank einer Ortsauflösung angezeigt werden können.

Der Mensch strebt seit jeher nach Maschinen, die ihn umgeben und in jeder Lebenssituation assistieren und gehorchen. In den Science-Fiction-Filmen und -Serien ist diese Vorstellung seit den 60er-Jahren Realität, ja Normalität. Was wäre Star Wars ohne R2D2 und C3PO?

Ethische Maßstäbe spielen in der Roboter-Entwicklung eine wichtige Rolle

Um das zweite Roboter-Gesetz zu befolgen, sind im realen Leben bislang für Programmierung, Steuerung und Nutzung von Robotern spezielle Programmierkenntnisse notwendig, die eine sehr hohe Qualifizierung erfordern. Einem breiten Einsatz von Robotern in Werkhallen und darüber hinaus steht dies im Wege. Gefragt sind Interaktion, Steuerung und Nutzung, auch ohne Spezialwissen.

Daher werden mit Nachdruck technische Entwicklungen wie Deep Learning, also die Nutzung künstlicher neuronaler Netze, und Künstliche Intelligenz verfolgt. Beide haben zum Ziel, Menschen intuitiv mit der Maschine (in dem Fall ein Humanoide) interagieren zu lassen, Beziehungen aufzubauen und deren Wissen abschöpfen zu können. Wie zum Beispiel C3PO, der, wie die Star Wars Fans wissen, sämtliche Sprachen beherrscht. Sprechen ist das eine, aber bereits heute gibt es Roboter, die so programmiert sind, dass sie Menschen und menschliche Mimik und Gestik analysieren und auf diese Emotionszustände hin entsprechend reagieren können.

Doch Hollywood zeigt auch immer wieder die Kehrseite, wenn die Intelligenz des Roboters zur Gefahr für den Menschen wird und letztlich das dritte Roboter-Gesetz missachtet wird: Dies ordnet das Wohl des Roboters dem des Menschen unter. Hier wird deutlich: Die Ethik ist auch für die Entwicklungen in der Robotik wichtig geworden, ob wir das möchten oder nicht. Daher ist das Thema Robotik untrennbar auch mit einer Diskussion über Werte verbunden.

Wenn die Vision zum Albtraum wird

Ist die Robotik wertvoll? Nutzt sie dem Menschen? Technisch ist heute bereits vieles möglich. Wertvoll ist es, wenn dank technischem Fortschritt zum Beispiel in Form von Exoskeletten Menschen mit körperlichem Handicap besser am Leben teilhaben können, oder wenn Menschen unterstützt durch Robotik bis ins hohe Alter ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden führen können.

Die Frage nach der Sinnhaftigkeit sollte dabei im Raum stehen, ein verantwortungsvoller, werte-orientierter Umgang muss beachtet werden. Um noch einmal Hollywood zu bemühen: Eine Zukunft wie im Animationsfilm „Wall-E“ beschrieben wäre ein Alptraum: Menschen, die durch übermäßigen Medienkonsum und vollständig umsorgt von Maschinen, körperlich und geistig degenerieren und dabei vollkommen abhängig von Robotern sind. Damit diese Science-Fiction nicht wahr wird, müssen wir uns immer wieder bewusst machen: Letztlich herrscht der Geist über die Materie, die Technik muss immer dem Menschen dienen. Diese Maxime muss über allen Roboter-Gesetzen stehen.

Susanne Kunschert
© PR

Susanne Kunschert ist geschäftsführende Gesellschafterin der Pilz GmbH & Co. KG

Mehr zum Thema

Neueste Artikel