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ChatGPT Wie Künstliche Intelligenz das Suchverhalten ändern wird

Nicht nur große US-amerikanische Tech-Konzerne setzen auf das Potenzial von KI
Nicht nur große US-amerikanische Tech-Konzerne setzen auf das Potenzial von KI
© IMAGO / Westlight
Google war die allmächtige Suchmaschine, an die keiner herankam. Die Software ChatGPT könnte nun alles ändern. Plötzlich scheint Google angreifbar. Immer mehr Unternehmen, die gar keine Suchmaschinen sind,  steigen ein – auch weil sie keine Wahl haben 

Der Text-Roboter ChatGPT des US-Startups OpenAI verfasst auf Kommando Aufsätze, Gedichte, Reden oder Vorträge - und das in Sekundenschnelle. Das mit gewaltigen Datenmengen gefütterte Programm hat einen regelrechten Hype in der Technologiebranche ausgelöst. Binnen zwei Monaten knackte die Software einer Studie zufolge die Marke von 100 Mio. aktiven Nutzern, so schnell wie kein anderes jemals zuvor. 

„Das Revolutionäre ist die einfache Bedienbarkeit von ChatGPT. Nie war eine Künstliche Intelligenz einfacher zu nutzen“, sagt Alexander Berm, Professor für Entrepreneurship in Technologie und Digitalisierung an der Universität Stuttgart. Mit dem Programm habe sich ein Tor zur Nutzung von KI geöffnet, das er seit der Erfindung des Internets nicht mehr gesehen hat. „Das kann zu einer ausgewachsenen Revolution mutieren“, sagt Brem. 

In der Hoffnung auf sprudelnde Gewinne stürzen sich inzwischen immer mehr Unternehmen auf das Thema KI. Der enorme Erfolg von ChatGPT hat laut Andreas Moring, Professor für Innovation und KI an der International School of Management, aber keine „Alarmstufe Rot“ bei den Tech-Unternehmen ausgelöst. Um ihre Produkte zu verbessern, würden einige Konzerne schließlich schon seit Jahren hohe Summen in die Forschung von KI stecken. 

Der Vorstoß von ChatGPT ist seiner Einschätzung nach dennoch ein „Momentum“. „Die mediale Öffentlichkeit rund um das Programm setzt vor allem Tech-Unternehmen, die bislang nicht in KI investiert haben, unter Zugzwang“, sagt Moring im Gespräch. Diese Unternehmen sähen sich jetzt gezwungen, auf einen Stand zu kommen und möglichst schnell neue Produkte auf den Markt zu bringen.

KI hat Potenzial, Vorherrschaft von Google zu brechen

Dass der Kampf um die Technologieführerschaft längst eröffnet ist, zeigt die Masse an Unternehmen, die sich jetzt auf KI stürzt. Microsoft hat nicht nur massiv in den ChatGPT-Entwickler OpenAI investiert, sondern will den Bot unter anderem in seine Office-Anwendungen und die bislang eher erfolglose Suchmaschine Bing einbauen. Der Softwarekonzern könnte damit Experten zufolge dem Platzhirsch Google gefährlich werden. 

Dieser wiederum kontert nur wenige Tage später mit seiner KI Bard, die demnächst in die eigene Suchmaschine eingebaut werden soll. Und auch chinesische Konzerne sind längst in das Rennen um KI eingestiegen: Unter anderem kündigte der chinesische Suchmaschinen-Betreiber Baidu ein ChatGPT-ähnliches Projekt namens Ernie an. 

Bei der Internet-Suche verfügt Google bislang über einen Vorsprung, der lange Zeit uneinholbar erschien. Doch die KI hat das Potenzial, diese Vorherrschaft zu brechen. Googles Dominanz ist auch deswegen in Gefahr, weil sich das Suchverhalten durch KI Anwendungen wie ChatGPT ändern wird. 

„Wenn wir Informationen zum Beispiel zu Reisen, Politik, Wirtschaft, Sport oder Geschichte suchen, dann wollen wir keine reine Linksammlung wie heute von Google mehr. Ein geordneter Übersichtstext ist da viel besser und schneller für uns erfassbar“, sagt Moring. Das könne für Google ein Problem werden und Marktanteile kosten. Die traditionelle Darstellung werde nur bei gezielten Suchen, zum Beispiel, wenn wir etwas Bestimmtes kaufen wollen und den besten Anbieter suchen, weiter der Standard bleiben. 

Die Vorstöße etlicher Tech-Unternehmen überraschen nicht. Denn Unternehmen, die jetzt nicht in KI investieren, werden laut Moring über kurz oder lang nicht mehr wettbewerbsfähig sein. Dafür sei der Konkurrenz- und Kostendruck zu hoch. „Der Einsatz von KI bietet Unternehmen einen extremen Kostenvorteil, den die Unternehmen über billige Preise an den Markt weitergeben und somit Konkurrenten ausstechen können“, sagt Moring.

Unternehmen haben gar keine andere Wahl

Das haben längst auch andere Branchen erkannt. Nicht nur große US-amerikanische Tech-Konzerne setzen auf das Potenzial von KI. Mit Anwendungen in der Logistik, der industriellen Produktion, im Maschinenbau, oder der Energieerzeugung setzt auch der klassische deutsche Mittelstand bereits auf die Zukunftstechnologie. „Im Unterschied zu Crypto, NFTs oder dem Metaverse ist KI eine universelle Technologie, die mehr oder weniger für alles eingesetzt werden kann“, sagt Moring. 

Unternehmen, die über wenig bis gar keine Kompetenz auf diesem Gebiet verfügen, spiele außerdem in die Karten, dass es inzwischen längst so etwas wie „KI von der Stange“ gebe. „In Zukunft wird es auch für kleine Unternehmen viel einfacher werden, KI zu nutzen, da sie nicht mehr selbst programmiert und trainiert werden muss.“

Etliche Unternehmen haben angesichts des Fachkräftemangels und einer alternden Gesellschaft auch gar keine andere Wahl. Wenn sie nämlich kein qualifiziertes Personal finden, bleibt ihnen oftmals nur noch eine Möglichkeit: Sie müssen Prozesse automatisieren oder intelligente Maschinen die Arbeit machen lassen, die bisher von Menschen erledigt worden ist. Unternehmen werden schon bald gar nicht mehr die Wahl haben, ob sie KI nutzen möchten oder nicht. „Der demografische Wandel wird nochmal ein richtiger Treiber für die Automatisierung von Prozessen in Unternehmen sein“, ist sich Moring sicher.

Dieser Artikel ist zuerst auf ntv.de erschienen 

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