Insgesamt 21 Prozent der deutschen Unternehmen sehen in der Corona-Krise eine Gefahr für ihre Existenz. Das ist das Ergebnis einer neuen Umfrage des Ifo Instituts. „In den kommenden Monaten könnte sich eine Insolvenzwelle anbahnen“, sagte Ifo-Forscher Stefan Sauer zu der Umfrage. Sauer ist nicht der erste Ökonom, der vor einer solchen Welle warnt.
Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform rechnet damit, dass im zweiten Halbjahr die Zahl der Unternehmen, die Insolvenz anmelden müssen, stark steigen wird. Ein Grund dafür ist die in der Corona-Krise bis Ende September ausgesetzte Insolvenzantragspflicht. Sie sollte eine Pleitewelle vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen verhindern.
Besonders groß ist die Angst im Dienstleistungssektor, wo sich mehr als jedes vierte Unternehmen vor einer bedrohlichen Schieflage fürchtet. Wesentlich niedriger sind die Zahlen für andere Wirtschaftszweige. Im Handel fühlen sich nur 18 Prozent der Firmen in ihrer Existenz bedroht. Allerdings muss hier zwischen Einzel- und Großhandel unterschieden werden: 21 Prozent der Einzelhändler aber nur 15 Prozent der Großhandelsunternehmen sehen wegen der Corona-Krise eine bedrohliche Situation.
Weit überdurchschnittlich groß sind die Sorgen in der Reisebranche und bei Hotels und Gaststätten: 85 Prozent der Reisebüros und Reiseveranstalter sehen sich von der Pleite bedroht. Wegen der Grenzschließungen und des Lockdowns waren im Frühjahr keine Reisen möglich. Auch bei Hotels (76 Prozent) und Gaststätten (67 Prozent) sind die Existenzängste überdurchschnittlich groß.
In der Industrie sind die Sorgen geringer: 17 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, dass die Krise sie in ihrer Existenz bedrohe. Hier sind es vor allem die Metallerzeuger und -bearbeiter, die sich zu 53 Prozent für gefährdet halten. In der Autoindustrie (Hersteller und Zulieferer) sehen 26 Prozent eine bedrohliche Lage durch die Corona-Krise. In der Baubranche gibt es so gut wie keine Existenzsorgen.
Diese Unternehmen mussten in der Corona-Krise Insolvenz anmelden
Vapiano
Vapiano galt lange Zeit als erfolgreiche deutsche Antwort auf Schnellrestaurants aus den USA. Das 2002 gegründete, börsennotierte Unternehmen punktete mit italienischem Flair bei den Kunden. Das Geschäft lief allerdings schon vor der Corona-Krise schlecht. Die Pandemie gab der Restaurantkette mit Sitz in Köln den Rest. Am 1. April stellte Vapiano Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Die Banken und die drei Großaktionäre seien sich nicht über die weitere Finanzierung einig geworden, teilte das Management laut „Tagesschau.de“ mit: „Am Ende fehlten knapp 37 Millionen Euro, nachdem fast alle der 230 Pizza- und Pasta-Restaurants von Vapiano weltweit zur Eindämmung der Corona-Pandemie schließen mussten, die Kosten aber weiterliefen.“ Nun wird ein Käufer gesucht.
Esprit
Bei Esprit soll hingegen möglichst das alte Management am Ruder bleiben. Der Ende der 60er Jahre in den USA gegründete Modekonzern hat sich mit mehreren seiner deutschen Gesellschaften in ein Schutzschirmverfahren geflüchtet, wie das „Manager Magazin“ Ende März berichtete. Bei dieser besonderen Variante des Insolvenzverfahrens bleibe das betroffene Unternehmen weitgehend in Eigenverwaltung, aber vor Liquiditätsanforderungen bewahrt. Damit soll eine Sanierung ermöglicht werden.
Galeria Karstadt Kaufhof
Der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof musste in der Corona-Krise Insolvenz anmelden. Derzeit läuft eine harte Sanierung, Dutzende Filialen werden geschlossen
Virgin Australia Airlines
Auch Richard Branson ist in der Corona-Krise angeschlagen. Seine schon zuvor hochverschuldete Fluglinie Virgin Australia Airlines musste im April Insolvenz anmelden. Die australische Regierung weigerte sich, die zweitgrößte Fluggesellschaft des Landes mit weiteren Staatshilfen vor der Pleite zu bewahren. „Die Regierung paukt keine fünf ausländischen Anteilseigner mit tiefen Taschen heraus, die die Fluggesellschaft gemeinsam zu 90 Prozent halten“, sagte Schatzkanzler Josh Frydenberg laut der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Virgin Australia ist demnach im Besitz der Nanshan Group (19,98 Prozent), der HNA Group (19,82), des Qantas-Konkurrenten Singapore Airlines (20,09), Etihad Airways (20,94) und der Virgin Group (10,42). Branson will dem Bericht zufolge seine Privatinsel Necker Island als Sicherheit für einen Kredit anbieten.
Veritas
Die deutsche Automobilbranche steckte lange vor Corona in der Krise. Am 30. April musste der Zulieferer Veritas AG die Insolvenz verkünden. Auch infolge der Umsatzrückgänge während der Pandemie sei die Suche nach einem Investor vorerst gescheitert. Die Veritas AG ist nach eigenen Angaben das älteste kautschukverarbeitende Unternehmen Deutschlands und Werkstoffexperte für Elastomer, Kunststoff, Metall und Polymer-Verbindungen. Das Unternehmen stellt unter anderem Leitungssysteme für Kraftstoffe und Öl im Fahrzeug, sogenannte Fluid-Systeme, her. Aktuell beschäftigt es weltweit rund 4400 Mitarbeiter.
Mister Minit
Ende April traf es auch Mister Minit. Der 1957 in Belgien gegründete Schuhreparaturdienst meldete für die rund 150 deutschen Filialen mit etwa 400 Mitarbeitern Insolvenz in Eigenverwaltung an. Weltweit ist die Gruppe nach eigenen Angaben in 14 Ländern mit mehr als 900 Niederlassungen vertreten (Stand: 2015), darunter Japan.
Maredo
Die Steakhaus-Kette Maredo war bereits vor der Covid-19-Pandemie ins Hintertreffen geraten. Im März hatte das Unternehmen erst Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt, einige Tage später schwenkte es auf eine Regelinsolvenz um. „Derzeit beschäftigt Maredo insgesamt knapp 950 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland und 54 in Salzburg und Wien. Zuletzt erwirtschaftete das Unternehmen einen Jahresumsatz von rund 50 Millionen Euro“, teilte die Kette mit. 13 der 35 Steakhäuser werden geschlossen. Betroffen sind teils prestigeträchtige Standorte, etwa am Boulevard Unter den Linden in Berlin oder an der Dresdner Frauenkirche, wie das „Handelsblatt“ berichtete.
Appelrath-Cüpper
Mit dem 1882 gegründeten Modehaus Appelrath-Cüpper droht einem weiteren Traditionsunternehmen aus Deutschland das Corona-Aus. Der Kölner Damenmode-Filialist meldete Anfang April Insolvenz in Eigenverwaltung an. „Wir waren auf einem guten Weg. Super Januar, super Februar, Plan übertroffen, Vorjahr bei weitem übertroffen. Dann hat uns der März mit Corona und den Häuserschließungen kalt erwischt“, zitierte „Textilwirtschaft“ CEO Lothar Schäfer. Appelrath-Cüpper beschäftigt dem Bericht zufolge etwa 1000 Mitarbeiter und erwirtschaftet rund 110 Millionen Euro Jahresumsatz. 95 Prozent der Erlöse resultierten demnach aus dem Filialgeschäft, nur fünf Prozent entfielen auf den Online-Handel. Appelrath-Cüpper war 2016 von Douglas an den britischen Finanzinvestor OpCapita, Eigentümer der Billig-Textilkette NKD, verkauft worden.
McTrek
Am 1. April wurde auch vorläufig das Schicksal des Outdoor-Ausrüsters McTrek besiegelt. Die Yeah! AG mit Sitz in Bruchköbel bei Hanau stellte wegen drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenzantrag beim Amtsgericht Hanau, wie „Textilwirtschaft“ berichtete. „Das Unternehmen betreibt bundesweit 43 McTrek-Filialen sowie einen Online-Shop und beschäftigt 420 Mitarbeiter. Die Yeah! AG gehört mehrheitlich zur belgischen A.S. Adventure Group“, hieß es.