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Unstatistik Vermeintlich teurere Flugtickets

Eine erhöhte Luftverkehrssteuer wirkt sich auch auf die Preise von Flugtickets aus – allerdings nicht so stark wie behauptet
Eine erhöhte Luftverkehrssteuer wirkt sich auch auf die Preise von Flugtickets aus – allerdings nicht so stark wie behauptet
© Jan Vašek / Pixabay
Das Klimapaket der Bundesregierung soll Flugtickets für Inlandsflüge spürbar teurer machen, warnten gleich mehrere Medien. Warum das nur bedingt stimmt, erklären die Experten der Unstatistik

Das Klimapaket der Bundesregierung nimmt auch den Flugverkehr ins Visier. Das Ziel: Die Luftverkehrssteuer erhöhen. Was das für den Verbraucher bedeutet? Höhere Preise beim Kauf von Flugtickets – sagen zumindest einige Medien voraus:

Während die Berliner Morgenpost schreibt Flüge würden wohl „spürbar teurer“ werden, titelt die Bild-Zeitung: „Groko macht Flugtickets noch mal teurer“. Das Hamburger Abendblatt geht sogar noch einen Schritt weiter und prognostiziert: „Da die Fluggesellschaften die Abgaben in der Regel komplett an die Kunden weiterreichen, dürften die Steuererhöhungen ab dem Frühjahr 1:1 auf die Ticketpreise durchschlagen.“

Das Argument hinter der Rechnung: Eine Erhöhung der Steuer auf Inlandsflüge von derzeit 7,50 Euro auf 13,03 Euro entspreche einer Steigerung um 76 Prozent. Bei Auslandsflügen sei eine Steigerung von 41 Prozent (von 42,18 Euro auf 59,43 Euro) vorgesehen. Also gute Klimapolitik auf Kosten der Kunden? Für die Experten der Unstatistik geht diese Rechnung nicht ganz auf.

Beispiele zeigen: kein enormer Preisanstieg zu erwarten

Denn bei der Musterrechnung fällt unter den Tisch, dass sich die absoluten Erhöhungen auf gerade einmal 5,53 Euro beziehungsweise 17,25 Euro belaufen – und sich am Ende in weitaus geringerer, relativer Form auf die Ticketpreise auswirken werden. Das erläutern die Experten am Beispiel von drei deutschen Flugzielen: dem Flughafen Berlin-Tegel, der von einer Billigfluglinie angeflogen wird, dem großen und hoch frequentierten Flughafen Hamburg und dem kleineren Flughafen Saarbrücken mit einem Oligopol weniger Fluglinien. Für jeden Flughafen berechnen die Experten einen Flug von München. Morgens geht es zum jeweiligen Flugziel und am selben Abend wieder zurück. Einmal werden die Tickets dabei kurzfristig einen Tag vorher gebucht und einmal einen Monat im Voraus.

Nach Berlin kosten die billigsten Tickets für den Last-Minute Hin- und Rückflug etwa 135 Euro, für den deutlich früher gebuchten Flug rund 65 Euro. Diese Flüge würden sich um rund 4,1 Prozent bis rund 8,5 Prozent verteuern. Für einen Flug nach Hamburg müsste man kurzfristig 390 Euro auf den Tisch legen, mit etwas Vorlauf noch 160 Euro. Die Verteuerung durch die Steuer beträgt rechnerisch 1,4 Prozent bis 3,5 Prozent. Nach Saarbrücken zu fliegen, kostet bei einem Flug am übernächsten Tag satte 830 Euro, in einem Monat immerhin noch 570 Euro. Hier schlägt die Steuererhöhung mit gerade einmal 0,7 Prozent bis knapp 1 Prozent durch.

„Spürbar“, aber kaum „deutlich“ ist die Erhöhung damit nur in einem Fall: Beim Billigflug nach Berlin. Allerdings wollen Verkehrs- und Wirtschaftsministerium, Billigfluganbietern untersagen, Tickets unter den Kosten von Steuern, Entgelten und Zuschlägen anzubieten. Für die Beispielrechnung heißt das: Schon deshalb wird sich der Effekt der Steuererhöhung weiter reduzieren.

Zwar sind die Berechnungen zu den geplanten Steuererhöhungen mathematisch nicht zu kritisieren. Die damit verbundenen Schlüsse machen in den Augen der Experten der Unstatistik aber aus einer Mücke einen Elefanten.

Mit der „Unstatistik des Monats“ hinterfragen der Berliner Psychologe Gerd Gigerenzer, der Dortmunder Statistiker Walter Krämer und RWI-Vizepräsident Thomas Bauer jeden Monat sowohl jüngst publizierte Zahlen als auch deren Interpretationen.
Alle „Unstatistiken“ finden Sie im Internet unter www.unstatistik.de . Im Campus Verlag erschienen ist das Buch „Warum dick nicht doof macht und Genmais nicht tötet – Über Risiken und Nebenwirkungen der Unstatistik“

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