David Milleker ist seit 2006 Chefvolkswirt bei Union Investment, einer der größten deutschen Fondsgesellschaften. Sie gehört zur genossenschaftlichen Finanzgruppe.
Erneut ist ein politisches Randszenario eingetreten. Nach dem Brexit-Votum ist nun den US-Republikanern mit der Präsidentschaft von Donald Trump und Mehrheiten in beiden Kammern des US-Kongresses der Durchmarsch gelungen. Unser Basisszenario im Oktober war eine „geteilte Regierung“ mit einem zumindest teilweise republikanisch dominierten Kongress und einer demokratischen Präsidentin gewesen. Einen Durchmarsch der Republikaner hatten wir nur als Randszenario mitgeführt, wenn auch deutlich höher taxiert als eine Alleinregierung der Demokraten.
Was man sowohl aus dem Brexit-Votum als auch den US-Wahlen 2016 lernen muss, ist die Unzuverlässigkeit von Wahlumfragen und Wahlbörsen als Indikation in einer Lage, wo es berechtigt oder unberechtigt ein hohes Maß an Unzufriedenheit unter den Wählern gibt. die im Zweifelsfall eine hohe Zahl früherer Nicht-Wähler politisiert und zurück in den Wahlprozess bringt – freilich für frühere politische Randgruppierungen.
Wohin steuert Trump die USA
Die große Frage ist nun, welchen Kurs die neue politische Mehrheit in den USA einschlagen wird. Donald Trump ist ja weitgehend ein politisch unbeschriebenes Blatt. Wie viel von seinem „Programm“ nun reine Wahlkampf-Rhetorik oder ernste Absicht ist, kann gegenwärtig niemand genau sagen. Ebenso ist unklar, wie sein Team für die Regierung zusammengesetzt wird.
Hier sind folgende Punkte besonders relevant:
Erstens: Ein „traditionell republikanisches Programm“ aus Steuersenkungen und Ausgabenerhöhungen (für Verteidigung) mit höheren Defiziten im Staatshaushalt ist erst einmal positiv für das Wirtschaftswachstum.
Zweitens: Eine Abschottungspolitik wie beispielsweise Handelskriege und Strafzölle gegenüber China und Mexiko sowie potenziell eine Aufkündigung der nordamerikanischen Freihandelszone (Nafta) bedeutet zwar ökonomisch einen Effizienzverlust und ein Zerreißen von Vorleistungsketten. Dadurch steigt im Vergleich zweier gesamtwirtschaftlicher Gleichgewichte zwar das Risiko einer Stagflation. Allerdings treffen hier eine Menge unterschiedlicher Wirkungen aufeinander: Potenziell höhere Importpreise, Produktionsverlagerungen in beide Richtungen und nicht a priori taxierbare Wechselkurseffekte – um nur einige zu nennen. Wie schon beim Brexit kann dadurch eine Situation entstehen, die erst einmal gar nicht so schlecht aussieht. Potenziell negative Effekte können erst Jahre später auftreten.
Drittens: Bislang ist auch vollkommen unklar, mit welchem Personaltableau ein Präsident Trump arbeiten wird. Sicher ist nur, dass hier extrem weitreichende Entscheidungen bei der Besetzung von Schlüsselpositionen zu treffen sind. Zu nennen sind etwa zwei Nominierungen vakanter Sitze für die Federal Reserve sowie die Entscheidung über die Verlängerung von Janet Yellen als Fed-Chefin sowie ihres Vize Stanley Fisher. Bislang haben sich etablierte Wirtschaftswissenschaftler und Geldpolitiker eher nicht in die Nähe des neuen Präsidenten begeben. Nach menschlichem Ermessen wird sich das aber schnell ändern, wenn wichtige Posten zu vergeben sind. Mit der Senatsmehrheit ist nur gesichert, dass jeder Nominierte vermutlich auch den Posten bekommt.
Klares Mandat für die Republikaner
So kurz nach Bekanntwerden des Wahlausgangs ist daher erst einmal nur klar, dass die Republikaner ein klares Mandat errungen haben. Eine klassische republikanische Agenda wäre durchaus positiv für die US-Wirtschaft – selbst wenn man sich für eine expansive Fiskalpolitik vielleicht andere Schwerpunkte wünschen könnte. Die Themen Außenhandels- und Personalpolitik wird man eng beobachten müssen. Sie werden die USA und auch die Weltwirtschaft auf Jahre hinaus beeinflussen.