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Handelsstreit Trump lässt die Kanonenboote auslaufen

Donald Trump
Donald Trump
© dpa
US-Präsident Trump hat einen Hang zur Haudrauf-Politik. Mit seinem Vorgehen gegen China scheint er nun auf ein ganz altes Mittel der Machtpolitik zu setzen. David Milleker über die Rückkehr der Kanonenbootpolitik

In Washington ist gerade mal wieder ein Wetterleuchten am politischen Horizont zu bestaunen. Die Elektrizität entlädt sich erstens durch zwei Veränderungen im außenpolitischen Team: US-Präsident Donald Trump beruft einen neuen Außenminister und einen neuen nationalen Sicherheitsberater. Zweitens verkündet er Stahl- und Aluminiumzölle, die sich hauptsächlich gegen China richten. Dies begründet er mit sicherheitspolitischen Erwägungen sowie mit unfairen Geschäftspraktiken und dem Diebstahl geistigen Eigentums durch die Chinesen.

Eine größere Strategie auf der all diesen Entscheidungen beruhen, scheint hier zwar (noch) nicht erkennbar, was aber skeptisch stimmen muss, ist die Zusammensetzung des außenpolitischen Teams aus Michael Pompeo als Außenminister und John Bolton als Sicherheitsberater. Insbesondere letzterer besitzt offensichtlich eine prägnante „Haudrauf“-Mentalität, denn in einer seiner ersten Stellungnahmen bezeichnete er das Vorgehen seines Landes gegen China als Elektroschock-Therapie.

Eine wohlwollende Interpretation der Vorgänge wäre natürlich, dass die USA die Keule des Protektionismus nur als Drohgebärde auf den Tisch legen, um damit weitergehende Handelsliberalisierungen zu erzwingen. Bei einer deutlich weniger wohlwollenden Betrachtung käme man zum Schluss, dass es sich um eine Kombination aus einer tief sitzenden neo-merkantilistischen Überzeugung und der Neigung zu „starker Mann“-Gesten handelt. Oder kurz: um eine moderne Form der Kanonenboot-Politik .

„Endlich eine Tat“

Dieser Begriff ist aus dem aktuellen Sprachgebrauch fast verschwunden, daher ein kurzer, historischer Exkurs: Als Kanonenboot-Politik bezeichnet man die Durchsetzung von wirtschafts- und kolonialpolitischen Interessen mittels Entsendung von Kriegsschiffen. Besonders bekannt ist etwa das Eintreffen der „schwarzen Schiffe“ in der Bucht von Edo, mit dem die USA 1853/54 die Öffnung des japanischen Marktes und die Aufnahme diplomatischer Beziehungen erzwangen. Ein weiteres Beispiel ist auch der sogenannte „ Panthersprung nach Agadir “. Damit wollte das Deutsche Reich im Jahr 1911 seine Kolonialinteressen in Afrika gegenüber Frankreich durchsetzen.

Politisch lassen sich auf diese Weise kurzfristig Erfolge erzielen, zumindest wenn man am längeren Hebel sitzt, also im übertragenen Sinne über die größeren Kanonen verfügt. So wurde der Panthersprung in der deutschen Presse mit „endlich eine Tat“ gefeiert. Problematisch sind allerdings die langfristigen Folgen wie der Mangel an Rechtssicherheit, der hier durch das „Recht des Stärkeren“ ersetzt wird.

Doch zurück in die Gegenwart: In einer Welt vernetzter Vorleistungsketten ist insbesondere zu berücksichtigen, dass jede Maßnahme auch vollkommen unbeteiligte Drittstaaten trifft. So stammt überschlägig nur die Hälfte des bilateralen US-amerikanischen Handelsdefizits gegenüber China originär aus chinesischer Produktion. Bei der anderen Hälfte handelt es sich um importierte Vorleistungen aus anderen Ländern.

Dass der chinesische Staatskapitalismus systematisch die planmäßige Aneignung ausländischen Know-hows unterstützt oder lediglich beschränkte Beteiligungsmöglichkeiten vorsieht, ist kaum zu bestreiten. Nur ist diese Frage sicherlich keine bilaterale Angelegenheit und muss deshalb auch nicht auf dieser Ebene geregelt werden.

Entsprechend wenig zielführend scheint es aus strategischer Sicht daher, möglichst viele Streitigkeiten gleichzeitig zu beginnen. Aber Strategie ist vermutlich auch weniger relevant für die US-Administration als ein kurzfristiger PR-Erfolg im Sinne von „endlich eine Tat“.

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