Uns bleibt immer noch Paris. Mit dieser Hoffnung können sich schon länger all jene trösten, denen die Verkehrswende in deutschen Städten zu langsam vorangeht. In der französischen Hauptstadt treibt die sozialistische Bürgermeisterin den klimafreundlichen Umbau voran. Gegen erheblichen Widerstand ließ Anne Hidalgo Uferstraßen an der Seine für Autos sperren. Sie baut Radwege, reduziert Fahrspuren für Autos. Und jetzt wird Parken teuer. Noch teurer.
Fahrer von schweren Autos zahlen in der Innenstadt von Paris künftig für eine Stunde Parken 18 Euro statt 6 Euro, in den Außenbezirken 12 statt 4. Wer seinen SUV sechs Stunden innerhalb im Zentrum abstellen möchte, muss gleich mit 225 Euro statt 75 Euro rechnen. Das ist das Ergebnis einer Bürgerbefragung.
Zugegeben, es war denkbar knapp. 54,5 Prozent stimmten am Sonntag für die Erhöhung der Gebühren, 45,5 dagegen. Das deckt sich einigermaßen mit Umfragen, die es vorher gab. Problematisch aber ist, dass nur knapp sechs Prozent der Stimmberechtigten sich überhaupt beteiligten. Solche Entscheidungen brauchen großen Rückhalt in der Bevölkerung. Sie sind viel zu wichtig, um nicht Gefahr zu laufen, nach kurzer Zeit wieder zurückgedreht zu werden.
Kommunen fehlte jedes Verständnis von Angebot und Nachfrage
Die Bepreisung von Parkraum ist ein zentrales Instrument, das Städte nutzen müssen, um den öffentlichen Raum in Klimakrisenzeiten neu zu gestalten. Deutschland wird seine Klimaziele nur erreichen, wenn auch in Großstädten weniger Menschen das Auto nutzen. Und schon jetzt ist klar, dass sich viele Kommunen dem veränderten Klima anpassen müssen, um mit Starkregen, Hitze und Dürre besser umgehen zu können. Diesen Umbau schafft man nur mit den richtigen Anreizen.
In Deutschland haben viele Kommunen diesen Zusammenhang lange ignoriert, manche tun es bis heute. Noch immer gibt es Viertel in Metropolen, in denen man kostenlos parkt. Und noch immer gibt es Lokalpolitiker, die für mehr Parkplätze in Innenstädten werben – und das für moderne Verkehrspolitik halten.
Die meisten Kommunen in Deutschland haben gerade erst anfangen, ein kluges Parkraummanagement zu entwickeln. Oft fehlte jegliches Verständnis von Angebot und Nachfrage. Zugleich durften die Kommunen auch lange Zeit nicht so, wie die fortschrittlichsten unter ihnen längst wollten.
Ausgerechnet Andreas Scheuer
Man muss dazu kurz sortieren. Bei der SUV-Abstimmung in Paris ging es vor allem um Besucher, die in die Stadt kommen. Die höheren Parkpreise sollen dafür sorgen, dass mehr Touristen auf die Metro umsteigen. In deutschen Städten war das Problem lange Zeit noch viel grundsätzlicher: Der Bund hatte festgelegt, das Parken für Bewohner maximal 30,70 Euro pro Jahr kosten darf. Das galt fast drei Jahrzehnte lang – und führte zu einer absurden Subventionierung des Autoverkehrs.
Die Stadt München zum Beispiel vermietete die Fläche eines Parkplatzes zu unterschiedlichen Preisen. Wer darauf einen Marktstand aufstellte, zahlte 18 Euro pro Tag, ein Wirt für Außengastronomie 1,50 Euro – und wer sein Auto parken wollte, war mit nur acht Cent dabei. Für die Kommunen war das Bewohnerparken ein Verlustgeschäft, da für einen Parkplatz Studien zufolge mindestens 80 Euro Betriebskosten pro Jahr anfallen.
Es war schließlich ein gewisser Andreas Scheuer von der CSU, der als Verkehrsminister 2020 dafür sorgte, dass der Preisdeckel endlich kippte. Ja, wenn es mal nicht um die Maut ging, war Scheuer durchaus bemüht, seinen Sonntagsreden von der Zukunft der Mobilität entsprechende Taten folgen zu lassen. Seitdem ist leider noch nicht genug passiert.
Parken für Bewohner wird nur schleppend teurer
Die Kommunen können nun in den meisten Bundesländern die Gebührenordnung für das Bewohnerparken selbst gestalten. Sie können Preise auch nach unterschiedlichen Fahrzeugtypen staffeln. Ausnahmen etwa für Handwerker und Menschen mit eingeschränkter Mobilität sind möglich. Erste Städte werden ambitionierter, mit Gebühren von ein paar Hundert Euro pro Jahr. Noch immer aber ist Parken in Deutschland deutlich günstiger als anderswo in Europa.
Die Bürgerbefragung in Paris könnte nun ein wichtiger Impuls sein, der auch die deutsche Debatte neu belebt. Erste Bürgermeister äußern sich und zeigen sich offen für die Idee, die Preise für SUV-Parken anzuheben. Umweltverbände schöpfen neue Hoffnung für ihre Kampagnen. Und auch der Druck auf die Bundesregierung nimmt nun wieder zu, weil spätestens jetzt auffällt, dass einige Bundesländer die neue Gebührenfreiheit für die Kommunen nicht umsetzen.
Im Straßenverkehrsgesetz könnte die Ampel doch wieder eine bundesweite Regelung erlassen. Dessen Reform wird allerdings gerade ohnehin im Bundesrat blockiert. Eine rasche Einigung? Unwahrscheinlich. Klar ist nur: Günstiger wird das Parken auch in Deutschlands Großstädten nicht mehr.
Der Beitrag ist zuerst bei stern.de erschienen