Olympische Spiele auszurichten ist eine Ehre, auf die immer mehr Städte dankend verzichten. Nicht nur sind die Kosten astronomisch und noch dazu selten wirklich kalkulierbar. In Zeiten eines neuen Massentourismus werden die zusätzlichen Besucher für Metropolen zudem eher eine Belastung als ein Gewinn. Pariser blicken derzeit nicht nur mit Vorfreude auf die Eröffnung der Sommerspiele am 26. Juli 2024.
Wie teuer Olympia wirklich ist, lässt sich kaum berechnen. Zwei Wirtschaftswissenschaftler der University of Oxford, Alexander Budzier und Bent Flyvberg, haben sich deshalb in einer Studie auf die Kosten für Bauwerke und den Ablauf der Spiele konzentriert.
Teures Olympia
Auf Platz neun der teuersten Olympischen Spiele seit 1988 kamen die Sommerspiele in Atlanta 1996 (Foto) und die Winterspiele in Turin 2006. Die Kosten wurden inflationsbereinigt auf jeweils 4,7 Mrd. Dollar geschätzt. Schon damals hat Olympia den Kostenrahmen gesprengt. Atlanta war den Angaben zufolge 151 Prozent teurer als veranschlagt, Turin 80 Prozent.
Den Olympischen Sommerspielen 2000 in Sydney kam zur Jahrtausendwende eine besondere Symbolkraft zu. Denkwürdig waren auch die Kosten. Sie lagen fast doppelt so hoch wie ursprünglich gedacht, wie die Autoren der Studie „The Oxford Olympics Study 2024: Are Cost and Cost Overrun at the Games Coming Down?“ schrieben. Sie bezifferten die Kosten des Sport-Großereignisses in Sydney auf 5,2 Mrd. Dollar (inflationsbereinigt auf Stand des US-Dollars im Jahr 2022). Die Studie deckt jedoch nur einen Bruchteil der tatsächlichen Ausgaben für Olympia ab. Investitionen in städtische Infrastruktur wie den öffentlichen Nahverkehr wurden nicht berücksichtigt.
Peking ist gleich zweimal in diesem Ranking der teuersten Spiele vertreten. Den Anfang machen laut der Studie die Sommerspiele 2008 mit Kosten von geschätzt 8,3 Mrd. Dollar. Dafür blieben die Olympischen Spiele, die von der kommunistischen Führung massiv als Imagegewinn genutzt wurden, angeblich nur zwei Prozent über den anvisierten Kosten. Ein Plus von lediglich zwei Prozent konnten in dem Ranking nur noch die Winterspiele im südkoreanischen Pyeongchang 2018 vorweisen (allerdings mit Kosten von 3,4 Mrd. Dollar auf sehr viel niedrigerem Niveau). 2008 markierte laut den Autoren einen Einschnitt: Bis dahin hätten die nachträglichen Kostensteigerungen abgenommen, seien anschließend aber wieder angestiegen.
„Dies sind nicht die billigen Spiele, die versprochen wurden“, urteilen Budzier und Flyvbjerg über die Sommerspiele in Paris. Sie gingen in ihrer Studie noch von Kostensteigerungen von 115 Prozent aus. Allerdings bewegte sich diese Kalkulation auf dem Stand von 2022. Auf 8,7 Mrd. Dollar schätzten die Autoren auch die direkten Ausgaben für die Peking Winterspiele 2022. Die sollten anders als der Vorgänger 2008 am Ende 149 Prozent teurer gewesen sein.
1992 feierte die Welt in Barcelona die ersten Olympischen Sommerspiele nach dem Fall der Berliner Mauer. Historisch war das Mega-Ereignis zumindest für Spanien, wenn auch aus einem weniger schönen Grund. Die Kosten lagen laut der Studie bei 11,6 Mrd. Dollar – 266 Prozent mehr als ursprünglich gedacht. Das war die viertgrößte Kostenexplosion aller Spiele seit 1988.
In Tokio wurde möglichen Olympia-Kandidaten endgültig bewusst, was für ein unkalkulierbares Risiko die Spiele darstellen können. Die Sommerspiele 2020 mussten aufgrund der Corona-Pandemie um ein Jahr verschoben werden – und das nur vier Monate vor dem geplanten Beginn. Am Ende kosteten die Spiele laut der Analyse 128 Prozent mehr, nämlich 13,7 Mrd. Dollar.
Keine der untersuchten Olympischen Spiele haben im Ranking derart den Kostenrahmen gesprengt wie jene 2016 in Rio de Janeiro. Die Oxford-Wissenschaftler bescheinigten den Sommerspielen unterm Zuckerhut eine Kostensteigerung von 352 Prozent auf 23,6 Mrd. Dollar. Weit vorn lag in dieser Hinsicht auch Lillehammer (277 Prozent) – und die teuersten Spiele des Rankings.
Auch autoritäre Herrscher setzen auf den Imagegewinn durch Olympische Spiele. Dem werden praktische Überlegungen gern untergeordnet. Die Entscheidung, die Winterspiele 2014 in Sotschi auszutragen, wo Russen normalerweise Strandurlaub machen, trieb die Kosten in bis heute unerreichte Höhen. Inflationsbereinigt 28,9 Mrd. Dollar berechnete die Studie für das Wintersportereignis. Die Steigerungsrate von 289 Prozent war demnach die zweithöchste hinter Rio de Janeiro. Am günstigsten waren laut der Auswertung die Winterspiele 1988 in Calgary mit 1,2 Mrd. Dollar (plus 65 Prozent).