Den Foliendesigner, warnt Christian Mölling gleich zu Beginn, habe er ausgestellt – das, was er behandeln werde, könne man nicht „schönfarbig untermalen“. Tatsächlich zeichnet der jüngst zur Bertelsmann-Stiftung gewechselte Sicherheitsexperte in seinem Vortrag über das „neue Primat für die Sicherheit“ und die entsprechenden Folgen für die Wirtschaft ein düsteres Bild: Krisen seien allgegenwärtig, eine Art „new normal“. Das über lange Jahre erfolgreich erprobte Geschäftsmodell Deutschlands sei am Ende. Und Antworten auf die neue Situation, die habe man noch nicht gefunden.
Auf eine Art war es nur folgerichtig, den diesjährigen Vermögensaufbau-Gipfel von Capital in Frankfurt mit Möllings Sicherheitsrundumschlag zu eröffnen. Denn folgt man der Argumentation des Sicherheitsforschers, dann haben sich die Grundlagen unseres Wirtschaftens entscheidend verändert – wer in diesen Zeiten erfolgreich unternehmerisch handeln und als Investor am Kapitalmarkt reüssieren will, der sollte sich der veränderten Voraussetzungen bewusst sein.
Was also ist neu? Da ist zum einen die Wiederkehr der Verknüpfung von Machtressourcen – Politik, Wirtschaft und Technologie –, die in Deutschland lange in Vergessenheit geraten sei. Der sicherheitspolitische Rahmen sei klar gewesen, das Ende des Ostwestkonflikts habe sich insbesondere für Deutschland wie das vielzitierte „Ende der Geschichte“ angefühlt. Dazu sei das auf Exportwirtschaft basierende Geschäftsmodell „auf einmal immer erfolgreicher und erfolgreicher“ geworden. Der Staat, so bringt Mölling das deutsche Modell auf den Punkt, schaffe „Voraussetzungen für Wohlstand und Wirtschaftsakteure – und nicht mehr als das“.
Trennung von Wirtschaft und Politik aufgehoben
Die Globalisierung mit ihrer immer intensiveren wirtschaftlichen Verflechtung habe nun aber ihren Höhepunkt überschritten. Stattdessen finde sich Deutschland inmitten eines globalen Systemkonflikts wieder, „in dem wir unsere Rolle zwar erkennen, aber nicht wirklich mitspielen können“. Merkmal dieses Konflikts sei, so Mölling, dass die oben angesprochene Trennung von Wirtschaft und Politik aufgehoben sei – stattdessen werde in der geopolitischen Auseinandersetzung alles eingesetzt, „was hilft, die Schwäche des Gegenüber zu nutzen“. Man denke an Russlands hybride Kriegsführung oder an Chinas strategische Industrien, die auch hierzulande zu ernstzunehmender Konkurrenz erwachsen sind.
Gleichzeitig, so Mölling, gebe es nach Jahren des Unterinvests eine „sicherheitspolitische Kernschmelze“, die gar die Legitimitätsvoraussetzungen des Staates bedrohen könne. Zum globalen Systemkonflikt kommt also auch noch eine „hausgemachte Schwäche“ – die trotz Zeitenwende längst nicht behoben sei.
Was also heißt das für die Wirtschaft? Zum einen müsse die Erkenntnis eintreten, dass wir es nicht mit einer vorübergehenden Krise zu tun haben: „Das ist kein Regenschauer, der durchzieht“, betont Mölling. Transformation sei das Stichwort, nicht Krise: „Das ist eine komplette Veränderung des Ökosystems.“
Zum anderen müsse man der Tatsache ins Auge sehen, dass das Verhältnis von Staat und Wirtschaft gerade neu verhandelt werde – und für Unternehmer und Investoren stelle sich daher die Frage: „Gestalten Wirtschaftsakteure das mit oder werden sie gestaltet?“ Denn eigentlich böten Krise und Ausnahmezustand ja die Möglichkeit zur Veränderung, die sonst nicht unbedingt möglich wäre – aber eben nur für jene, „die die Instrumente beherrschen“.
Als Antwort oder Handlungsanweisung bleibt das vermutlich unbefriedigend. Aber zumindest wirft Mölling wichtige, dringende Fragen auf – auch wenn das für Düsterkeit sorgt.