Die deutsche Wirtschaft könnte nach dem Rückgang in den vergangenen Monaten im ersten Quartal des Jahres 2024 wieder deutlich zulegen. Zu diesem Schluss kommt Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Privatbank Berenberg, im Gespräch mit Capital. „Vermutlich wird Anfang 2024 die Produktion anziehen. Das ist oft der erste Impuls, die Stimmung hellt sich auf, und alles kommt langsam in Gang“, sagte Schmieding. „Das schaukelt sich weltweit auf und ergibt den Aufschwung, der vermutlich ab dem Frühjahr an Kraft gewinnt. Im Sommer könnte es dann richtig gut laufen.“
Grund für die Rezession im zweiten Halbjahr ist nach Auffassung Schmiedings eine Lagerkorrektur, die allmählich endet: Die Unternehmen sicherten sich nach den vorherigen Lieferengpässen ab und stießen anschließend auf eine niedrigere Nachfrage. Spätestens ab dem Frühjahr aber könnten deutsche Unternehmen wieder mit zunehmenden Aufträgen rechnen, auch weil die gesamtwirtschaftliche Grundlage stabil sei: „Um unsere Fiskalprobleme beneiden uns andere“, sagte Schmieding. „Zweitens ist unser Arbeitsmarkt bisher bombenfest.“ Zudem unternehme die Bundesregierung „heute Schritte in die richtige Richtung“. „Das ist anders als unter den Regierungen Ende der 90er-Jahre und Anfang der 2000er.“
Die oft als Problem geschilderten Energiepreise stehen einem Aufschwung nach Ansicht des Ökonomen nicht entgegen. „Die Energiepreise lagen hier schon immer über dem Durchschnitt Europas. Relativ zu vielen anderen in Europa hat sich für deutsche Unternehmen wenig geändert“, sagte Schmieding. Pläne für einen Industriestrompreis sehe er daher skeptisch: „Wenn es um die nationale Sicherheit geht, gerne. Zum Erhalt von Arbeitsplätzen ist so ein Instrument aber reine Geldverschwendung.“