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Western von gestern Der Aufstieg des Onlinebrokers Consors

Verteidiger Peter Gauweiler (links) und der früheren Bankier Karl Gerhard Schmidt unterhalten sich vor dem Prozess vor dem Landgericht Hof. Schmidt musste sich 2006 wegen Betrugs in 232 Fällen und einem Fall der Untreue verantworten
Verteidiger Peter Gauweiler (links) und der früheren Bankier Karl Gerhard Schmidt unterhalten sich vor dem Prozess vor dem Landgericht Hof. Schmidt musste sich 2006 wegen Betrugs in 232 Fällen und einem Fall der Untreue verantworten
© dpa
Karl Gerhard Schmidt führte jahrzehntelang die traditionsreiche Schmidtbank. 2001 geriet das Kreditinstitut in Schieflage wegen des ersten deutschen Online-Brokers Consors

Karl Gerhard Schmidt glaubt bis heute, er sei das Opfer einer Verschwörung: Großbanken hätten Rache genommen und seine Bank, die ehrwürdige Schmidtbank, in den Untergang getrieben. Expansion und Kreditrisiken ja, aber in Wahrheit sei es der Erfolg seiner Tochter gewesen, der ihm zum Verhängnis wurde: Consors, der erste deutsche Onlinehändler für Wertpapiere.

Tatsächlich war der Aufstieg von Schmidts Geschäftsidee Ende der 90er-Jahre so atemberaubend, dass der Untergang der Mutter kurz darauf bis heute unglaublich wirkt. Im Sommer 1994 gründete Sohn Karl Matthäus, damals BWL-Student und gerade 25 Jahre alt, in Nürnberg die Schmidtbank-Tochter Consors. Vier Computer, zwei Faxgeräte, das war’s. Das Geschäft lief schleppend an, Kauf- und Verkauforder kamen per Telefon oder Fax rein. Das änderte sich aber schlagartig, als die Deutschen das Internet entdeckten.

Ab jetzt stieg die Zahl der Kunden rasant, Schmidt junior wurde der Held der New Economy. 1999 ging Consors an die Börse, Schmidt war „Unternehmer des Jahres“. Anfang 2000 lag der Kurs bei 149 Euro, allein im ersten Quartal gewann Consors mehr Kunden als im gesamten Vorjahr – fast eine halbe Million waren es inzwischen.

Vater Schmidt konnte stolz sein. In der fünften Generation führte er die Bank damals, und er war auf dem besten Weg, mit seinem Sohn in Hof in der oberfränkischen Provinz einen Allfinanzkonzern zu schmieden. Nach der Wende hatte Schmidt senior nach Sachsen und Thüringen expandiert und dort ein dichtes Filialnetz aufgebaut. Man nannte ihn den „Sonnenkönig von Oberfranken“, aber nicht abwertend, denn er spendete viel und gab gerne. Auch Kredite an Firmen, bei denen andere Banken längst abgewunken hatten.

So stieg die Risikovorsorge Jahr für Jahr, 2000 waren es fast 400 Mio. Euro. Nur dank ständiger Beteiligungsverkäufe fiel das kaum auf. Bis zum Herbst 2001. Der Absturz der New Economy, die Anschläge von New York – weitere Verkäufe platzten, das Geschäft bei Consors kollabierte. Die Finanzaufsicht schlug Alarm und drängte Schmidt zum Verkauf. Landes- und Großbanken übernahmen und filetierten die Bank. 2002 kaufte die französische Großbank BNP Consors und machte daraus Cortal Consors.

Sohn Karl Matthäus hat das Bankgeschäft nicht aufgegeben. Als Chef der Quirin Bank will er Großbanken heute Konkurrenz machen.

Hauptperson

Karl Gerhard Schmidt: Sein Ururgroßvater gründete 1828 die Schmidtbank, der Karl Gerhard Schmidt ab 1962 vorstand. Aus der Privatbank für Vermögende formte er einen regionalen, rasch wachsenden Allfinanzkonzern – bis Ende 2001. Die Abwicklung der Bank zog sich bis 2008 – die juristische Aufarbeitung sogar bis 2010. Für den heutigen Kunstverleger endete sie glimpflich: Er erhielt eine Strafe von einem Jahr auf Bewährung wegen Untreue und musste 250.000 Euro spenden.

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