Bei den meisten Banken gibt es die Funktion schon und viele Kunden nutzen sie: Echtzeitüberweisungen. Mit wenigen Klicks können Geldbeträge innerhalb von zehn Sekunden von einem Konto auf ein anderes überwiesen werden. Rund um die Uhr, und auch an Wochenenden. Lange war das nicht selbstverständlich. Bis vor wenigen Jahren wurden Überweisungsaufträge von den Banken zunächst gesammelt und erst zu einem späteren Zeitpunkt gebündelt ausgeführt. Dadurch erreichte nicht jede Überweisung den Empfänger am selben Tag, teilweise konnten sogar ein bis zwei Werktage vergehen.
Technisch sind Überweisungen binnen Sekunden in Europa zwar seit fast acht Jahren möglich. Dennoch boten bis zuletzt nicht alle Banken vollumfängliche Echtzeitüberweisungen an, darunter beispielsweise die ING, DKB oder Consorsbank. Das ändert sich nun: Vom 9. Oktober an müssen Geldhäuser ihrer Kundschaft nun solche Echtzeitzahlungen (Instant Payments) verpflichtend ermöglichen.
Thomas Walkner, Experte bei der Bankenberatung Capco, spricht von einem „Gamechanger“: Durch die sehr kurze Verarbeitungszeit sei nun eine Gleichstellung mit vielen Tech-Apps möglich. „Von der Geschwindigkeit her gibt es keinen großen Unterschied mehr zu Paypal oder anderen Payment-Anbietern“, sagt Walkner. In Verbindung mit der geplanten europäischen Bezahlplattform Wero könnte auf Basis der Instant-Payment-Technologie in naher Zukunft zudem eine europäische Lösung im Stil von Paypal entstehen. „Damit ist man technologisch mindestens auf Augenhöhe – und regulatorisch sogar besser abgesichert.“ Walkner geht deshalb davon aus, dass Banken verlorene Marktanteile wieder zurückgewinnen können.
Echtzeitüberweisungen sollen sicherer werden
Für Bankkunden ändert sich aber noch etwas anderes. Weil Fehler bei Überweisungen teuer werden können, greifen ab dem 9. Oktober zudem neue EU-Vorgaben, die Verbraucher besser vor betrügerischem oder fehlerhaftem Geldtransfer schützen sollen. So müssen Banken bei Überweisungen im Euroraum dann vor der Freigabe prüfen, ob der Name des Zahlungsempfängers und die eingegebene internationale Bankkontonummer IBAN mit den Daten des Zielkontos übereinstimmen. Der Zahlende wird binnen Sekunden über das Ergebnis des Checks informiert und kann auf dieser Basis entscheiden, ob er das Geld transferiert oder nicht.
Bisher müsse ein Zahler den Daten vertrauen, die ihn per Rechnung oder E-Mail erreichen, sagt Ingo Beyritz, Leiter Zahlungsverkehr beim Bundesverband deutscher Banken (BdB). „Allein anhand dieser Daten können Sie als Zahler nicht entscheiden: Sind das saubere Daten?“ Künftig würden Daten zwischen Geldhäusern für den Zahler transparent abgeglichen, bevor die Zahlung ausgeführt wird, erläutert Beyritz.
Nicht immer muss es sich um Betrug handeln, wenn die Bank bei einer Empfängerüberprüfung dem Kunden zurückmeldet, dass mit den Daten etwas nicht stimmt. Etwa dann, wenn auf der Überweisung der Name steht, den der Zahlende vom Ladenschild kennt, die Bank das Konto aber unter dem Namen des Firmeninhabers führt. Der Kunde entscheidet auf Basis der Rückmeldung der Bank selbst, ob er die Überweisung freigibt oder nicht – auf eigenes Risiko.
Echtzeitüberweisung: Kann man Rücküberweisung veranlassen?
Sollten dennoch Fehler passieren, ist Eile geboten: Wie bei einem Betrugsverdacht sollten Kunden unverzüglich ihre Bank informieren. Ist das Geld schon auf dem anderen Konto gutgeschrieben, kann eine Rücküberweisung angefragt werden. Dann kontaktiert die Bank des Überweisenden die andere Bank, und diese wiederum ihren Kunden, auf dessen Konto das Geld fälschlicherweise gebucht wurde. Es gibt jedoch keine Garantie, dass man das Geld auch zurückbekommt.
Die Empfängerüberprüfung gibt es für SEPA-Überweisungen und SEPA-Echtzeitüberweisungen zwischen Zahlungskonten im Euroraum. Die Nicht-EU-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen können entscheiden, ob sie die EU-Vorgaben zur Empfängerüberprüfung übernehmen. Für Überweisungen von und nach Großbritannien sowie die Schweiz ist vorerst keine Empfängerüberprüfung vorgesehen.
Nach Einschätzung von Walkner könnte es im europäischen Zahlungsverkehr bald die nächste große Veränderung geben. „Die nächste flächendeckende Innovation wird wohl der digitale Euro sein“, sagt der Paymentsexperte. Auch Stablecoins und Kryptowährungen würden in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen und neue Wege für den Zahlungsverkehr eröffnen. In den USA gebe es bereits Anbieter, die das Bezahlen mit digitalen Währungen direkt am Point of Sale ermöglichen – erste Pilotprojekte liefen auch in der Schweiz. „Ich gehe davon aus, dass wir diesen Trend auch in Deutschland bald sehen werden“, so Walkner.