Christian Schütte schreibt an dieser Stelle über Ökonomie und Politik
In Paris wird ab Montag Weltgeschichte geschrieben. So haben es jedenfalls die politischen Apparate schon seit vielen Monaten vorbereitet. So haben es sich François Hollande und Barack Obama vorgenommen. Und natürlich auch Angela Merkel. Bei der großen Klimakonferenz in der französischen Hauptstadt wollen sie endlich den historischen Durchbruch im Kampf gegen die CO2-Emissionen präsentieren.
Dass am Ende zumindest pro forma ein Erfolg verkündet wird, steht schon fest. Was tatsächlich herauskommt ist offen.
Die Schwierigkeiten der Klimadiplomaten lassen sich am besten verstehen, wenn man eine alte Parole aus den frühen Zeiten der Umweltbewegung endlich beiseite legt: Es geht in Paris eben nicht (!) darum, wie sich die Welt darauf einstellt, dass ihr die fossilen Brennstoffe ausgehen. Es geht um das genaue Gegenteil.
Die vorhandenen Reserven sind zwar ohne Zweifel endlich. Aber sie sind noch bei weitem zu groß. Viel zu groß jedenfalls gemessen an der von den Klimapolitikern errechneten Obergrenze, dem verbleibenden "Deponieraum" für jene CO2-Abgase, die bei der Verbrennung all dieser Vorräte in die Atmosphäre gelangen würden.
Mehr als genug
Öl, Gas und vor allem Kohle gibt es aus dieser Perspektive buchstäblich "mehr als genug": Das Problem ist, dass ein großer Teil davon möglichst ungenutzt im Boden bleiben soll. Damit der darin gebundene Kohlenstoff nicht in die Atmosphäre gelangt.
Ressourcen, die bislang als "Bodenschätze" galten (und verbucht sind), müssen also wirtschaftlich entwertet werden. Das kann letztlich nur gelingen, wenn die CO2-Emissionen weltweit strikt limitiert und mit einem Preis versehen werden. Und/oder wenn sich billigere Energiequellen finden, die den Einsatz von fossilen Brennstoffen ganz von selbst unwirtschaftlich machen.
Gemessen daran ist ein Großteil der Klimapolitik, zumal in Deutschland, nur ein aktionistisches Theater. Es ist für die Atmosphäre eben völlig egal, ob hierzulande unter größtem Bemühen ein Fass Erdöl eingespart wird - so lange dieser Brennstoff dann einfach in Asien oder Afrika eingesetzt wird. Die entscheidende Frage ist, ob und wie verhindert wird, dass er überhaupt gefördert und verkauft wird.
Die alte Warnung vor dem Ende der Ressourcen leuchtet natürlich intuitiv ein, sie ist den meisten Menschen spätestens seit den Ölkrisen und dem Bericht des "Club of Rome" vertraut. Wer mit dieser Warnung argumentiert, der vermeidet auch alle heiklen Debatten darüber, wie die politische Obergrenze des Verbrauchs (und damit des CO2 in der Atmosphäre) denn tatsächlich ermittelt wird. "Spart Energie, das schadet nie!" - das überzeugt auch jene, die vielleicht an der Klimakatastrophe zweifeln.
Projekt Umverteilung
Länder, die auf großen Mengen Öl, Gas oder Kohle sitzen, sind da allerdings naturgemäß skeptischer. Und die Entwicklungsländer brauchen den zusätzlichen Brennstoff, wenn sie die Lebensbedingungen ihrer Bürger verbessern wollen. Also verlangen sie zumindest eine sehr großzügige Entschädigung dafür, dass sie jetzt zurückstecken sollen. Es ist ja nicht ihre Schuld, dass die Industrieländer auf ihrem historischen Weg zum Wohlstand bereits so viel CO2 emittiert haben, dass sie jetzt den "Deponieraum" in der Atmosphäre schließen wollen.
In Paris geht es ab Montag also um Rationierung und Umverteilung in spektakulären Größenordnungen. Historische Durchbrüche sind da ziemlich unwahrscheinlich.