Mario Draghi hat mit seinem Auftritt beim Zentralbankertreff in Jackson Hole einen ziemlichen Wirbel verursacht. Die Börsianer spekulieren nach seiner Rede schon auf die nächste große Geldspritze von der EZB. Deshalb irritiert es sie auch kaum, dass selbst das deutsche Geschäftsklima abkühlt.
Die Wirtschaftspolitiker streiten derweil darüber, was der EZB-Chef wohl meint, wenn er den Europäern - „unter Berücksichtigung der rechtlichen Grenzen“ - zu mehr fiskalischem Stimulus rät. Dekliniert er da nur makroökonomische Selbstverständlichkeiten durch? Will er von den eigenen Problemen in der Geldpolitik ablenken? Oder bricht hier gar ein „Vulgär-Keynesianer“ in „bester linker Tradition“ durch, wie der Ex-Grüne Oswald Metzger poltert?
Machtlos gegen den politischen Willen
Man kann die Rede Draghis auch einfach als ein Stück Selbstentzauberung lesen: Der EZB-Chef hat jetzt ziemlich deutlich an die Grenzen seiner Macht erinnert. Und damit all diejenigen gewarnt, die den Euro schon für gerettet halten, seit ein „Super Mario“ ihn schützt.
Im Juli 2012 hatte Draghi ja tatsächlich mit nur drei Worten einer Rede eine eskalierende Vertrauenskrise gestoppt: Die EZB, so sagte er damals, werde alles nur Denkbare tun, um den Euro zu erhalten – „whatever it takes“. Und zur Bekräftigung dieser Formel fügte er dann noch hinzu: „Believe me, it will be enough – Glauben Sie mir: Das wird reichen.“
Schon diese Ankündigung reichte wirklich. Aber seinen Nachsatz, den hat Draghi jetzt de facto wieder einkassiert. Denn dieser Nachsatz war ja auch von Anfang an falsch: Die EZB mag in der Lage sein, die Finanzmärkte ruhig zu stellen. Gegen den politischen Willen der Euro-Demokratien ist sie aber letztlich machtlos.
Tut etwas gegen die Arbeitslosigkeit!
In Jackson Hole hat der EZB-Chef über die europäische Massenarbeitslosigkeit gesprochen: Ihr Ausmaß, ihre Ursachen, die Möglichkeiten zu ihrer Bekämpfung. Seinen Vortrag schloss er mit der Warnung, dass hier nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine politische Zeitbombe tickt: Auf die Dauer, so Draghi, „hängt der Zusammenhalt der Eurozone davon ab, dass jedes Mitgliedsland ein nachhaltig hohes Beschäftigungsniveau erreicht“.
Was das konkret heißt, sollte spätestens seit der Europawahl klar sein: Keine Jobs – kein Euro.
Denn unter dem Eindruck der großen Arbeitslosigkeit sind vor allem in Südeuropa die Euro-Gegner auf dem Vormarsch. In Frankreich fordert eine erstarkende Marine Le Pen ganz unverblümt den Austritt des Landes aus dem Euro. Sollte diese Position jemals mehrheitsfähig werden, dann wäre die Währungsunion am Ende.
Das entscheidende Risiko für den Euro ist also letztlich ein politisches. Etwas anders formuliert heißt der Draghi-Appell an die Euro-Regierungen schlicht: Tut etwas gegen die Arbeitslosigkeit!
Ich als Notenbanker kann das nämlich im Alleingang nicht schaffen. Und wenn das Jobproblem nicht entschärft wird, dann kann ich Euch irgendwann auch den Euro nicht mehr retten.
Was immer die EZB dann noch tun kann – glaubt mir, es wird nicht mehr reichen.