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Kolumne Italien - das Sorgenkind der Eurozone

Um das Verfassungsreferendum ist es nicht schade. Nur leider bleibt Italien ein gefährlicher Wackelkandidat für den Euro-Raum. Von David Milleker
Kolumne: Italien - das Sorgenkind der Eurozone

David Milleker ist seit 2006 Chefvolkswirt bei Union Investment, einer der größten deutschen Fondsgesellschaften. Sie gehört zur genossenschaftlichen Finanzgruppe.

Das italienische Verfassungsreferendum wurde am 4. Dezember mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Im Gegensatz zum Brexit und der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten lässt sich dies freilich nicht einfach als Sieg der Populisten klassifizieren. Die Sache ist hier komplexer: Verfassungs- und Wahlrechtsreform hätten in Kombination ein „Durchregieren“ bei relativ schwachen Mehrheitsverhältnissen ermöglicht. Das allerdings ist ein höchst zweischneidiges Schwert. Abhängig von Ausgangslage und handelnden Personen kann es positiv aber auch negativ wirken.

Im schlimmsten Fall hätte folgendes passieren können: Das Verfassungsreferendum wäre positiv ausgegangen und bei vorgezogenen Neuwahlen wäre die populistische Fünf-Sterne-Bewegung stärkste Kraft geworden und hätte dann durchregieren können – EU-Austrittsreferendum vermutlich inklusive. Man muss dem Referendumsausgang daher keine Träne nachweinen.

In Italien ist jetzt aber erst einmal völlig unklar, wie es nach dem angekündigten Rücktritt von Premier Matteo Renzi weitergeht: Neuer Regierungschef bei regulären Neuwahlen Anfang 2018? Vorgezogene Neuwahlen schon 2017? Und mit welcher Agenda?

Italien ächzt unter Schulden

Das wäre an sich nicht weiter tragisch, wenn sich Italien in guter Verfassung befände. Spanien hat zuletzt ja gezeigt, dass man sich auch ohne Regierung wirtschaftlich ganz gut entwickeln kann. Nur leider ist Italien nicht in guter Verfassung. Das Land ächzt unter der ständig steigenden öffentlichen Verschuldung, einem Berg an faulen Krediten in den Bankbilanzen von 360 Mrd. Euro und einer anämischen realwirtschaftlichen Entwicklung in Kombination mit minimalen Inflationsraten.

Dabei war die Regierung Renzi einmal mit vollmundigen Versprechungen von durchgreifenden und schnellen Reformen angetreten. Das erste Jahr passierte nichts. Im zweiten gab es durchaus einige bemerkenswerte Fortschritte, so ist etwa die Qualität (wenn auch nicht die Quantität) des Stellenwachstums in Italien besser als in anderen Peripheriestaaten. Das dritte wurde mit einer Prioritätensetzung auf Wahlrechts- und Verfassungsreform zugebracht und die schwelende Bankenkrise vernachlässigt.

Leider ist und bleibt Italien damit der Wackelkandidat im Euro-Raum. Das ist umso bedauerlicher als seine Startposition zu Beginn der Euro-Krise 2010/11 eigentlich viel besser war als die der Euro-Peripherie-Krisenstaaten. Dieser Startvorteil ist allerdings vertändelt worden und Italien inzwischen zum Schlusslicht geworden. Zumindest wenn man Griechenland außen vor lässt.

Man kann nur hoffen, dass Italien sich nicht das ganze Jahr 2017 mit internen Politikspielchen beschäftigt. Angesichts der wirtschaftlichen Probleme ist das Land höchst anfällig für einen weiteren Vormarsch der Populisten. Die Zustimmungswerte zu EU und Euro sind mit die geringsten in der gesamten Peripherie. Und was erschwerend hinzukommt: Italien ist zu groß für irgendwelche Rettungsschirme.

Weitere Kolumnen von David Milleker: Wohin steuert Trump die USA?, Der große Brexit-Knall bleibt aus und Helikoptergeld vermischt Politikbereiche

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