Als Donald Trump noch Präsident war, hatte er für Kryptowährungen wenig Lob übrig: Sie seien „unreguliert“ und könnten „Drogenhandel und andere illegale Aktivitäten erleichtern“, und seien eigentlich nichts weiter als „heiße Luft“, ätzte das Staatsoberhaupt 2019 auf X, das damals noch Twitter hieß. Doch wie viele andere sind auch diese Sätze für Trump nur noch Geschwätz von gestern. Denn Trump will wieder Präsident werden. Und bringt sich deshalb nun aggressiv als Heilsbringer aller Token-Fans in Stellung.
Schon seit längerer Zeit hat Trump im Zuge der Umarmung rechter Tech-Mogule wie Elon Musk das Wählerpotenzial im Silicon Valley entdeckt. Um Geld zu machen, verkauft er zudem digitale Sammelkarten (NFTs) von sich selbst und nimmt Spenden in Kryptowährungen an. Zuletzt positionierte er sich auf einer Krypto-Messe in Nashville als künftiger Regenmacher für Wallet-Besitzer: Er werde die USA zur technologisch führenden „Bitcoin-Supermacht“ aufrüsten, versprach Trump, die Cyberwährung zur strategischen Reserve erheben und den krypto-kritischen Chef der US-Börsenaufsicht feuern.
So innig ist das Verhältnis inzwischen, dass die Krypto-Kurse spürbar zucken, wenn sich Trumps Wahlchancen ändern. Denn nicht nur an den Aktienmärkten, auch an den Bitcoin-Börsen wetten viele Anleger auf den Sieg von Donald Trump. Weil sie hoffen, dass er nach der Wahl ihre Wünsche erfüllt und dadurch die Kurse ihrer Investments steigen.
Seismograf für den Sieg
Rauf und runter geht es wie an allen Märkten natürlich auch mit dem Bitcoin-Kurs. Aber in den letzten Wochen gab es sehr auffällige Bewegungen, die darauf hindeuten, dass das Auf und Ab der wichtigsten Cyberwährung durch Trumps Annäherung immer stärker mit seinen Chancen auf den Wiedereinzug ins Weiße Haus korrelieren könnte.
Am deutlichsten war das nach dem Attentat auf Trump: Kaum war Trump um Haaresbreite dem Tod entronnen, explodierte der Bitcoin-Kurs - von unter 60.000 Dollar auf knapp 67.000 Dollar eine Woche später. Elon Musk und seine Tech-Buddies stellten sich mit Millionenspenden hinter Trump. Das Bild des blutverschmierten Trump, der die Faust in Todesverachtung wie ein Märtyrer nach oben reckt, ging um die Welt und elektrisierte die Republikaner. Die Demokraten und ihr schwächelnder Kandidat Joe Biden schienen am Ende.
Eine Woche später kehrte sich der Trend um: Joe Biden warf das Handtuch. Vizepräsidentin Kamala Harris mauserte sich mit Lichtgeschwindigkeit zur neuen Konsens-Kandidatin und elektrisierte die Demokraten. Und der Bitcoin-Kurs fiel - von knapp 68.000 auf 64.000 Dollar.
Ähnlich uneinheitlich sind auch die Daten, die aber durchaus interessante Trends zeigen. Vergleicht man die Umfragewerte von Donald Trump laut RealClearPolitics in Indexpunkten seit dem 1. April mit dem Bitcoin-Kurs, ist die Korrelation mit -0,15 sogar leicht negativ. Im Klartext: Je stärker der Bitcoin war, umso schlechter war das für Trumps Umfragewerte. Allerdings ist dieser Zusammenhang statistisch kaum signifikant. Ökonomen berechnen hierfür den sogenannten p-Wert, der angibt, wie realistisch ein Zusammenhang der beiden Variablen ist. Bei einem p-Wert von unter 0,05 sprechen Ökonomen von einer statistischen Signifikanz. Hier lag der Wert bei 0,07 – also leicht darüber. Es kann sich also um eine Scheinkorrelation handeln, ähnlich wie die Anzahl von Störchen und menschlichen Geburten.
Interessant ist allerdings, dass sich diese Werte seit Ende Juli gedreht haben. Zwei Ereignisse dürften hierfür verantwortlich sein: zum einen der Einstieg von Kamala Harris ins Präsidentschaftsrennen und ein Auftritt von Donald Trump bei einer Krypto-Konferenz in Nashville. Hier gerierte sich Trump als Krypto-Fan, der den in der Szene verhassten Chef der Börsenaufsicht SEC, Gary Gensler, noch am ersten Tag im Amt feuern werde.
Seit dem 24. Juli sind Trumps Umfragewerte nun deutlich enger mit dem Bitcoin-Kurs verbunden. Die Korrelation ist mit 0,83 deutlich positiv (höherer Bitcoin-Kurs = bessere Umfragewerte und umgekehrt) – und auch der p-Wert ist stark statistisch signifikant. Allerdings ist der Beobachtungszeitraum mit 27 Tagen extrem klein. Eine wasserdichte Korrelation lässt sich daraus also auch nicht ableiten.
Läge eine solche Korrelation vor, hätte Trump wohl auch mehr Einfluss auf den Kurs – und damit gegen Crashs. Genau diese Crashs traten aber ein, ohne, dass sich Trump weiter entscheidend zur Krypto-Zukunft geäußert hatte. In der Woche nach Trumps vollmundigen Bitcoin-Bekenntnissen in Nashville brach der Bitcoin-Kurs massiv ein – von knapp unter 67.000 Dollar auf unter 54.000 Dollar eine Woche später. Ein Viertel des gesamten Kurswerts verpuffte in wenigen Tagen. Bei anderen Cyberwährungen wie Ether war der Absturz sogar noch brutaler.
Auch Bitcoin ist keine todsichere Wette auf Trump
Der Einbruch hatte weniger mit der Reaktion der Krypto-Fans auf Trumps Programm, als mit der allgemeinen Korrektur an den Finanzmärkten zu tun. Von Tokio bis zur Wall Street flüchteten Anleger in dieser Woche aus riskanten Anlagen in sichere Häfen wie Staatsanleihen. Die weltweiten Aktienmärkte erlebten den größten Crash seit Jahren.
Gegen Großwetterlagen an den Börsen ist also auch Trump machtlos. Und wie groß auch immer der Zusammenhang zwischen Trumps Wahlchancen und dem plötzlichen Bitcoin-Boom nach dem Attentat gewesen sein mag: Statistisch gesehen hängt der Bitcoin-Kurs am stärksten von der Entwicklung der Aktienmärkte und insbesondere der US-Tech-Börse Nasdaq ab.

Bitcoin: Das könnte den Kurs bald massiv nach oben treiben
Umso bemerkenswerter bleibt aber daher, dass im Juli der übliche Gleichschritt durchbrochen wurde und sich Aktienmärkte und Bitcoin-Kurs zeitweise auseinander entwickelten - ein seltenes statistisches Vorkommnis. Wie flüchtig die Korrelation zwischen Trumps Chancen und dem Bitcoin-Kurs ist, werden die nächsten zweieinhalb Monate bis zur Wahl zeigen.
Analysten erwarten, dass sich die Beziehung durchaus verstärken könnte. Und der Bitcoin ein gewisses Stimmungsbarometer für Trumps Wahlchancen bleibt, weil sich der Republikaner bisher so fest an die Tokens gekettet hat: „Bei Aktien“ gebe es „keinen so klaren Gewinner und Verlierer beim Trump-Trade“ wie bei Krypto-Währungen, zitiert etwa „Bloomberg“ einen Investment-Experten.
Wie Trumps Flirt mit dem Bitcoin weitergeht, hängt vor allem davon ab, wie sich die Demokraten im Wahlkampf womöglich zur Regulierung und Förderung von Cyberwährungen positionieren werden. Ein explizites Krypto-Programm wie Trump hat Kamala Harris jedenfalls noch nicht angekündigt.
Der Beitrag ist in einer kürzeren Form zunächst bei ntv.de erschienen. Das Nachrichtenportal gehört wie Capital zu RTL Deutschland.