Anzeige

Elektroautos Irrfahrt mit Tesla

Mit PR kennt sich Tesla bestens aus: Elon Musk schickte einen Roadster mit auf Weltraumfahrt
Mit PR kennt sich Tesla bestens aus: Elon Musk schickte einen Roadster mit auf Weltraumfahrt
© dpa
Tesla-Chef Elon Musk hat angedeutet, er wolle sein Unternehmen von der Börse nehmen. Aber ist das ernst zu nehmen? Klar ist nur eins: Der Kurs des Elektroauto-Konzerns bleibt abenteuerlich.

Eines steht fest: Wenn Wirtschaftshistoriker einmal die Geschichte der Zehner-Jahre des 21. Jahrhunderts schreiben werden, dann muss das Netzwerk Twitter ein eigenes Kapitel bekommen. Vor allem in den USA wird – nicht erst seit Donald Trump – mit dem blauen Vogel mittlerweile eifrig Unternehmenspolitik betrieben. Und oft geht es dabei an die Grenzen des Erlaubten.

Das Atem beraubendste Beispiel liefert nun Elon Musk, Chef des Autokonzerns Tesla und für seine Fans ein Säulenheiliger der Elektromobilität. In den vergangenen Monaten hat Musk sich von einem genialischen Unternehmer zu einem Trump-haften Irrwisch der Konzernwelt entwickelt. Mal beschimpfte er kritische Analysten , mal verkaufte er überteuerte Flammenwerfer, mal verkündete er "spaßig" den Bankrott seines stark verschuldeten Unternehmens. Vieles davon geschah auf Twitter. Das alles hatte mit seriösem Wirtschaften nur wenig zu tun, mit einer grotesken Reality Show hingegen sehr viel.

Der Tweet , den Musk am 7. August um 18.48 Uhr deutscher Zeit absetzte, setzt dem Ganzen nun die vorläufige Krone auf. Er überlege, schrieb Musk, "Tesla von der Börse zu nehmen". Die Finanzierung sei gesichert. Den Preis nannte er als Service-Leistung gleich dazu: 420 Dollar pro Aktie, also deutlich über dem zu jenem Zeitpunkt aktuellen Kurs.

https://twitter.com/elonmusk/status/1026872652290379776

Die Reaktion war eindeutig: Die Tesla-Notierung ging steil in die Höhe, an den Märkten war die Hölle los, bald wurde der Handel mit der Aktie ausgesetzt.

Aber abgesehen davon, dass sich die amerikanische Börsenaufsicht SEC den Fall sicher noch einmal genau ansehen wird: Was soll das Ganze?

Dafür gibt es zwei Möglichkeiten. Die eine: Musk meint es ernst, er will sein Unternehmen trotz gigantischen Kapitalbedarfs tatsächlich vom Markt nehmen. Also ähnlich wie in seinen Fahrzeugen auf Autopilot schalten. Den aktuellen Aktionären bot er dabei großzügig an, sie könnten ja auch in Zukunft mit dabei bleiben. Das aber ist im Grunde ein Vorschlag, wie ihn ein Sektenführer macht. Er bedeutet: Bleibt bei mir, ich werde Euch in Zukunft nicht mehr über das informieren müssen, was ich mit dem Konzern mache und es wird auch unklar sein, woher das Geld kommt – aber alles wird großartig. Und das zu einem Zeitpunkt, da angesichts großer Produktionsprobleme und Lieferengpässe beim Model 3 unklarer als je zuvor ist, ob Tesla jemals einen Massenmarkt bedienen kann.

https://twitter.com/elonmusk/status/1026894228541071360

Die zweite Variante: Das Ziel bestand einzig und allein darin, den Kurs der Tesla-Aktie hochzutreiben. Es klingt nach Wahnsinn, aber es ist nicht ganz unplausibel. Musk hat immer die Anteilseigner im Blick gehabt. Er hat ihnen eine ständige Story geliefert , indem er Tesla-Surfbretter verkaufte, von Nächten in der eigenen Fabrik erzählte und künftige Automodelle versprach, deren Werte die Grenzen des physisch (und finanziell) Machbaren sprengten. Skeptische Fragen von Journalisten und Analysten hingegen, die kursbelastende Antworten zur Folge hätten haben können, wies er gerne brüsk zurück.

Die Nachrichtenagentur Reuters weist dabei auf einen wichtigen Umstand hin: Tesla hat Wandelanleihen in Höhe von über 2 Mrd. Dollar ausgegeben, die ab einem bestimmten Kurswert in Anteile am Unternehmen umgetauscht werden können. Mit anderen Worten: Je höher der Kurs, desto größer die Chance, einen Teil der eigenen Verschuldung aus den Büchern zu bekommen. Für einen Konzern, der unter einer hohen Schuldenlast ächzt, ist das eine verlockende Aussicht. Tesla wäre dann endgültig an einem Punkt angekommen, ab dem wirklich so gut wie alles passieren kann. Sowohl für die Kunden als auch für die Aktionäre.

Man kann das alles machen. Aber es ist nicht unbedingt ein Investitionsmodell, zu dem man seiner Schwiegermutter raten möchte.

Neueste Artikel