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Investment Warum Elon Musk bei Twitter einsteigt

Elon Musk hat knapp 9,2 der Twitter-Anteile erworben.
Elon Musk hat knapp 9,2 der Twitter-Anteile erworben.
© IMAGO / Political-Moments
Elon Musk pflegt eine Hassliebe zu Twitter. Jetzt steigt er über Nacht zum größten Aktionär auf – und könnte das Soziale Netzwerk tiefgreifend verändern

Tesla-Chef Elon Musk ist über Nacht zum wichtigsten Twitter-Aktionär aufgestiegen – und das, nachdem er das Unternehmen vor einer Woche noch scharf kritisiert hatte. Wie aus einer Pflichtmitteilung der US-Börsenaufsicht SEC hervorgeht, hat Musk knapp 9,2 der Anteile am US-Konzern erworben. In der Folge notierte der Twitter-Kurs zum Handelsstart 22 Prozent höher bei knapp 49 US-Dollar.

Was der Großaktionär nun plant, ist offen: Weder Musk noch Twitter äußerten sich bislang zu möglichen strategischen Entscheidungen. Musk schrieb nur „Oh hi lol“, Twitter äußerte sich gar nicht. Der Investor verbuchte am Montag zwar auf dem Papier ein Plus von fast 550 Mio. Dollar – doch Geld spielt angesichts seines Vermögens von geschätzt 270 Mrd. Dollar nur eine untergeordnete Rolle. Der Tesla-Chef hat eine bewegte Geschichte mit dem Unternehmen, die offenbar hinter dem Investment steckt. Musk geht es ums Prinzip.

Noch vor einer Woche kritisierte Musk, dass Twitter die Meinungsfreiheit untergrabe. Bislang sah der Unternehmer die Plattform als „de facto zentralen Platz für öffentlichen Meinungsaustausch“. Er denke – oder dachte – deshalb „ernsthaft“ darüber nach, ein neues Soziales Netzwerk aufzubauen. Seine rund 80 Millionen Follower fragte Musk, ob Twitter grundlegende demokratische Prinzipien missachte. 70 Prozent stimmten für „Ja“.

Dabei zeigt sich: Zum Zeitpunkt der Umfrage, am 25. März, hatte der Tesla-Gründer die Aktien bereits gekauft. Laut SEC-Mitteilung kaufte er das Paket schon elf Tage vorher, am 14. März. Was er mit dem Tweet bezwecken wollte? Unklar. Fest steht aber: Am Tag der Umfrage fiel die Aktie um fast zwei Prozent.

Kritik am neuen CEO Agrawal

Es war auch nicht das erste Mal, dass Musk Twitter vorwarf, freie Meinungsäußerung zu unterdrücken. Spätestens seit dem Rauswurf seines Freundes und Gründers Jack Dorsey verschärfte er der Ton.

Von dessen Nachfolger Parag Agrawal hält Musk offenbar nicht viel. Einst postete er ein bearbeitetes Bild, das Agrawal als Sowjet-Diktator Joseph Stalin zeigte und dessen Vorgänger Jack Dorsey als Nikolai Jeschow. Der Chef der Geheimpolizei Jeschow fiel einst Stalins Säuberungen zum Opfer. „Ich unterstütze Jack als Twitter-CEO“, sagte Musk. „Er hat ein gutes Herz.“ Agrawal hingegen geht offensiv gegen Falschinformationen vor und wird vor allem in rechten Kreisen kritisiert. Auch Musk bewertet die Offensive als Fehler.

Ärger handelte sich Musk wiederholt selbst mit der SEC ein, weil er börsenrelevante Informationen über Tesla twitterte. Etwa, als er überraschend Produktionspotenziale veröffentlichte oder als er 2018 verkündete, Tesla von der Börse zu nehmen – obwohl es nur Vorgespräche gab. Musk spricht seinerseits von einer „Belästigungskampagne“ der SEC gegen ihn. Die SEC sieht das wenig überraschend ganz anders.

Musk fordert Bearbeitungsmodus

Musk will offenbar die Hoheit darüber erlangen, was er sagen darf – und was eben nicht. Analyst Dan Ives von Wedbush Securities glaubt daher auch an eine aktive Rolle des Tesla-Chefs – bis hin zu einer Übernahme. „Das ist erst der Anfang“, sagte er im Fernsehsender CNBC.

Musk forderte schon früh, dass der Twitter-Algorithmus „open-source“ sein sollte, also für jeden einsehbar ist. In diesem Punkt könnte er nun Ernst machen, meint Ives. Und auch die Frage, ob Fehlinformationen gelöscht werden, könnte neu gestellt werden. Musk fragte seine Twitter-Follower am Dienstag zudem, ob sie einen Bearbeitungsmodus wünschen – eine der häufigsten Forderungen an Twitter.

Ob er diese Wünsche durchsetzen kann, ist allerdings fraglich. Zwar ist Musk nun größter Anteilseigner und löste damit Vanguard und Blackrock ab. Doch mit knapp 9,2 Prozent der Anteile ist er immer noch Minderheitsaktionär. Wenn Musk eine vollständige Übernahme anstrebt, müsste er knapp 28 Mrd. Dollar nachschießen. Für sein erstes Paket von 73,5 Millionen Anteilsscheinen investierte er etwa 3 Mrd. Dollar.

Aus wirtschaftlicher Sicht scheint das nur wenig sinnvoll. Seit dem Börsenstart im Jahr 2013 bewegte sich die Twitter-Aktie de facto seitwärts. Zwischen Eröffnungskurs und dem Stand vom 4. April 2022 liegen gerade einmal elf Prozent Plus. Vor allem das Nutzerwachstum stagnierte zuletzt, außerdem kämpft die Plattform seit Jahren gegen Falschnachrichten.

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