Anzeige

Chipriese Intel-Chef Gelsinger verlässt das taumelnde Schiff – mitten in der Krise

Intel-CEO Pat Gelsinger
Plötzlicher Abschied: Intel-CEO Pat Gelsinger geht in den Ruhestand
© Newscom / GDA / IMAGO
Pat Gelsinger wollte Intel aus der Krise führen, jetzt hat er sich mitten in dieser Krise in den Ruhestand verabschiedet. Investoren hoffen auf frischen Wind: Die Aktie reagiert mit einem Kurssprung 

Der Chef des strauchelnden Intel-Konzerns, Pat Gelsinger, ist überraschend zurückgetreten. Der Manager habe zum 1. Dezember das Unternehmen verlassen und sei damit aus dem Vorstand ausgeschieden, teilte der Halbleiter-Riese in Santa Clara mit. Bis ein Nachfolger gefunden ist, soll die Doppelspitze aus David Zinsner und Michelle Johnston Holthaus die Geschäfte bei Intel führen. Zinsner verantwortet bislang das Finanzressort, während Holthaus in einer neu geschaffenen Position die Leitung mehrerer Intel-Sparten übernimmt. Die Suche nach einem Nachfolger soll eine Findungskommission übernehmen, die der Verwaltungsrat ins Leben gerufen hat. 

In der Hoffnung auf frischen Wind bei Intel stiegen zahlreiche Anleger bei dem Unternehmen ein. Die Aktie stieg im frühen Handel der Wall Street zeitweise um mehr als vier Prozent. Damit notiert sie aber immer noch rund 50 Prozent unter dem Niveau vom Jahresbeginn.

Intel kämpft seit längerem mit großen Problemen. Grund ist eine Serie von Fehlentscheidungen, die teilweise bis in die Zeit vor Gelsingers Aufstieg an die Konzernspitze 2021 zurückreichen. So hat der Konzern den Boom bei Künstlicher Intelligenz (KI) verschlafen. Ihm fehlt es an konkurrenzfähigen Produkten für diese rechenintensiven Anwendungen. Gleichzeitig produziert das von Gelsinger als zukunftsträchtig betrachtete Geschäft mit der Halbleiter-Auftragsfertigung trotz milliardenschwerer Investitionen bislang nur Verluste. Hier hinkt Intel der Konkurrenz, namentlich TSMC aus Taiwan, ebenfalls hinterher.

„Wir haben zwar erhebliche Fortschritte bei der Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit sowie beim Auf- und Ausbau einer Auftragsfertigung von Weltrang gemacht“, sagte Verwaltungsratschef Frank Yeary. „Aber wir wissen, dass noch viel Arbeit vor uns liegt, und wir sind entschlossen, das Vertrauen der Investoren wiederherzustellen.“

Chipfabrik in Magdeburg wird vorerst nicht gebaut

Zuletzt musste Intel den größten Quartalsverlust der Firmengeschichte hinnehmen. Gelsinger reagierte mit einem milliardenschweren Sparprogramm, 15.000 Stellen sollen gestrichen werden, das entspricht etwa 15 Prozent der Belegschaft. Hierzulande wurde Gelsinger bekannt, als er im vergangenen Jahr im Kanzleramt mit Bundeskanzler Olaf Scholz zusammentraf, um eine Vereinbarung zum Bau einer Chipfabrik in Magdeburg zu besiegeln. Das Projekt wurde inzwischen auf Eis gelegt. 

Bisher trägt Gelsingers Sparprogramm keine Früchte. Vor etwa einem Monat musste Intel zudem nach 25 Jahren seinen Platz im US-Standardwerteindex Dow Jones an Nvidia abgeben, den Weltmarktführer bei KI-Spezialprozessoren. Für eine erfolgreiche Trendwende seien innovative und konkurrenzfähige Produkte sowie eine konsequente Umsetzung der Firmenstrategie die Grundvoraussetzungen, sagte Analyst Hans Mosesmann von der Investmentbank Rosenblatt. „Nichts davon haben wir während Gelsingers Amtszeit gesehen.“

rtr/dpa/kb

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel